Party-Ausbruch aus dem Zweitliga-Kerker
Der Hamburger SV ist zurück in der Bundesliga! Sky Reporter Sven Töllner blickt wie immer wortgewandt und metaphorisch auf eine Party der Superlative zurück.
20.05.2025 | 21:54 Uhr
Nur mal zur Sicherheit vorneweg: Das mit den unterkühlten Norddeutschen, die zum Lachen in den Keller gehen und zum Feiern erstmal nen Vorschuss Doppelkorn in den Blutkreislauf jagen müssen, hält ja wohl niemand südlich von Buxtehude mehr für eine haltbare Erzählung, oder?
Der allwöchentliche Party-Wahnsinn auf der Reeperbahn oder im Schanzenviertel rückt das Zerrbild unverbesserlicher Irrgläubiger nachhaltig und beharrlich zurecht. Das gestrige Geschehen rund um die edelste Einkaufs-Gegend an der Alster zwischen Jungfernstieg und Mönckebergstraße und vor dem 128 Jahre alten Rathaus hat die Feier-Fähigkeiten der Hamburger allerdings schon nochmal auf die nächstmögliche Eskalations-Stufe gehievt. Der HSV ist wieder da - und 80000 Hamburger rasten aus!
Es hatte sich offenbar einiges aufgestaut - das war nicht nur auf dem Rathausmarkt überdeutlich zu erkennen. Bei den unter 20-jährigen waren's wohl hauptsächlich die sieben Jahre in der 2. Liga, die die Sinne Richtung Siedepunkt getrieben hatten. In der Ü-50-Fraktion hat ganz sicher die beinahe 40-jährige Balkon-Abstinenz ihre Wirkung entfaltet. Der HSV hat sich bekanntermaßen mal ne kleine Erfolgs-Auszeit gegönnt. Sechsmal Deutscher Meister - zuletzt 1983. Europapokalsieger der Landesmeister im selben Jahr. Der DFB-Pokalsieg 1987 war das letzte große Ding, das der stolze Vorzeige-Klub in die Historie getanzt hat. Unter den Torschützen damals Manni Kaltz, der unlängst seinen 72. Geburtstag gefeiert hat. Kurz zuvor hatte Ronald Reagan Michail Gorbatschow gebeten, die Berliner Mauer einzureißen.
Glatzel, Selke, Reis und Polzin kamen mit Stolz
Der Mitgröler in den Charts war "Livin on a prayer" von Bon Jovi. Seither: Hamburger Hinterhergehechel in der Liga, düstere 90er Jahre, Strohfeuer-Spielzeiten in den 2000ern, vor sieben Jahren der Abstieg. Von der Großmannssucht direkt hinein in die Selbst-Verzwergung. Der Volkspark - eine Volksbühne mit Trauerspiel-Dauer-Abo. Der Rathaus-Balkon? Auf Fernglas-Distanz! Wer wird Deutscher Meister? Hahaha - ganz sicher nicht der HSV!
Es gibt Traditionalisten, die die Haltung vertreten, dass ein "simpler" Aufstieg als Grund für eine derart ausschweifende Balkonien-Party eigentlich nicht ausreicht. Auch Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher war vor nicht allzu langer Zeit der Ansicht, der altehrwürdige Erker seines Amtssitzes sei denen vorbehalten, die Erfolgsbelege aus Metall im Gepäck haben. Schließlich hatten sich Hrubesch, Magath, Keegan und Happel in der Hinsicht nicht gerade höflich zurückgehalten.
Dafür können aber Glatzel, Selke, Reis und Polzin keinesfalls in Regress genommen werden. Die kamen zwar mit leeren Händen, aber maximalem Stolz in der Brust. Zu Recht! Ihre Namen stehen in den Annalen als die Befreier aus dem Zweitliga-Kerker. Der fußballerische Ausbruch aus Alcatraz, den nach den etlichen Comeback-Fehlschlägen mit teilweise absurden Verläufen längst nicht mehr alle Beobachter für möglich gehalten hatten. An diesem Tag hatte alles seine Richtigkeit - die 80000 Beseelten waren der Beweis mit der tragfähigsten Belastbarkeit. Ehrlicher Enthusiasmus auf Eskalations-Stufe 1887 - das spricht für sich.
Hamburg freut sich auf das Stadtderby
Was rollt da nun in die Bundesliga rein? Ein bis zur Unkenntlichkeit gedemütigter Ex-Dino, der von eben dieser Demut gesteuert, den wirtschaftlich mittlerweile meilenweit enteilten Konkurrenten aus Augsburg, Freiburg oder Mainz mit ehrfürchtiger Verbeugung freiwillig den Vortritt zu lassen gedenkt? Ausgeschlossen. Genauso unwahrscheinlich ist derweil, dass der wuchtige Traditionsklub direkt von 0 auf 100 in die Schwergewichtsklasse durchstartet.
Ein ganz normaler Aufsteiger ist der HSV trotz der gefühlten Ewigkeit in der unteren Etage natürlich nicht. Die Bosse um Stefan Kuntz und Finanz-Vorstand Eric Huwer sind aber zweifellos gut beraten, ihre Ansprüche mit Augenmaß zu formulieren. Vor allem beim außerordentlich umsichtigen Herren der Zahlen sind größere Sorgen in der Hinsicht kaum begründbar. Letzteres gilt in besonderem Maße auch für Merlin Polzin. Er kennt die guten Zeiten, er kennt die schlechten Zeiten - er bleibt treu. Als Trainer auf absehbare Zeit - und ein Leben lang als HSV-Fan.
Nach der kommenden Saison wird der Rathaus-Balkon mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht benötigt werden. Die HSV-Party-Befürworter werden dennoch 17 Anlässe finden, das Volksparkstadion in einen Tempel der Fußball-Lust zu verwandeln. Zudem wird es ja sogar zwei Festtage geben, an denen sich die ganze Stadt dem zügellosen Rauschgenuss hingeben wird. Der FC St. Pauli wartet nach dem Klassenerhalt ja bereits ungeduldig auf den ungeliebten Emporkömmling. Das Derby - endlich mal wieder auf höchstmöglichem Niveau. Wenn das kein Grund zum Feiern ist...
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