In der noch jungen Premier League-Saison bahnt sich ein enger Vierkampf um den Titel an. Doch in die Riege der Top-Platzierten reiht sich momentan ein weiterer Gast ein, mit dem vor der Saison vermutlich niemand gerechnet hätte. Brighton & Hove Albion gilt schon jetzt als das Überraschungsteam Englands.
Der aktuelle Blick auf die Tabelle der Premier League zeichnet ein gewohntes Bild. Auf dem ersten Rang steht nach sieben absolvierten Liga-Partien der FC Chelsea mit 16 Punkten, es folgt Liverpool mit 15 Zählern, danach reihen sich Manchester City, ManUnited und der FC Everton punktgleich auf Platz drei bis fünf ein. Doch direkt im Anschluss der Toffees lauert noch ein weiterer Kontrahent mit ebenfalls 14 Punkten: Der Brighton & Hove Albion Football Club.
Vereinsinterner Rekord-Saisonstart
Der südenglische Verein spielt seit der Saison 2017/18 im englischen Oberhaus. Steckte man in den vergangenen Jahren dabei fast schon notorisch Jahr für Jahr im Abstiegskampf fest, mischen die Seagulls (dt. Übersetzung: Möwen) die Liga in diesem Jahr nach sieben Spieltagen ordentlich auf. Vier Siege, zwei Unentschieden und eine einzige Niederlage bedeuten Platz sechs für Brighton - mit gerade einmal zwei Punkten Rückstand auf Tabellenführer Chelsea. Darunter auch ein Erfolg gegen Königsklassen-Anwärter Leicester City oder ein Punktgewinn gegen den - zugegeben in sportlicher Hinsicht zurzeit etwas strauchelnden - FC Arsenal.
14 Zähler stehen den Möwen nach sieben Partien bereits zu Buche - in der vergangenen Spielzeit brauchte Brighton für diese Marke ganze 17 Spieltage. Das Team von Trainer Graham Potter hat einen sensationellen Start hingelegt - den - wenig überraschend - besten der Vereinsgeschichte. Die Werkzeuge für die romantische Erfolgsgeschichte: Kollektive Stärke, Bodenständigkeit und Perspektive.
Entwicklung mit Perspektive
Genau das verdeutlicht der zurückliegende Transfersommer. Die Aktivitäten lassen den bisherigen Erfolg Brightons fast noch überraschender wirken, als er ohnehin schon ist. Der Küstenklub ist einer der wenigen Premier League-Vereine, der mit einem Transferüberschuss aus dem Sommer herausging. Die Südengländer verließ mit Innenverteidiger Ben White dabei ein echtes Eigengewächs. Seit 2014 lief der 23-Jährige im blau-weißen Dress auf. Für satte 60 Millionen Euro Ablöse konnten die Gunners aus London den 1,86 Meter großen White im Sommer abwerben - vereinsinterner Rekord-Abgang.
Das Geld aus dem Millionen-Verkauf reinvestierten die Verantwortlichen in fünf neue Spieler. Das Mittelfeld wurde mit Enock Mwepu (für 23 Mio. Euro von RB Salzburg) und Marc Cucurella (für 18 Mio. Euro von FC Getafe) verstärkt. Auf Rechtsaußen kehrte Abdallah Sima von einer Leihe zu Stoke City zurück. Zudem verpflichtete Brighton Torhüter-Talent Kjell Scherpen (für fünf Mio. Euro von Ajax) sowie Kaoru Mitoma (für 3 Mio. Euro von Royale Union Saint-Gilloise). Durchschnittsalter der Neuzugänge: 22,2 Jahre. Der Kurs: Entwicklung mit Perspektive. Und die Transfers schlagen ein.
Nur Chelsea und City stabiler - Groß auf den Spuren von De Bruyne
Der herbe Abgang von Innenverteidiger White wurde hervorragend aufgefangen. Denn Brighton stellt hinter Chelsea und Manchester City die drittbeste Abwehr der Liga. Der Defensivverbund agiert im Kollektiv. Dauerbrenner und Kapitän Lewis Dunk (seit 2010 im Verein) organisiert und steuert das Spiel von Coach Potter dabei von der Innenverteidigung heraus. Vor der Abwehrreihe verfügt man mit Yves Bissouma, dem selbsternannten "besten Mittelfeldspieler der Liga", dem Ex-Liverpooler Adam Lallana und einem gewissen Pascal Groß über eine Menge Technik und Übersicht. In vorderster Front überzeugt Stürmer Neal Maupay derzeit Woche für Woche. Vier Treffer konnte der 25-jährige Franzose bereits erzielen.
Apropos Pascal Groß: Der 30-Jährige steht sinnbildlich für den überraschenden Erfolg Brightons. 2017 kam der Ex-Ingolstädter in die Stadt am Ärmelkanal. Seitdem ist der Spielgestalter eine feste Größe im Team und glänzte bereits in seiner Debütsaison als bärenstarker Scorer. Sieben Tore erzielte Groß direkt, acht weitere Treffer bereitete der Standardspezialist damals vor. Der gebürtige Mannheimer fühlt sich sichtlich wohl in England und hat sich zur unverzichtbaren Säule bei den Seagulls entwickelt.
Seitdem der 30-Jährige in England spielt, war einzig und allein Kevin De Bruyne an mehr Großchancen oder Treffern beteiligt, wie die englische Sussex Live vorrechnete. Auch in dieser Saison hat der ehemalige Zweitliga-Profi bereits zwei Assists auf seinem Konto. Dennoch fliegt Groß national wie international weitestgehend unter dem Radar - es passt zu dem charmanten Verein.
City und Liverpool werden zur Reifeprüfung
Zur kompletten Wahrheit gehört dabei allerdings auch, dass Brighton bislang auf mehr oder weniger vermeintlich 'dankbare' Gegner stieß. Burnley, Watford, Brentford oder auch Crystal Palace - gegen die Riesen der Liga musste man bis auf den FC Arsenal seit Saisonstart nicht ran. Das wird sich in den kommenden Wochen ändern. Nach Aufsteiger Norwich City (16.10. LIVE auf Sky) an Spieltag acht treffen die Blau-Weißen auf Pep Guardiola und die Skyblues - nur eine Woche darauf muss Brighton in Anfield gegen Liverpool ran.
Die Partien sind sowas wie eine erste Reifeprüfung für die Albion's in dieser Spielzeit und werden zeigen, ob sich der Klub tatsächlich in die Riege der ganz Großen etablieren kann. Punktgewinne gegen die schier übermächtig wirkenden Titelanwärter scheinen dabei aktuell eher unwahrscheinlich - Brighton dürfte mit Sicherheit dennoch mit einer gesunden Portion Selbstbewusstsein in die Duelle gehen. Und das völlig zurecht.
Ob der Höhenflug der Möwen auch in den nächsten Wochen weitergehen kann, bleibt dennoch abzuwarten. Das Träumen vom ersten internationalen Wettbewerb der Vereinsgeschichte dürfte auf Seiten der Fans aber mit Sicherheit bereits jetzt im vollen Gange sein.
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