Sancho, Lookman & Co. - Englische Talente im Sog der Bundesliga
Youngster von der Insel wagen den Schritt nach Deutschland
28.02.2018 | 11:58 Uhr
Ademola Lookman sorgt bei RB genauso für Aufsehen wie Jadon Sancho vor seiner Verletzung beim BVB. Die beiden Offensivspieler sind keine Einzelfälle, denn immer mehr englische Top-Talente ziehen die Bundesliga der heimischen Premier League vor. Sky Sports Kolumnist Nick Wright erklärt das Phänomen.
Eigentlich wollte Everton Lookman im Winter an Zweitligist Derby County verleihen. Er sollte bei einem Spitzenteam in der Championship (aktuell Tabellenvierter) die nötige Spielpraxis sammeln. Doch Lookman hatte andere Pläne und zog einen Wechsel zu RB Leipzig in die Bundesliga vor. Toffees-Coach Sam Allardyce war wenig angetan von dem Plan: "Wir wollten ihn umstimmen, denn wir dachten, dass das seine Entwicklung hindern würde. Ich hoffe, er beweist uns das Gegenteil."
Lookman schlägt sofort ein
Der 20-Jährige ist auf einem guten Weg, denn die ersten Wochen verlaufen vielversprechend. Zuletzt stand Lookman zweimal in Folge in der Startformation der Roten Bullen. Und bei seinem Debüt gegen Borussia Mönchengladbach erzielte er kurz nach seiner Einwechslung sogar das Tor des Tages. Es war der erste Treffer eines Engländers in der Bundesliga seit Owen Hargreaves im August 2005. Doch während Hargreaves eine Ausnahme war, wird Lookmann immer mehr zur Regel.
Dortmunds Sancho wagte den Sprung nach Deutschland ebenso wie Reece Oxford und Mandela Egbo von Borussia Mönchengladbach oder Kaylen Hinds vom VfL Wolfsburg. Zudem ist auch der Österreicher Kevin Danso zu nennen, der in England aufwuchs und die Jugendabteilungen des FC Reading und MK Dons durchlebte. Schon 2014 ging er zum FC Augsburg. Keine einfache Entscheidung, wie der 19-jährige Abwehrspieler Sky Kolumnist Nick Wright verrät.
"Es war hart, alles in England aufzugeben", so der Innenverteidiger zu Sky Sports. "Ich liebte meine Zeit bei MK Dons, aber jeder sieht, dass der Sprung in die erste Mannschaft in England sehr schwer ist. Also habe ich mir die Frage gestellt, wo ich die beste Chance habe, mich als Profi durchzusetzen."
Bessere Chancen in der Bundesliga
Die Statistik gibt Danso recht: In der Bundesliga kamen bereits 65 Spieler, die 21 oder jünger sind, auf mindestens zehn Einsätze. Fast doppelt so viele wie in der Premier League. "Am Ende kommt es immer darauf an, wo die Spieler größere Einsatzchancen haben", erklärt Spielerberater James Lippett, der immer häufiger versucht, junge englische Spieler in Deutschland unterzubringen.
"In Deutschland wird stets versucht, junge Spieler in die erste Mannschaft hochzuziehen." In England sei der Druck auf die Trainer größer und aufgrund der größeren finanziellen Mittel entscheiden sich viele Übungsleiter, einen fertigen Spieler zu kaufen meint Lippett.
Ein weiterer Grund ist für Wright aber, dass viele Bundesligacoaches wie Julian Nagelsmann, Florian Kohfeldt, Christian Streich oder Domenico Tedesco früher im Nachwuchsbereich tätig waren und daher eher bereit sind, auf junge Spieler zu setzen. Auch in Augsburg gelang Danso der Durchbruch erst, als Manuel Baum befördert wurde.
Geduld als Tugend
"Der Nachwuchstrainer wurde zum Chefcoach befördert. So etwas gibt es in der Premier League einfach nicht", berichtet Danso im Gespräch mit unseren englischen Kollegen. "Er hatte eine sehr wichtige Rolle in der Akademie und auch heute arbeite ich nach dem Training noch täglich mit ihm. Das zeigt, dass in Deutschland ein großer Fokus auf der Entwicklung der Spieler liegt. Sie verstehen den Wert davon."
Wright hat sich auch mit Dortmunds U19-Coach Benjamin Hoffmann über den aktuellen Trend unterhalten. Für Hoffmann ist vor allem die Geduld mit einem Spieler entscheidend. "Es geht nicht darum, Spielern einmal eine Chance zu geben, nur weil sie jung sind", erklärt er bei Sky Sports.
"Man muss die Spieler auch Fehler machen lassen, ohne sie danach sofort fallen zu lassen." Danso stimmt zu: "Du kannst Fehler machen und die Fans stehen weiter zu dir, weil sie verstehen, dass es dazugehört. Man kann das bei Jonathan Tah sehen, der zu Beginn nicht immer gut aussah, aber jetzt zu den besten Innenverteidigern der Liga zählt."
Hervorragender Ruf in England
Danso hat seinen Schritt nicht bereut und empfiehlt weiteren Spielern es ihm nachzutun. "Das Problem mit den jungen Spielern in England ist, dass man dort zu schnell zu zufrieden ist. Ich glaube, viele realisieren nicht, wie groß die Chance hier ist." Spielerberater Lippett sieht das ähnlich: "Ich denke, junge Spieler in England werden zu sehr verhätschelt. Sie bleiben zu lange in den Akademien - teilweise bis in die 20er, was viel zu lang ist."
Danso, Sancho oder auch Lookman wollten nicht so lange warten und sorgen nun in Deutschland für Furore. Weitere werden in den kommenden Jahren folgen, denn der RB-Star bringt es auf den Punkt. "Die Bundesliga hat einen großartigen Ruf in England. Tolle Stadien mit guten, disziplinierten Spielern und Spielen auf einem hohen Niveau."
Wer will als junger Spieler da nicht mitspielen?