Schalke 04: Knappen gegen Stuttgart & Bochum unter Zugzwang
Erste Woche der Wahrheit: Schalke muss zwei Zahlen auslöschen
02.09.2022 | 20:46 Uhr
Das Heimdebakel gegen Union Berlin war für den FC Schalke 04 wie ein Schlag in die Magengrube. Den Schmerz konnten auch die Transferaktivitäten von Sportdirektor Rouven Schröder nicht wirklich lindern - und das ausgerechnet vor der ersten Woche der Wahrheit.
Die krachende 1:6-Heimniederlage gegen Union Berlin hat Spuren hinterlassen in Gelsenkirchen und eine entscheidende Frage aufgeworfen, die schon vor Saisonbeginn, nun aber verstärkt in den Fankreisen diskutiert wird: Verfügt dieser Kader wirklich über ausreichend Qualität, um in der Bundesliga bestehen zu können? Es ist unbestritten, dass sich diese Frage nach vier Spieltagen nicht seriös beantworten lässt, doch einige Erkenntnisse sind nach dem Saisonstart durchaus besorgniserregend.
Da wäre vor allem das mehr als offensichtliche Tempo-Defizit um Umschaltspiel gepaart mit dem fehlenden Spielwitz. Auch wenn Trainer Frank Kramer bekräftigte, dass er nach wie vor überzeugt davon sei, dass die Geschwindigkeit im Kader ausreiche, so hoffte mancher Fan am Deadline Day noch auf die Verpflichtung eines schnellen Außenbahnspielers. Kenan Karaman, der ablösefrei von Besiktas geholt wurde, scheint dieses Profil nicht zu erfüllen. Zumindest fielen die Reaktionen auf den insgesamt 14. Sommer-Neuzugang überwiegend negativ aus.
Wie plant Schalke mit Karaman?
Der türkische Nationalspieler sammelte bei Besiktas zwar internationale Erfahrung in der Champions League, erzielte in 35 Pflichtspielen aber nur zwei Tore. Bei der Fortuna waren es in der Bundesliga immerhin neun Tore in 41 Spielen.
Der Tabellen-16. reagierte am Freitag und wehrte sich entschieden gegen die aufkommende Kritik an der Transferpolitik: "Wir sehen ganz klar unsere Grenzen, was das Wirtschaftliche angeht", stellte Sportdirektor Rouven Schröder klar. Doch wie planen die Knappen mit Karaman, schließlich gilt der Ex-Düsseldorfer als ähnlicher Spielertyp wie Simon Terodde und Sebastian Polter.
Der Offensiv-Allrounder bringe "vernünftige Geschwindigkeit mit", meinte Kramer: "Er ist ein sehr guter Fußballer, er kann im offensiven Bereich mehrere Positionen abdecken und bringt ein gewisses Durchsetzungsvermögen mit." Ob er bereits am Samstag im Auswärtsspiel beim VfB Stuttgart (15:30 Uhr live auf Sky) eine Option sei, konnte Kramer noch nicht sagen.
Die Verpflichtung des 28-Jährigen sei auf jeden Fall "kein Misstrauensvotum" gegenüber Polter, der nach seinem Wechsel vom VfL Bochum bislang unglücklich agierte, betonte Schröder: "Die Besten werden spielen. Wir werden alle brauchen, um die Aufgabe Klassenerhalt zu schaffen."
476 & 1015: Schalkes belastende Zahlen
Neu dabei ist neben Karaman auch Sepp van den Berg, den die Schalker vom FC Liverpool ausgeliehen haben. Der Niederländer ist gleich als Ersatz für den verkauften U21-Nationalspieler Malick Thiaw (AC Milan) gefordert und dürfte in der Startelf stehen, da Marcin Kaminski verletzt fehlt. "Wir haben ihn dafür geholt, dass er eine Soforthilfe ist", betonte Kramer. Nach der 1:6-Heimpleite gegen Union Berlin will der Coach in Stuttgart "ein anderes Gesicht" seiner Mannschaft sehen, "wir werden alles dafür tun, dass wir dort punkten." Ein Vorhaben, das im Bereich des Möglichen erscheint.
Die ebenfalls bislang noch sieglosen Gastgeber müssen nicht nur auf ihren gesperrten Trainer Pellegrino Matarazzo sowie Luca Pfeiffer (Rotsperre) verzichten, sondern können auch nicht mehr auf ihren Top-Torjäger Sasa Kalajdzic zurückgreifen, der unter der Woche zu den Wolverhampton Wanderers wechselte. Auch Offensivmann Tiago Tomas, der seine Mandelentzündung auskuriert hat, wird laut Matarazzo "noch keine 60 Minuten gehen können", dafür könnte immerhin der frisch verpflichtete Serhou Guirassy sein Debüt im VfB-Dress feiern.
Für Schalke ist im wegweisenden Duell ein Remis im Schwabenland das Mindeste, um nicht bereits frühzeitig ins Hintertreffen zu geraten. Der Bundesliga-Rückkehrer muss vor allem zeitnah zwei belastende Zahlen auslöschen. Seit 476 Tagen warten die Königsblauen auf einen Dreier im Oberhaus, der letzte Auswärtssieg liegt gar 1015 Tage zurück. Zur Einordnung: In Deutschland war damals noch kein einziger Corona-Fall offiziell registriert und der Trainer hieß noch David Wagner.
Schalke-Wirbel um Bochum-Trainer Reis
Zwar zeigen sich die Fans noch geduldig und der Großteil spendete nach dem Heimdebakel gegen die Berliner aufmunternden Applaus, doch die Blau-Weißen wandeln stimmungsmäßig bekanntlich auf einem schmalen Grat. Eine Niederlage gegen einen vermeintlich direkten Konkurrenten um den Klassenerhalt würde den Druck vor der Derby-Woche gegen Bochum und Dortmund deutlich erhöhen, wobei in der Partie gegen Bochum ohnehin schon jede Menge Brisanz steckt.
Sky kann einen unter der Woche erschienenen Bild-Bericht bestätigen, wonach der vertraglich bis 2023 gebundene VfL-Trainer Thomas Reis in der vergangenen Sommerpause einen Wechsel zum Revierrivalen aus Gelsenkirchen erwogen und deshalb um seine Freigabe gebeten hat. Während Reis jegliche Verhandlungen und Angebote vehement abstritt, wollte sich Schalke zu der Causa nicht äußern, was nicht bedeutet, dass die Thematik damit ruht. Erst recht nicht bei einem Negativerlebnis in Stuttgart...
Die voraussichtlichen Aufstellungen
Stuttgart: F. Müller - Mavropanos, Anton, Ito - Vagnoman, Endo, Sosa - Ahamada - Führich - Perea, Silas
Schalke: Schwolow - Brunner, van den Berg, Yoshida, Ouwejan - Krauß, Kral - Bülter, Zalazar, Mohr - Terodde
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