Zwei "Schalker" wollen S04 ärgern: Topspiel mit umgekehrten Vorsätzen
16.09.2023 | 08:52 Uhr
Drei Jahre ist es her, da hat Schalke 04 noch Bundesliga gespielt und 1. FC Magdeburg in der dritten Liga. Seitdem ist einiges passiert. Im Topspiel treffen Schalke und Magdeburg erstmals in der 2. Bundesliga aufeinander.
Nur dreimal traf der FC Schalke 04 auf den 1. FC Magdeburg. Das letzte Spiel im Jahr 2000 DFB-Pokal gewann der damalige Bundesligist gegen den Oberligisten aus Sachsen-Anhalt knapp mit 1:0 im DFB-Pokal. Am Samstagabend treffen sie im Topspiel wieder aufeinander.
Wie hätte es auch vorher dazu kommen sollen? So gehört der Verein von der Ruhr doch mit mehr als fünfzig Jahren im deutschen Oberhaus seit dessen Gründung quasi zum Inventar der Bundesliga. Für Magdeburg ist es dagegen nicht einmal zehn Jahre her, dass sie den Aufstieg in die Regionalliga schafften. Als der Klub von der Elbe 2018 zum ersten Mal in die zweite Liga aufstieg, sicherte sich Schalke die Vize-Meisterschaft. Schalke gegen Magdeburg - eine Partie, von der sich damals nur träumen ließ.
Für den mehrmaligen DDR-Meister ist es das zweite Jahr infolge in der 2. Bundesliga. Der Klub aus Gelsenkirchen, der in der vergangenen Saison nicht die erhoffte Wende schaffte, sieht sich indes wieder mit der Rolle als Absteiger konfrontiert. Bei einem kurzen Ausflug in Liga zwei wie bereits 2021/22 soll es bleiben, aber die Leistungen der Gelsenkirchener sprechen gerade eine andere Sprache. Mit lediglich vier Punkten aus fünf Spielen bleibt Schalke deutlich hinter den Erwartungen auf Platz 12 zurück.
"Wir sind alle nicht zufrieden, da gibt es keine zwei Meinungen. Wir hatten uns für den Zeitraum bis zur Länderspielpause mehr Punkte erhofft und erwünscht", sagte Sportdirektor André Hechelmann gegenüber der Recklinghäuser Zeitung.
Derweil ist Magdeburg in der Saison noch ungeschlagen. Elf Punkte sichern dem 1. FCM den dritten Tabellenplatz. Ein Sieg könnte für den Europapokalsieger der Pokalsieger von 1974 im besten Falle sogar die Tabellenführung bedeuten. Schalke benötigt die drei Punkte, um den Anschluss nicht zu verlieren oder im schlimmsten Falle sogar in den Tabellenkeller zu rutschen. Verkehrte Welt im Topspiel.
Doch nicht nur bei den Ergebnissen scheinen die Rollen vertauscht. Magdeburgs Top-Stürmer Luca Schuler kehrt an seine alte Wirkungsstätte zurück, bei der er rund anderthalbe Jahre spielte. Zusammen mit Jason Ceka, der seine Ausbildung zum Profifußballer auf Schalke durchlief. Zu einem Spiel für den Flügelflitzer kam es allerdings nie, bevor er 2021 nach Magdeburg wechselte. Das Aufeinandertreffen gegen den Ex-Klub - für Ceka ist es gleichzeitig seine Premiere in der Veltins-Arena.
Auch Paul Seguin, Sohn der 1. FCM-Legende Wolfgang "Paule" Seguin, wird zwar am Samstagabend in einem blau-weißen Dress auflaufen - allerdings indem der Knappen. Der Vater des gebürtigen Magdeburgers hat indes seine Reise abgesagt. Wie er der Bild mitteilte, rege ihn und seine Frau "die sportliche Situation auf Schalke und das, was da im Moment mit unserem Sohn passiert", zu sehr auf. Sohnemann Seguin ist auf Schalke keinesfalls gesetzt. Der defensive Mittelfeldspieler stand in der Liga nur dreimal in der Startelf, zweimal davon wurde er zur Halbzeit ausgewechselt. Dabei war er noch an keinem einzigen Tor beteiligt.
Ein Seitenhieb in Richtung Thomas Reis, der die Meinung von Vater Seguin verstehen kann. "Als Vater kann ich es verstehen, weil man natürlich immer für seine Kinder, weil wir als Väter natürlich immer das Beste wollen für den Einzelnen. Aus der Sicht finde ich das in Ordnung."
Dass sich die Magdeburger von Bundesliga-Absteigern nicht einschüchtern lassen, bewiesen sie zuletzt mit einem spektakulären 6:4 gegen den anderen Bundesliga-Absteiger Hertha BSC. Damit erzielt Magdeburg zusammen mit dem Tabellenführer Hamburg die meisten Tore der laufenden Saison insgesamt. Trotzdem warnt FCM-Trainer Christian Titz vor einer vernachlässigten Defensive: "Wir können uns nicht jedes Spiel so eine Torflut erlauben."
Ein Spiel, dessen Favoriten vor der Saison noch klar gesetzt schien, nun aber wohl erst mit Ausgang der Partie wirklich entschieden wird. "Es gilt den Gegner nicht zu unterschätzen. Dazu gibt es keinen Grund", sagt S04-Trainer Reis auf der Pressekonferenz. "Magdeburg steht für Spektakel. Sie haben einen Trainer, der die spielerische Komponente in den Vordergrund stellt. Es ist eine Mannschaft, die sehr viel Euphorie hat."
"Es ist mit Sicherheit nicht die größte Mannschaft, was die Körpergröße anbelangt." Chancen sieht Reis bei den Standards, bei denen Magdeburg den Kürzen ziehen könnte. "Wir wollen, dass wir gute Standards produzieren oder überhaupt Standardmöglichkeiten bekommen. Das könnte ein Vorteil für uns werden."
Aber nicht nur spielerisch erwartet der Coach ein Topspiel, das seinem Namen gerecht wird. "Es wird vielleicht das lauteste Spiel der Saison werden", schwärmt er bereits jetzt von der ausverkauften Kulisse.
Sowohl für Schalke als auch für Magdeburg ist es nicht nur das Duell der Comebacks, sondern zugleich ein richtungsweisendes Spiel. Magdeburg kann seinen guten Lauf fortsetzen, Schalke hingegen die Kurve kratzen.
1977 trafen Magdeburg und Schalke das erste Mal aufeinander, damals noch aus unterschiedlichen Staaten. Der Klub aus der DDR hatte in der zweiten Runde des UEFA-Cups das glücklichere Ende. Erst 23 Jahre später sollte es im DFB-Pokal zu einer Wiederauflage kommen. Nun, erneute 23 Jahre später, treffen die Vereine wieder aufeinander - diesmal in einer Liga.
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