Schalke News: Das meinte Rangnick mit "Unwägbarkeiten"
S04-Chaos in der Analyse: Das meint Rangnick mit "Unwägbarkeiten"
22.03.2021 | 22:07 Uhr
Wer will S04 helfen, wer kann helfen, wer tut es und wer schadet dem Verein? Die Rangnick-Absage und die gegenseitigen Schuldzuweisungen sorgen für weitere Risse in einem ohnehin bröckelnden Verein.
Die schmerzvollste Niederlage steckte Schalke 04 schon vor dem Krisengipfel gegen Borussia Mönchengladbach ein: Ralf Rangnick gab dem Tabellenletzten einen Korb. Die 0:3-Pleite gegen die Borussia fünf Stunden später interessierte nur am Rande. Tags drauf trat mit Stefan Gesenhues der nächste Aufsichtsrat zurück.
Wegen "Strömungen von außen" habe der Wunschkandidat für die Rolle des Wiederaufbauhelfers abgesagt, behauptete Aufsichtsratschef Jens Buchta am Samstag im Vorfeld der Partie gegen Gladbach. Schon zuvor hatte die Interessengruppe um Eurofighter Ingo Anderbrügge angedeutet, dass Rangnick wegen der aktuellen Vereinsführung abgesagt habe.
Unwägbarkeiten = Chaos
Es steht also Aussage gegen Aussage. Für Sky Kommunikationsexperte Michael Cramer könnte Rangnicks Absage auch darin begründet liegen, dass er sich das Chaos, das Cramer hinter Rangnicks angedeuteten "zahlreichen Unwägbarkeiten" vermutet, nicht antun möchte. "Ich kann mir das eigentlich nur so erklären, dass Ralf Rangnick gesagt hat: Ich verliere hier eigentlich nur meinen guten Namen, wenn ich hier jetzt weitermache in diesem Chaos des Machtkampfes, der Zuständigkeiten, vielleicht auch der Eitelkeiten der Verantwortlichen bei Schalke", so Cramer bei Sky Sport News.
"Der große Verlierer ist mal wieder der FC Schalke", sagt Cramer, "der wieder mal dasteht als derjenige, mit dem man es halt macht und der es mit sich machen lässt und vollkommen hilflos dasteht. Und das ist das verheerende Außenbild, dass der Verein wieder einmal abgibt."
Rangnick noch nicht aufgegeben
Trotz des Ragnick-Rückzugs sei der 62-Jährige "weiter die beste Lösung in der schwierigen Lage", sagte der Sprecher Frank Haberzettel dem SID. Sein Kollege Uli Paetzel twitterte: "Wir kämpfen weiter."
Die Gruppe, die sich "Tradition und Zukunft" nennt und bei den Wahlen im Sommer in den Aufsichtsrat drängt, hatte an den Vereinsgremien vorbei Kontakt zu Rangnick aufgenommen. Buchta nannte das "vereinsschädigend". Am Sonntag trat Stefan Gesenhues, der den Rangnick-Plan der Opposition der Klubführung vorgetragen hatte, aus dem Aufsichtsrat zurück - als drittes Mitglied in neun Monaten.
Die leise Hoffnung auf einen Sinneswandel ihres ehemaligen Trainers, Mastermind des sportlichen Aufstiegs von RB Leipzig, können die Schalker ohnehin begraben. Es werde zwar noch ein weiteres Telefongespräch geben, teilte dessen Berater Marc Kosicke dem SID mit, aber nur, "um das Ganze respektvoll für alle zu beenden".
Absage mit Fragezeichen
Von Rangnicks Absage hatte Klubchef Buchta Samstag "beim Tanken" erfahren: "Ich war total überrascht." Eigentlich hatte Schalke nach einem ersten Gespräch mit Kosicke vereinbart, in der nächsten Woche mit Rangnick persönlich zu verhandeln. Dort hätte sich Rangnick trotz des Chaos laut Sky Reporter Dirk große Schlarmann nochmal selbst ein Bild von der Situation machen können. Danach hätte er doch immer noch absagen können. "Es hinterlässt ein Fragezeichen", so große Schlarmann.
Man habe, so Buchta, "sehr transparent" die wirtschaftlichen Möglichkeiten für die 2. Liga mit einem Personaletat von rund 20 Millionen Euro erläutert, "es wurde an keiner Stelle erwähnt, dass dieses Budget für Rangnick nicht ausreichend wäre".
Reicht "Unterstützergruppe" die Hand?
Die Anderbrügge-Gruppe kündigte umgehend an, man stehe "Gewehr bei Fuß" für ein "verändertes Angebot". Nur "sehr vage" habe sich die Initiative im direkten Gespräch über die vollmundig angekündigte finanzielle Unterstützung geäußert, konterte Buchta. Er wünschte sich am Samstag im Rahmen der Vorberichterstattung bei Sky, dass die Gruppe ihre finanziellen Möglichkeiten dem Aufsichtsrat transparenter darstellen solle.
Der Nachfolger des zurückgetretenen Clemens Tönnies wollte eigentlich am Montag mit Kosicke noch einmal "alle Möglichkeiten ausloten". Auch die externe Gruppe hatte darauf hingewiesen, dass Rangnick nur "derzeit" keine Verantwortung übernehmen wolle. Sky Reporter große Schlarmann ist sich sicher: "Rangnick wird in dieser Saison keinen Posten hier übernehmen." Ob das im Sommer anders sei, wenn sich der Aufsichtsrat verändert habe, ließ der Schalke-Experte offen. Rangnick liebäugelt auch mit dem Amt des Bundestrainers.
Dass sich die Wogen zwischen Aufsichtsrat und Unterstützergruppe zeitnah glätte scheint nur schwer vorstellbar, trotzdem soll die Gruppe jedoch für eine Zusammenarbeit bereit sein, wie große Schlarmann erfuhr: "Sie würden gerne einen Handschlag machen, wissen aber noch nicht ganz, wie das so rüberkommen kann, dass Schalke das auch annimmt, weil das bisher nicht der Fall war", sagte der Sky Reporter bei SSN und betont: "Die Gruppe ist gewillt das zu machen."