Nordkorea vs. Südkorea - Spiel unter Ausschluss der Öffentlichkeit
17.10.2019 | 14:34 Uhr
Nach dem historischen Fußball-Duell in der WM-Qualifikation haben die Südkoreaner schwere Vorwürfe gegen die Nordkoreaner erhoben.
Ein Gewitter zog während der Partie auf. Die Flagge der Gäste flatterte am Fahnenmast. Nordkorea wechselte zweimal, Südkorea dreimal. Zwei Spieler jeder Mannschaft sahen die Gelbe Karte. Viel mehr verbürgte Fakten gibt es nicht zum historischen koreanischen Fußball-Duell in der WM-Qualifikation - sie speisen sich aus wenigen Fotos und dem Spiel-Ticker des Weltverbands FIFA. Doch wenn es stimmt, was die Südkoreaner sagen, dann stand die Feindschaft der Bruderstaaten mit auf dem Platz.
"Das Spiel war wie Krieg. Ich habe nie zuvor eine solche Aggression erlebt", berichtete der südkoreanische Verbands-Vizepräsident Choi Young-Il bei der Rückkehr nach Seoul. Doch auch Choi machte es nicht besser und wählte im Nachgang zum 0:0 in der nordkoreanischen Hauptstadt Pjöngjang eine martialische Rhetorik: "Beim nächsten Aufeinandertreffen werden wir sie bestrafen. Wir werden sie bestrafen. Wir haben mehr Talent als sie."
Von Bestrafungen und Revanche sprach Kapitän Heung-Min Son nicht. Der frühere Bundesliga-Profi war einfach nur geschockt von dem Erlebten. "Es gab viele aggressive Momente. Die Nordkoreaner waren extrem angestachelt. Wir haben schon sehr viel damit erreicht, dass wir sicher und ohne Verletzungen nach Hause gekommen sind", sagte der Stürmer des englischen Champions-League-Finalisten Tottenham Hotspur: "Ich würde das Ganze am liebsten vergessen."
Der südkoreanischen Zeitung JoongAng Ilbo blieb bei ihrem Kommentar nur Sarkasmus: "Wahrscheinlich sollen wir Nordkorea noch dafür danken, unsere Fußball-Mannschaft unversehrt nach Hause geschickt zu haben."
Das Spiel im 50.000 Zuschauer fassenden Kim-Il-Sung-Stadion fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Ausländische Medien waren für das erste Aufeinandertreffen der beiden Teams in Nordkorea nicht zugelassen, südkoreanische Fans durften nicht anreisen. Die Partie wurde nicht im Fernsehen übertragen. Und so bleibt kaum mehr als die Statistik, die besagt, dass Nord- und Südkorea nach dem Remis mit jeweils sieben Punkten auf dem Konto die Tabelle der Gruppe H gemeinsam anführen.
Für Gianni Infantino ist das nicht genug. Der FIFA-Präsident, zu dessen Stärken nicht unbedingt klare Aussagen zu heiklen Themen gehören, rügte die Umstände des Spiels mit deutlichen Worten. "Ich hatte ein volles Stadion erwartet, war aber enttäuscht, leere Ränge ohne Fans zu sehen", sagte der Schweizer: "Für uns sind die Freiheit der Presse und die Freiheit der Rede von höchster Bedeutung. Auf der anderen Seite ist es wohl naiv zu glauben, dass man die Welt von einer Minute auf die andere verändern kann."
Dabei schien die Welt auf der koreanischen Halbinsel bereits im Wandel, der Sport wirkte da hilfreich. Bei den Olympischen Winterspielen 2018 im südkoreanischen Pyeongchang lief ein gemeinsames Frauen-Nationalteam im Eishockey-Wettbewerb auf, danach traten vereinte Mannschaften bei Weltmeisterschaften in diversen Sportarten an.
Eigentlich wollen sich beide Länder um Olympia 2032 bewerben, gleiches gilt für die nächste Frauenfußball-WM 2023. Vor allem Thomas Bach, der deutsche Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), präsentierte sich in der Vergangenheit als Förderer solcher Ideen zur Annäherung.
Doch davon war beim Fußball in Pjöngjang nichts zu spüren. Viel mehr herrschte das frostige Klima, das seit dem Koreakrieg (1950-1953) die Politik bestimmt. Völkerrechtlich befinden sich Nord- und Südkorea nach wie vor im Krieg miteinander. Zuletzt belasteten nordkoreanische Waffentests immer wieder das Verhältnis zwischen beiden Staaten. Auch die Treffen von US-Präsident Donald Trump mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un brachten bislang nicht den erhofften Erfolg.