Union Berlin in der Krise nach Niederlage in der Champions League
Freier Fall nach dem Höhenflug! Gründe für die Union-Krise
25.10.2023 | 11:48 Uhr
Nach der neunten Niederlage in Serie schrillen die Alarmglocken in Berlin-Köpenick immer lauter. Neben dem Platz sorgten bei der CL-Partie gegen Neapel auch zwei Neuzugänge für Störgeräusche und verdeutlichten nach Meinung der Sky Experten das Kern-Problem von Union Berlin.
Es war der 27. Mai dieses Jahres als der größte Erfolg der Vereinsgeschichte von Union Berlin besiegelt war: Mit dem Sieg über Werder Bremen hatten sich die Eisernen erstmals für die Champions League qualifiziert und damit eine grandiose Saison, bei der man zwischenzeitlich gar die Bundesligatabelle anführte, veredelt.
Union hatte seinem beeindruckenden Höhenflug der vergangenen Jahre die Krone aufgesetzt und sich nach dem Aufstieg 2019 in die höchste deutsche Spielklasse - und den Platzierungen elf, sieben und fünf - mit Platz vier im Tableau zum vierten Mal in Folge in der Bundesliga gesteigert.
Neun Niederlagen in Folge
Ein knappes halbes Jahr später ist von den kürzlich noch beflügelten Köpenickern allerdings nur noch wenig zu erkennen. Statt im nächsten Höhenflug befindet sich die Mannschaft von Urs Fischer im freien Fall. Neun Pflichtspielniederlagen in Serie, Platz 15 in der Bundesliga und drei Niederlagen aus drei CL-Spielen heißt die Union-Realität nach der jüngsten Pleite gegen Neapel.
Die Eisernen sind auf dem Boden der Tatsachen angekommen, obwohl sich der Hauptstadtklub im Sommer unter anderem mit Europameister Leonardo Bonucci, Nationalspieler Robin Gosens und dem langjährigen Bayer-Stürmer Kevin Volland prominent verstärkt hatte. Sky Experte Lothar Matthäus vermutet jedoch genau in dieser Transferpolitik eine mögliche Ursache für den Bruch der Union-Flügel.
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Union-DNA verloren gegangen?
"Die DNA des Klubs ist verloren gegangen. Früher hat man unbekanntere ausländische Spieler oder Profis, die in anderen deutschen Vereinen nicht den Durchbruch geschafft hatten geholt, die sich dann in Berlin zu Leistungsträgern entwickelt haben. Dann hat man sich entschlossen umzudenken, hat sich aus einem anderen Regal bedient und fertige namhafte Spieler geholt. Aber dadurch ist dem Verein etwas verloren gegangen", äußerte Matthäus in seiner Kolumne bei Sky.
Auch bei "Sky 90 - die Fußballdebatte" machten sowohl Sky Experte Didi Hamann als auch Ex-Bayern-Spieler Thomas Strunz die Sommer-Transfers mitverantwortlich für die Union-Krise. "Wenn ein Bonucci kommt und ein anderer, der letztes Jahr immer gespielt hat, auf der Bank sitzt, gibt das böses Blut und resultiert in einer fehlenden Einheit. Das Spiel in Madrid hat ihnen zudem das Herz herausgerissen, wonach sie vielleicht gedacht haben, dass sie besser sind, als es der Fall ist. Die Mixtur aus Selbstüberschätzung und der fehlenden Einheit ist gefährlich", analysierte Hamann.
"Bei Union hat sich ein Kern gebildet, der für Stabilität gesorgt hat. Dann kamen jedoch die großen Namen wie Bonucci und Volland, die auf dem absteigenden Ast ihrer Karriere sind und die Dynamik verändert haben. Das sind ganz kleine Risse, die in so ein Gefüge kommen und ist eine gefährliche Situation für Union", ergänzte Strunz.
Union-Duo sorgt für Ärger
Ein Teil eben jener Spieler aus dem "anderen Regal" stützten mit ihrem Verhalten beim CL-Spiel gegen Neapel die These der Sky Experten. David Fofana, den die Köpenicker vom FC Chelsea ausgeliehen haben, verweigerte den Handschlag mit seinem Trainer bei dessen Auswechslung und sorgte ebenso für weitere Unruhen wie Leonardo Bonucci, der mit der Reservisten-Rolle vorliebnehmen musste und seine Unzufriedenheit darüber äußerte.
Union-Trainer Fischer kündigte nach dem CL-Spiel ein Gespräch mit Fofana an und zeigte sich auf der PK von der Reaktion Bonuccis "überrascht", äußerte jedoch auch Verständnis für dessen Unzufriedenheit. Dass die Nerven bei Union derzeit blank liegen, unterstrich auch Sheraldo Becker, der sich kurz vor dem Abpfiff lautstark und zutiefst frustriert bei Robin Knoche über einen ungenauen Pass beschwerte.
Fischer in Gefahr?
Die einstige Union-Einheit, die Bayern, Dortmund und Leipzig in der vergangenen Spielzeit an der Alten Försterei nahe an die Verzweiflung brachte, scheint in der laufenden Saison nicht vorhanden zu sein. Nach den neun Niederlagen in Serie steht Fischer vor dem schwersten Moment seiner Union-Zeit und gilt nicht mehr gänzlich als unantastbar, wie Didi Hamann vermutet: "Entweder Union gewinnt bald oder der Trainer muss gehen".
Derzeit dürfte der 57-Jährige noch relativ fest im Union-Sattel sitzen und erhielt nach der Neapel-Niederlage unter anderem von seinem Kapitän Christopher Trimmel Rückendeckung: "Er kitzelt immer noch alles aus uns heraus. Wir haben ein gutes Spiel gemacht. Die Art und Weise, wie wir gespielt haben, war richtig." Dennoch steigt der Druck auch auf den Schweizer zunehmend.
Gastspiel in Bremen
Am kommenden Wochenende gastieren die Unioner im Bremer Weserstadion, wobei spannend zu beobachten sein wird, inwieweit der Trainer bis dahin die Personalien um Fofana, Bonucci & Co. moderiert und das Team eventuell wieder zu einer Einheit formen kann.
Der fünfjährige stetige Höhenflug von Union Berlin ist derzeit gestoppt und in einen Tiefflug abgestürzt. Noch bleibt Fischer jedoch genug Zeit, seiner Mannschaft neue Flügel wachsen zu lassen, um schon bald wieder nach oben in der Tabelle zu fliegen.
Mehr zum Autor Florian Hartmann
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