Karriere-Boost oder Sackgasse? Nübels letzte Chance
04.08.2023 | 11:53 Uhr
Karriere-Boost oder Sackgasse - Alexander Nübel steht vor der nächsten und womöglich entscheidenden Zerreißprobe: Während sich der ehemalige Bayern-Keeper im Dress des VfB Stuttgart empfehlen und seinen eigenartigen Werdegang doch noch in die richtige Richtung lenken will, ist der Druck bereits vor dem Pflichtspiel-Auftakt enorm. Kann er diesem standhalten?
0:1, 0:2, 1:3, 1:4, 1:5! Schon im ersten Testspiel mit den Schwaben musste Bayern-Neuzugang Alexander Nübel gleich fünfmal hinter sich greifen - und das in gerade einmal 60 Minuten gegen Borussia Mönchengladbach. "Unser Spielaufbau hat noch Fehler. Über das gesamte Spiel war die Konterabsicherung nicht gut genug, da müssen wir uns deutlich steigern", haderte Trainer Sebastian Hoeneß nach der Partie via vfb.de. Auch der Torhüter präsentierte sich am Sky Mikrofon nicht unbedingt zufrieden: "Es tut immer weh, als Torwart Gegentore zu kassieren. Trotzdem ist es ein Testspiel (…) und es geht weiter."
Nur ein Ausrutscher in der Sommervorbereitung oder ein Wink in die Zukunft?
Nübel soll den Kasten des Bundesliga-16. der vergangenen Saison sauber halten. Ein Klub, der den Abstieg nur mithilfe der Relegation abwenden konnte und 57 Gegentore hinnehmen musste. "Die Gespräche mit Fabian Wohlgemuth und Sebastian Hoeneß waren der ausschlaggebende Punkt dafür, dass ich mich für den VfB entschieden habe", begründete Nübel seine Entscheidung und weiter: "Sie haben mir den Klub, die Stadt und die tolle Stimmung im Stadion mit der großen Unterstützung durch die Fans nähergebracht. Ich freue mich sehr, jetzt beim VfB und zurück in der Bundesliga zu sein."
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Bei den Schwaben darf er sich nun für ein Jahr auf Leihbasis beweisen. Nübel verzichtet für den VfB nach Sky Informationen auf Teile seines Gehalts und wird in der kommenden Saison rund zwei Millionen Euro verdienen. Die Münchner erhalten eine Leihgebühr von knapp einer Million Euro. Ein Verbleib beim FC Bayern war für den 26-jährigen Torhüter kein Thema. "Ich möchte mich persönlich weiterentwickeln, vielleicht noch ein bisschen mehr Verantwortung übernehmen und dann so viel Spaß wie möglich haben, damit der Rhythmus wieder reinkommt", erzählte er am Sky Mikro.
Spaß hatte Nübel bei seinen vergangenen Karrierestationen nur bedingt: Als großes Torhüter-Talent beim (damals ambitionierten) FC Schalke entschied er sich 2020 für einen ablösefreien Wechsel zu den Bayern - wollte es dort mit Manuel Neuer aufnehmen. Der bevorstehende Transfer ist allerdings schon im Winter durchgesickert. Nübel zog daraufhin den Unmut der Fans auf sich, avancierte vom Leistungsträger zum Unsicherheitsfaktor und war maßgeblich an der Horror-Rückrunde (neun Punkte in 17 Partien) beteiligt. Trainer David Wagner setzte ihn zwischenzeitlich gar für vier Spiele auf die Bank.
Bei den Bayern sollte es nicht besser laufen - im Gegenteil: Nübel kam nicht an Neuer vorbei und durfte in seiner Premieren-Saison bei den Münchnern wettbewerbsübergreifend gerade einmal vier Pflichtspiele absolvieren. Der Torhüter zog die Reißleine und ließ sich 2021 für zwei Jahre in das Fürstentum nach Monaco verleihen. Dort avancierte er direkt zum Stammspieler. Dennoch ist er von der L'Equipe im Dezember 2021 als "größte monegassische Enttäuschung" abgestempelt worden. Nübel stabilisierte sich in der Folge und konnte am Saisonende ordentliche Werte verbuchen (51 Gegentore bei 49 Einsätzen, 14 Spiele zu Null).
Zwischenzeitlich haben sich die Bayern sogar mit einer Rückholaktion befasst, nachdem sich Neuer im Winterurlaub schwer verletzt hatte. Allerdings hat sich schnell herauskristallisiert, dass Nübel nicht die Nummer eins Wahl ist. In der Folge sind die Münchner ab dem 19. Dezember 2022 auf Yann Sommer gegangen (Sky berichtete exklusiv). Auf der anderen Seite hat auch Nübel nie wirklich eine vorzeitige Beendigung der Leihe forciert - nicht solange Neuer noch Teil des Bayern-Kaders ist.
Der Torhüter blieb in der Folge bei der AS Monaco und bestritt die Saison als Stammtorhüter, ohne dabei wirklich zu glänzen (75 Gegentore bei 48 Spielen, zehn Mal zu Null). Auch in diesem Sommer ist für Nübel eine Rückkehr zum FC Bayern kein Thema gewesen - das hatte sein Berater Stefan Backs gegenüber t-online bestätigt. "Wir haben immer gesagt, dass es keinen Sinn für Alex ergibt, zu Bayern zurückzukommen, solange Manuel Neuer noch da ist. Er ist jetzt wieder fit", machte er deutlich: "Deshalb suche ich für Alex einen neuen Klub - und zwar einen, der ihn möglichst weiterbringt."
Dieser Klub ist der VfB Stuttgart - zumindest für eine Saison.
Doch auch bei den Schwaben gibt es für den ehemaligen Schalker keine Startelfgarantie. VfB-Sportdirektor Fabian Wohlgemuth erhöhte den Druck auf Nübel schon wenige Tage nach dem Transfer. Konkurrent Fabian Bredlow habe "gerade zum Abschluss gezeigt, wie wichtig er für die Mannschaft sein kann, auch innerhalb der Kabine ist er wichtig. Am Ende entscheidet der Trainer, wer zwischen den Pfosten steht." Am Ende werde "der Bessere" im Tor stehen. Festzuhalten ist zudem, dass die Schwaben auch perspektivisch gesehen die Zukunft von Top-Talent Dennis Seimen nicht verbauen wollen. Der 17-Jährige soll aber erst einmal in der zweiten Mannschaft Spielpraxis sammeln.
Ohnehin weiß Nübel, dass ein Startplatz nicht garantiert ist: "Am Ende wird der Trainer entscheiden, wer spielt", betonte er. Dennoch wäre es verwunderlich, wenn der Neuzugang des FC Bayern nach dem millionenschweren Deal nicht von Anfang an spielen würde - zumal Bredlow zuletzt auch aufgrund einer Hüftverletzung gefehlt hat. "Wenn wir so ein Invest machen, ist das schon die Idee dahinter", unterstrich VfB-Coach Hoeneß: "Und trotzdem geht es am Ende um Leistung, aber die Idee ist natürlich schon, dass er als Nummer eins in die Saison geht."
Nübel wird also seine Chance, sich noch einmal auf der "Bühne Bundesliga" präsentieren zu dürfen, aller Voraussicht nach bekommen - es könnte seine letzte sein. Schon in diesem Sommer standen die Interessenten nicht gerade Schlange: Nach Sky Informationen zeigte neben dem VfB Stuttgart noch Leeds United Interesse an einer Verpflichtung - ein Absteiger aus der Premier League.
Sackgasse Stuttgart oder Karriere-Boost durch den VfB? Eins ist klar: Mit einer weiteren durchwachsenen Saison würde Nübels Ansehen auf dem Transfermarkt nicht gerade steigen. Der Druck ist also schon vor dem offiziellen Pflichtspiel-Start im DFB-Pokal in Reutlingen gegen die TSG Balingen (Samstag, am 12. August um 13 Uhr live und exklusiv auf Sky Sport und im Liveticker auf skysport.de und in der Sky Sport App) enorm.
Ob er diesem standhalten kann, wird sich im Laufe dieser Saison herausstellen ...
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