Vincenzo Grifo über die EURO 2020 und Italien

Vincenzo Grifo: "Italien begeistert mit der Liebe zum Fußball"

Italien feiert den Einzug ins Finale der EURO 2020.
Image: Italien feiert den Einzug ins Finale der EURO 2020.  © Imago

Als Italiener ist Freiburgs Vincenzo Grifo natürlich stolz, wie sich die Squadra Azzurra bis ins Finale der EURO 2020 gespielt hat. Im exklusiven Interview beschreibt der 28-Jährige, was Italien wieder so stark macht.

Skysport.de: Herr Grifo, Italiens Auftritte begeistern viele Fans. Wie haben Sie die Euphorie wahrgenommen bzw. wie euphorisch sind Sie selbst vor dem Finale?

Vincenzo Grifo: Ich bin sehr euphorisch, weil Italien eine tolle Europameisterschaft spielt. Sie begeistern die Fans vor allem mit dem Fußball, den sie spielen und der Liebe zum Fußball - und das seit Tag eins. Aber auch davor haben sie sehr viele gute Spiele absolviert, nicht umsonst sind sie seit 33 Spielen ungeschlagen. Man merkt einfach, dass Roberto Mancini (Trainer von Italien, Anm. d. Red.) eine tolle Truppe zusammengestellt hat, die es sich verdient hat, im Finale zu stehen.

Freiburgs Vincenco Grifo ist im erweiterten Kader der italienischen Nationalmannschaft.
Image: Freiburgs Vincenzo Grifo ist im erweiterten Kader der italienischen Nationalmannschaft.  © Imago

Skysport.de: Was oder welche Person hat sie in der italienischen Mannschaft am meisten beeindruckt?

Grifo: (lacht) Wahrscheinlich wollt ihr jetzt Chiellini hören, oder? Nein, mittlerweile bin ich seit 2,5 Jahren dabei und das sind nicht nur Mannschaftskollegen, sondern auch Freunde geworden. Man kennt sich in- und auswendig und weiß, wie die Jungs ticken, weil man sehr viel Zeit miteinander verbringt. Italiener sind ja generell Familienmenschen und das ist die ganze Truppe eins zu eins. Daher wundert es mich nicht, dass wir eine so starke Euphorie und so viele Emotionen bei den Italienern sehen. Das hat mich auch inspiriert. Natürlich geht unser Kapitän Chiellini zusammen mit Leonardo Bonucci voran. Dazu kommt die Qualität von Spielern wie Marco Verratti, die bei Europas Top-Klubs spielen. Da passt einfach vieles zusammen und man kann wirklich unfassbar stolz sein.

Skysport.de: Chiellini und Bonucci sind zwei charismatische Figuren. Die Szene mit Alba und Chiellini vor dem Elfmeterschießen gegen Spanien ist ja mittlerweile legendär. Hatten Sie selbst mit Chiellini bereits ein ähnliches Erlebnis?

Grifo: Ich habe mit Chiellini schon einige Erlebnisse gehabt, sowohl im Training als auch neben dem Platz. Er ist ein toller Herzensmensch, auf den man sich verlassen kann und der auch vorangeht. Er kann eine Truppe führen und hatte ja schon einige Spiele, bei denen es um vieles ging. Aber vor dem Elfmeterschießen so locker und cool zu bleiben, das hat viele inspiriert. Diese ganze Liebe für ihn hat er sich verdient. Chiellini ist keiner, der sich verstellt oder irgendwas für die Kamera macht, denn Chiellini war in dem Moment einfach Chiellini. Später beim Elfmeterschießen war er wieder komplett fokussiert. Sowas macht ihn einfach aus, denn ein bisschen Spaß im Fußball gehört ja auch dazu.

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Skysport.de: Sie kennen Roberto Mancini ganz gut, was ist er für ein Typ? Wie hat er es geschafft, solch eine Einheit zu formen?

Grifo: Er ist generell ein ruhiger Typ, der viele Einzelgespräche führt, sehr sympathisch wirkt und auch ist. Zudem versteht er sehr viel vom Fußball und hat auch schon einige Top-Klubs trainiert. Mit Manchester City, Inter Mailand und anderen Vereinen hat er Großes erreicht. Dadurch, dass er selbst Fußball gespielt hat, versteht er die Spieler und Menschen. Das ist eine gute Komponente. Wenn man diesen Ausgleich hat, kann man viel gewinnen. Er hat viel ausprobiert und ich habe ihm natürlich viel zu verdanken, weil er mich eingeladen, mir eine Chance gegeben und mich supportet hat. Er hat mich von der Bundesliga in die Nationalmannschaft geholt, was auch noch nicht so viele geschafft haben, und da bin ich schon sehr stolz. Natürlich danke ich ihm - auch wenn ich jetzt nicht dabei bin - denn für mich ist er ein herausragender Trainer. Unter ihm habe ich sehr viel gelernt.

Skysport.de: Jetzt geht es im Finale gegen England. Worauf kommt es für die Italiener an, um gegen die Engländer zu bestehen?

Grifo: England hat natürlich ganz viel Tempo und den Heimvorteil in Wembley mit 60.000 Fans, auch wenn darunter natürlich auch einige Italiener sein werden. Dazu hat England eine starke Abwehr und einen guten Ausgleich zwischen Mittelfeld und Sturm - wobei wir Italiener das natürlich auch haben. Das wird ein 50/50-Spiel. In einem Finale entscheiden Nuancen und Kleinigkeiten, und darauf wird es ankommen. Das wird meiner Meinung nach ein richtig schönes Spiel mit ganz viel Qualität auf dem Platz.

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Skysport.de: Haben sie einen Tipp fürs Finale?

Grifo: Einen konkreten Tipp habe ich nicht, aber ich glaube, dass wir Italiener das hinbekommen.

Skysport.de: Bei der EM waren sie knapp nicht dabei. Wie sehen sie ihre Zukunft in der Nationalmannschaft? Hoffen Sie, bei der WM in Katar dann dabei zu sein?

Grifo: Meine Zukunft in der Nationalmannschaft sehe ich generell ganz gelassen. Einer, der unter den 30 Besten des vorläufigen Kaders ist, wird ja nicht beim nächsten Mal gar nicht mehr auf dem Schirm sein. Natürlich war es enttäuschend für mich, weil ich natürlich gehofft und in der Saison viel reingeworfen habe, damit es noch klappt. Ich habe schon einige Enttäuschungen in meiner Fußball-Karriere erlebt, das werde und habe ich auch schon weggesteckt. Jetzt drücke ich meinen Italienern die Daumen, dass wir den Pokal mit nach Hause bringen. Und im September geht's ja schon weiter mit der nächsten Nominierung.

Das Interview führte Thomas Goldmann

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