Davie Selke spricht im Interview mit Sky Sport über seine Rückkehr zur Werder Bremen. Der ehemalige Hertha-Stürmer gilt als Hoffnungsträger im kommenden Abstiegskampf.
Sky Sport: Die vergangenen Tage waren sehr turbulent. Nehmen Sie uns mal mit auf die Reise. Haben Sie damit gerechnet, dass alles so schnell geht? Haben Sie zu Hause die Daumen gedrückt?
Davie Selke: Das ist alles sehr intensiv gewesen. Ich habe viel telefoniert und bis zum Ende gehofft, dass der Wechsel klappt. Deswegen bin ich jetzt sehr, sehr froh und erleichtert.
Sky Sport: Waren Sie dabei auch mit den Berlinern im Austausch? Haben die Sie immer unterstützt?
Selke: Wir waren in sehr engem Austausch. An der Stelle muss man mal ein Kompliment an Michael Preetz und Jürgen Klinsmann ausrichten. Die beiden waren sehr hilfreich und haben sich fair in den Verhandlungen mit Werder gezeigt. Sie haben mir da keine Steine in den Weg gelegt - der Impuls kam ja von mir. Ich bin froh, wie das alles abgelaufen ist.
Sky Sport: Werder Bremen ist nicht nur ein Wappen über ihrem Herzen, sondern auch großer Teil ihrer Vergangenheit. Erstes Profi-Spiel, erstes Profi-Tor - wie fühlt es sich an, innerhalb von ein paar Stunden von Berlin nach Bremen zu wechseln und dann direkt in Augsburg in der Startelf zu stehen?
Selke: Ein bisschen surreal, aber auch sehr, sehr schön. Ich bin echt froh wieder hier zu sein, wo alles angefangen hat. Ich habe eine spezielle Verbindung zu dem Klub.
In dieser Truppe steckt eine Menge Qualität
Sky Sport: Werder Bremen befindet sich gerade in einer ganz schwierigen Phase. Ist Ihnen schon bewusst geworden, wie prekär die Lage wirklich ist?
Selke: Jeder hier weiß, wie ernst die Lage ist. Das nehmen wir an. In dieser Truppe steckt eine Menge Qualität, das habe ich schon als Gegner gedacht und denke jetzt als Mitspieler nicht anders. Wir müssen einen klaren Kopf bewahren, alles raushauen und uns über kleine Erfolgserlebnisse zurück in die Spur kämpfen.
Sky Sport: Sie sind ein Typ, der viel ackert und marschiert auf dem Platz. Wie wichtig ist so eine Mentalität? Ist so etwas momentan vielleicht sogar wichtiger als die Qualität?
Selke: Mentalität, Zweikampfhärte und Zweikampfstruktur sind viel mehr gefragt momentan. Daraus kommt dann die Qualität. Wenn man eklig verteidigt und Mentalität zeigt, kommt man in Situationen, die einem das Selbstvertrauen zurückgeben. Dann können wir auch wieder über unsere Qualität ins Spiel kommen.
Sky Sport: Als Sie Ihre Karriere in Bremen anfingen, war Florian Kohfeldt noch Co-Trainer. Jetzt ist er Cheftrainer. Wie haben Sie ihn in den ersten Tagen wahrgenommen?
Selke: Flo und ich kennen uns schon länger. Er hat uns damals schon auf die Gegner eingestellt. Jetzt in der Cheftrainer-Rolle ist es beeindruckend, wie detailliert und genau er uns auf das Spiel vorbereitet.
Sky Sport: Wie sehr hat er um Sie gekämpft?
Selke: Ich glaube, er musste nicht groß um mich kämpfen. Ich glaube es ging eher darum, ob man den Wechsel überhaupt realisieren kann oder nicht. Große Überzeugungsarbeit hat er bei mir nicht gebraucht.
Sky Sport: Wie nehmen Sie das Umfeld aktuell wahr? Es gibt momentan ja auch durchaus kritische Stimmen, was den Trainer betrifft.
Selke: Das nehme ich gar nicht wahr. Ich glaube, wir sind einfach in einer ekligen Situation. Das war vor ein paar Wochen bei der Hertha auch noch so. Fußball ist einfach ein schnelllebiges Geschäft. Wir müssen uns jetzt auf jedes Spiel voll fokussieren und versuchen, unsere beste Leistung abzurufen. Mit allem, was in unserer Macht steht.
Er ist eine große Persönlichkeit und ein guter Mensch
Sky Sport: Was haben Sie von Jürgen Klinsmann als Fußball-Persönlichkeit gelernt und mitgenommen?
Selke: Vieles. Er kann super motivieren und hat ein gutes Auge. Er ist eine große Persönlichkeit und ein guter Mensch.
Sky Sport: Vor Werder liegen eine Menge Aufgaben, die nicht ohne sind. Dortmund im Pokal, Union Berlin in der Liga - worauf kommt es in diesen Spielen an, gerade, wenn man zu Hause agiert?
Selke: Ich habe damals schon tolle Heimspiele mit Werder - auch gegen große Gegner - bestritten. Das Weser-Stadion ist ein riesen Vorteil für uns. Mit den Fans im Rücken ist alles möglich. Auch im Pokalspiel gegen Dortmund.
Sky Sport: Wenn man einen Haaland bei Dortmund sieht, was denkt man sich dann selber?
Selke: Beeindruckend. Er ist sehr, sehr gut und für das junge Alter schon abgeklärt. Er ist ganz klar in seinen Aktionen und hat eine gute Quote. Ein guter Stürmer.
Sky Sport: Was nehmen Sie sich persönlich für Ihre Rückrunde bei Werder vor?
Selke: Ich will mit allem, was ich habe, helfen. Ob es Tore, Assists oder der Kampf gegen den Ball ist, ich will einfach helfen.
Letztlich können wir das nur als Truppe regeln
Sky Sport: Bremen hat in den vergangenen Wochen kaum Spiele klar gewonnen. Dazu kommen eine Menge Personalprobleme. Spürt man, dass die Mannschaft sich in dieser Saison noch nicht ganz gefunden hat?
Selke: Wenn so viele verletzte Spieler dabei sind, kann sich kein Team richtig einspielen. Das kann man auch nicht wegdiskutieren. Aber alle wissen, was gefordert ist. Und auf die Gefahr mich zu wiederholen: Wir setzen wirklich alles daran, die Punkte zu holen.
Sky Sport: Wie waren die Reaktionen auf Ihre Rückkehr?
Selke: Viele, viele Nachrichten. Positive Nachrichten. Ich habe viele Anrufe bekommen.
Sky Sport: Ist es schwer für Sie, als Hoffnungsträger zu gelten?
Selke: So sehe ich mich selber gar nicht. Ich bin hier, um zu helfen und letztlich können wir das ohnehin nur als Truppe regeln - und das werden wir auch.
Das Interview führte Jurek Rohrberg.
