WM 2022: Moukokos magischer Schritt – vom BVB-Joker zum WM-Fahrer
Vom BVB-Joker zum WM-Fahrer: Moukokos magischer Schritt
19.11.2022 | 22:38 Uhr
Vergangene Saison war das Sturmjuwel nur Bankdrücker. Jetzt ist Youssoufa Moukoko der jüngste WM-Teilnehmer der DFB-Historie. Sonntag feiert er seinen 18. Geburtstag.
Die Hitze drückt am Vormittag auf den Trainingsplatz der DFB-Elf. Das im Stile einer Burg erbaute Stadion des Al Shamal SC hält zwar unerwünschte Besucher fern von den Einheiten, nicht aber die von oben unaufhaltsam knallende Sonne. Knapp 30 Grad sind es in Al Ruwais, dem nördlichsten Teil Katars, und Youssoufa Moukoko brennt auf das Training mit der Nationalmannschaft.
"Mit 17 Jahren bei einer WM dabei zu sein, ist schon etwas Besonderes. Ich bin sehr gut aufgenommen worden und freue mich dabei zu sein", wird er später bei seinem ersten Pressekonferenz-Auftritt als A-Nationalspieler verraten. Vorher steht aber das Training auf dem Programm. Der Neuling ist als einer der ersten auf dem Platz zu finden, gleich auf der Suche nach einem Ball. Nach dem lockeren Aufwärmen stehen Passübungen an.
Moukoko wird Sonntag 18 Jahre jung
"Mouki, klasse", ruft Hansi Flick nach einem guten Zuspiel des Noch-Minderjährigen. Am Sonntag wird Moukoko 18 Jahre alt. Und aus dem seit Jahren als Wunderkind gehypten Sturmjuwel ein erwachsener Mann. "Mouki" - seinen Spitznamen aus Dortmund haben sie bei der Nationalmannschaft direkt übernommen. In Katar ist "Mouki" der jüngste Teilnehmer des Turniers. Beim DFB ist er sogar der jüngste WM-Fahrer der Geschichte. Nationalmannschafts-Direktor Oliver Bierhoff hätte nichts dagegen mit Moukoko überschwänglich zu feiern. Aber nicht wegen dessen Geburtstag, sondern im Falle des Erfolgs in Katar: "Jetzt muss der Fokus und Tunnelblick aufs erste Spiel kommen. Man kann locker sein und Spaß haben, aber die Party machen wir dann gerne bei erfolgreichen Spielen." Ein Ständchen vom Team wird es am Sonntag allerdings geben. Und eine Torte von DFB-Koch Anton Schmaus ebenfalls. "Kalorienarm", wie Bierhoff mit einem Zwinkern anmerkt.
Moukoko selbst will sich ebenfalls viel lieber auf das erste WM-Spiel gegen Japan kommenden Mittwoch konzentrieren als auf seinen Geburtstag. Das Megatalent, das mit 15 Jahren bereits Torschützenkönig in der U19-Bundesliga war und mit 16 Jahren und einem Tag als jüngster Bundesligaspieler aller Zeiten debütierte, weiß, was von ihm verlangt wird: "Ein Stürmer ist dazu da, um Tore zu schießen. Ich bin hier, weil der Trainer an mich glaubt. Ich werde jede Sekunde Vollgas geben und helfen, wo ich kann."
Trotz zehn Scorerpunkten im bisherigen Bundesligaverlauf konnte er dem BVB in dessen enttäuschender Hinrunde nur bedingt helfen - sich selbst dafür umso mehr. Bis vor wenigen Wochen schien eine WM-Teilnahme für den Teenager ausgeschlossen, doch nach der letzten Länderspielpause Ende September drehte Moukoko auf. Vier Treffer und zwei Assists in acht Ligapartien sorgten - neben dem WM-Aus für den verletzten Timo Werner - dafür, dass Flick den Dortmunder auf den letzten Drücker in seinen 26-Mann-Kader für Katar berief.
Moukoko kam von St. Pauli zum BVB
"Er macht einfach eine gute Entwicklung und gibt einer Mannschaft sehr viel. Er ist schnell, quirlig und hat einen guten Abschluss", sagt Flick über den Mittelstürmer, dem er vergangenen Mittwoch gegen den Oman (1:0) gleich zum Debüt verhalf. Moukoko fühlt sich im Kreis der Nationalmannschaft schon nach ein paar Tagen extrem wohl: "Hier kann ich Erfahrung sammeln. Ich freue mich, wenn ein Spieler zu mir kommt und mir Tipps gibt. Ich lerne hier von den Besten und bin unheimlich stolz dabei zu sein." Von einem hätte sich der Youngster besonders gerne etwas abgeguckt. "Am liebsten würde ich noch mit Miro Klose spielen", verrät Moukoko angesprochen auf die große deutsche Stürmerhistorie. "Ein Stürmer, der immer da war, um Tore zu schießen." Für Lacher sorgte er dabei auch noch: "Andere Stürmer kenne ich nicht. Ich war nicht einmal geboren, als die gespielt haben."
Geboren wurde er am 20. November 2004 in Yaounde - der Hauptstadt Kameruns. Früh kam Moukoko nach Deutschland, seine atemberaubende fußballerische Entwicklung ging seit seinem Wechsel 2016 vom FC St. Pauli zu Borussia Dortmund im Alter von elf Jahren steil bergauf. Seit er am 21. November 2020 für die Profis des BVB debütierte, geriet diese allerdings ins Stocken. Erst warfen den Youngster mehrere Verletzungen zurück, anschließend hatte Dortmunds Ex-Coach Marco Rose kein allzu großes Vertrauen in Moukoko. Und der mit Erling Haaland einen Konkurrenten auf dem Weg in die Weltspitze vor sich.
- WM 2022: Alle Infos zur Übertragung im TV & Stream
- Deutschland: Alle Infos zur Länderspiel-Übertragung im TV & Stream
Inzwischen ist die Situation in Dortmund eine andere. Haaland ist weg, dessen Nachfolger Sebastien Haller fällt wegen einer Hodenkrebserkrankung seit Sommer aus. Moukoko ist vom Edel-Reservisten zum Stammspieler und Hoffnungsträger geworden. Das stärkt nicht nur sein Selbstvertrauen, sondern auch seine Verhandlungsposition. Moukokos Vertrag läuft nächsten Sommer aus. Seit Monaten gibt es Gespräche über eine Verlängerung, BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl hat einen Vertrag mit mehr als fünf Millionen Euro Grundgehalt vorgelegt. Moukoko zögert noch. Zum einen, weil er bislang als Minderjähriger keinen rechtskräftigen Vertrag unterschreiben durfte. Zum anderen, weil er in Dortmund eine attraktive Perspektive für seine Zukunft sehen will. Ein Posten als Bankdrücker will er nicht in Kauf nehmen.
Terzic schenkt Moukoko Vertrauen
Das Vertrauen von Coach Edin Terzic und dessen Co-Trainer Sebastian Geppert, der "Mouki" in den U-Teams des BVB coachte, stärken die Position der Borussia. Aktuell will sich der Torjäger allerdings nicht mit dem Thema befassen. "Wir sind hier nicht beim BVB, sondern bei der Nationalmannschaft bei einer WM. Ich werde mich am Ende entscheiden, egal wie. Ich fühle mich sehr wohl in Dortmund und spüre das Vertrauen des Trainers. Am Ende werdet ihr mitkriegen, ob ich bleibe oder nicht", antwortet Moukoko cool auf die Frage zu seiner Vertragssituation.
Derzeit fokussiert er sich sowieso nur auf die WM. Da rücken auch die Geburtstagswünsche in den Hintergrund. Zu kurz wird Moukoko im Kreis des DFB-Teams am Sonntag aber trotzdem nicht kommen. "Du musst mir später mal sagen, was du dir wünschst", meinte Manuel Neuer. Und ganz anführermäßig versprach ihm der Kapitän: "Dann gucken wir mal, was wir hinbekommen."
Mehr zum Autor Sven Westerschulze
Alle weiteren wichtigen Nachrichten zur WM 2002 gibt es im Katar Update nachzulesen.