Ein Deutscher in Italien – aber diesmal als Trainer! Ralf Rangnick wird wohl den traditionsreichen AC Mailand übernehmen. Die Vergangenheit des Klubs ist groß, die Gegenwart eher Mittelmaß. Rangnick erwarten einige Probleme.
Die Unsterblichen und Unbesiegbaren
Der AC Mailand war rund ein Jahrzehnt lang die beste Mannschaft Europas. Zu Rangnicks Leidwesen ist das schon eine Weile her: von 1986 bis 1996. Unter Arrigo Sacchi spielten die Rossoneri Offensivfußball vom Feinsten, mit den unwiderstehlichen Niederländern Ruud Gullit, Marco van Basten und Frank Rijkaard.
Die Dominanz der Mailänder gipfelte in zwei aufeinanderfolgenden Europapokalen der Landesmeister und dem Weltpokal. Spitzname der italienischen Weltelf: "Gli Immortali" - die Unsterblichen. 1991 folgte Fabio Capello als Trainer und auch er erreichte Unglaubliches: In seiner zweiten Saison blieb Mailand in 58 Spielen komplett ungeschlagen! "Gli Invincibili" - die Unbesiegbaren - waren geboren. Sie dominierten den Fußball in Italien, fünfmal ging der Scudetto in dieser Zeit an Mailand.
Internationale Champions unter Ancelotti
Und die nächste große Phase ließ nicht lange auf sich warten: Carlo Ancelotti übernahm das Traineramt 2001 und formte eine große Mannschaft, gespickt mit Weltklassespielern. Namen wie Filippo Inzaghi, Andrea Pirlo oder Alessandro Nesta prägten eine Ära. In Italien holte der Stadtrivale Inter zwar mehr Titel, aber international war der AC Mailand das Maß aller Dinge: Zwei Champions League Siege, dazu ein dramatisch verlorenes Finale gegen Liverpool. Es war die große Zeit des italienischen Fußballs. Aber nach Ancelotti ging viel Glanz der alten Zeit verloren.
Abrutschen ins Mittelmaß und Berlusconi-Verkauf
Das Selbstverständnis der Rossoneri ist es, um den Scudetto, die italienische Meisterschaft, zu kämpfen. Aber seit 2012 spielt der AC Mailand hier nur eine Nebenrolle. Der letzte Champions-League-Auftritt datiert sogar aus dem Jahr 2013! Der schleichende sportliche Niedergang gipfelte im Verkauf des Teams.
Der Politiker und Medienmogul Silvio Berlusconi verkaufte den AC nach unglaublichen 31 Jahren. Im Fußball bewies Berlusconi langen Atem und war ein Stabilitätsgarant für den Verein. 2017 kaufte der Chinese Li Yonghong den Klub, nur ein Jahr später der Hedgefonds Elliot. An der sportlichen Lage hat das nichts verändert: Juventus dominiert die Liga, selbst Inter Mailand und Neapel sind sportlich enteilt. Der AC Mailand kämpft Jahr für Jahr um die Europa League.
Neustart mit Hürden für Rangnick
Die Startvoraussetzungen für Rangnick sind noch nicht klar: Reicht es überhaupt für den Europapokal? Angekündigt ist eine große Personalrochade, der Deutsche soll mit viel Macht und Handlungsspielraum ausgestattet werden. Allerdings gibt es in Mailand auch viel zu tun. Dem Kader fehlt es an Stars, viel Mittelmaß trägt mittlerweile Schwarz-Rot. Das große Torwartversprechen Gianluigi Donnarumma stagniert, die Talente entwickeln sich nicht wie erhofft. Transfers wie Altmeister Zlatan Ibrahimovic bringen zwar Schlagzeilen, aber keinen sportlichen Erfolg.
Der Schwede erklärte in einem Interview sogar, Rangnick überhaupt nicht zu kennen. Bleibt Ibrahimovic, wird er Rangnick zumindest kennen lernen. Zudem erschwert die Corona-Krise mögliche Transfers im Sommer. Der AC Mailand könnte eine große Chance für Rangnick sein, sich international zu beweisen. Aber dieses Mailand ist auch eine der schwierigsten Aufgaben in Europa.