BVB-Stürmer im exklusiven Interview
30.07.2019 | 16:00 Uhr
Paco Alcacer hat mit dem BVB in der vergangenen Saison knapp die Meisterschaft verpasst. Im exklusiven Interview mit Sky spricht der Stürmer über die Ziele mit dem BVB, die Neuzugänge, seine persönliche Entwicklung, den Titelkampf und das Leben in Deutschland.
Sky Sport: Herr Alcacer, was macht Ihr Deutsch?
Paco Alcacer: Einige Dinge, die einfach sind, weiß ich, manches was in der Mannschaft wichtig ist, versteh ich. Aber am Ende sind es einfache Dinge wie "Guten Morgen" oder "Wie gehts dir?".
Sky Sport: Deutsch ist sehr schwer, oder?
Alcacer: Ja, aber am Ende kommt es auch immer auf den Einzelnen an, ob er es lernen möchte, oder nicht. Alles ist schwer, wenn du es nicht willst.
Sky Sport: Wie groß war die Umstellung von Spanien nach Deutschland?
Alcacer: Es war am Anfang schon schwer, da ich vorher nie bei einem Team im Ausland gespielt habe. Aber ganz ehrlich: das Leben eines Fußballers ist leicht. Mit der Mannschaft, dem Trainer, den Betreuern geht das. Schwierig ist es eher für meine Frau. Sie hat alles zurückgelassen, um bei mir zu sein. Aber wir sind glücklich, alles ist gut.
Sky Sport: Was ist das Schwerste? Einkaufen?
Alcacer: Am Ende kommt es immer auf die Sprache an, die es schwer macht. Aber was gut ist: in Deutschland sprechen fast alle perfekt englisch. So können wir uns unterhalten.
Sky Sport: Wie oft haben Sie in der Sommerpause über die verpasste Meisterschaft nachgedacht?
Alcacer: Oft, sehr oft. Wir waren so nah dran, einen großen Titel zu gewinnen und das relativ einfach. Wir hatten zehn oder neun Punkte Vorsprung vor den Bayern. Es war ein großer Vorsprung. Der Fußball hat seine Launen und wir haben es nicht geschafft.
Sky Sport: Am Ende waren es nur zwei Pünktchen Rückstand auf den FC Bayern. Gibt es eine spezielles Spiel, wo sie im Nachhinein denken: Mist, hätten wir das gewonnen ...
Alcacer: Es gibt Spiele, die wir hätten gewinnen müssen. Aber so ist der Fußball - manchmal gewinnst du, manchmal verlierst du. Wichtig ist nur, dass du immer 100 Prozent gegeben hast.
Sky Sport: Sie haben 18 Tore geschossen - gut genug für Ihre Ansprüche?
Alcacer: Wenn du Zweiter wirst, war es nicht genug. Aber es ist meine beste Ausbeute in einer Saison, ich bin zufrieden. Aber am Ende zählt das Kollektiv, wir wollen unsere Ziele erreichen. Ich versuche, mit Toren zu helfen, dass wir noch einen Platz in der Tabelle nach oben klettern.
Sky Sport: Mussten Sie ihren Stil für die Bundesliga umstellen?
Alcacer: Hier wird schon anders gespielt, als in Barcelona. Positionsspiel, verteidigen - aber am Ende ist es als Stürmer ähnlich: in den Rücken der Abwehr kommen, defensiv helfen - das ist überall gleich.
Sky Sport: Sie haben im Training viel mit Marco Reus kombiniert. Wie ist es mit ihm zu spielen?
Alcacer: Mit Marco zu spielen ist unglaublich einfach. Er gibt dir eine Freiheit und unglaubliche Räume, um einfach gut Fußball zu spielen. Das ist toll. (Axel Witsel und Thorgan Hazard kommen in diesem Moment in den Raum)
Sky Sport: Mit diesen beiden zu spielen ist bestimmt auch nicht schlecht, oder?
Alcacer: Mit Axel ist es super zuspielen, denn er gibt dir defensive Sicherheit. Und Thorgan bringt noch mal Gefahr über links in unser Spiel.
Sky Sport: Sie haben nur vier Spiele in der Liga über 90 Minuten gemacht. Wie erklären Sie sich das?
Alcacer: Da habe ich mit vielen Leuten drüber gesprochen. Es war tatsächlich so, dass ich fast zwei Jahre keine drei Spiele am Stück gemacht habe. Das war schwer für meinen Körper und er musste sich erst wieder an die Belastung gewöhnen. Das war so im letzten Jahr. Ich war immer wieder angeschlagen. Es waren kleine Verletzungen, die dich aber immer wieder aus dem Tritt bringen. Aber das Beste daran ist, dass es nun vorbei ist.
Sky Sport: Sie haben die fehlende Spielpraxis richtig gespürt?
Alcacer: Ja, schon. Jetzt in den Ferien habe ich unglaublich viel gearbeitet, um das zu ändern, die Verletzungen zu verhindern und keine weiteren Spiele mehr zu verpassen.
Sky Sport: Was hat Ihnen der Trainer gesagt, wenn Sie auf der Bank Platz nehmen mussten?
Alcacer: Ich mag es nicht, auf der Bank zu sitzen, da ich eine sehr ehrgeizige Person bin. Ich bin ein fröhlicher, witziger Mensch, aber wenn ich auf der Bank sitze, mag ich nichts mehr, dann bin ich ein komplizierter Typ, was mir selbst nicht gefällt. Ich glaube, mein letztes Jahr hatte Positives, war aber gerade mit den Verletzungen auch nicht so gut. Ich denke nächstes Jahr wird besser.
Sky Sport: Haben Sie den Schritt nach Dortmund mal bereut?
Alcacer: Nein, als ich Barcelona verließ, wollte ich zu einem Top-Klub mit einer Top Mannschaft - das habe ich hier. Ich bereue den Schritt nicht, denn wenn der Klub glücklich ist und ich glücklich bin, sind alle zufrieden.
Sky Sport: Und Sie sind glücklich?
Alcacer: Ja, ich bin glücklich.
Sky Sport: Der BVB hat sich mit Spielern wie Julian Brandt oder Thorgan Hazard verstärkt. Spüren Sie, dass die Qualität immer weiter steigt?
Alcacer: Klar, wenn gute Spieler kommen, steigt die Qualität. Wir hatten schon im vergangenen Jahr eine tolle Mannschaft, aber wenn diese Spieler dazukommen, ist das für die ganze Mannschaft gut.
Sky Sport: Mats Hummels ist dazu nach Dortmund zurückgekehrt…
Alcacer: Er hat eine fantastische Karriere in Deutschland hingelegt und seine Rückkehr ist für uns ein großer Schritt, um unsere Ziele zu erreichen.
Sky Sport: Was genau sind die Ziele?
Alcacer: Das wissen wir alle! Letzte Saison haben wir einen ersten Schritt gemacht, dieses Jahr wollen wir es schaffen.
Sky Sport: Einen weiteren Stürmer hat Dortmund noch nicht verpflichtet?
Alcacer: Das ist Sache des Klubs. Klar, ich will so viel spielen und so viele Tore schießen wie möglich. Damit wir ganz oben in der Tabelle stehen, Tore vorlegen und für die Mannschaft arbeiten. Das ist wichtig für das Team.
Sky Sport: In der vergangenen Saison wurde meistens mit einem Stürmer gespielt. Mögen Sie diese Variante oder haben Sie lieber einen Angreifer an Ihrer Seite?
Alcacer: Mir ist es wichtig, einen Spieler in der Nähe zu haben. Das hatte ich aber mit Marco (Reus) oder auch manchmal mit Mario (Götze). Es war so für mich als Stürmer einfach, denn wenn ein langer Ball kam, hatte ich sofort Unterstützung. Ich konnte ihn annehmen, ablegen und in die Tiefe gehen.
Sky Sport: Der Supercup gegen den FC Bayern steht an - ein spezielles Spiel?
Alcacer: Wenn es was zu gewinnen gibt, ist es immer wichtig. Es geht um mehr als drei Punkte, es geht um einen Pokal. Wir wollen die ganze Stadt glücklich machen. Für uns wird es fantastisch, dass wir das Spiel spielen dürfen.
Sky Sport: Die BVB-Fans lieben Sie. Fühlen Sie auch, dass sie etwas Besonderes sind? Vielleicht auch ganz anders als in Barcelona?
Alcacer: Ich habe im vergangenen Jahr gelernt, dass dieser Klub extrem familiär ist. Fans, Trainer, Spieler und das gesamte Team sind wie eine Familie, das ist toll. Du vertraust allen und fühlst dich dadurch wohl.
Sky Sport: Brauchen Sie ein solch familiäres Gefühl?
Alcacer: Das brauchen wir alle auf der Arbeit. Wenn du dich nicht wohl fühlst, deinen Kollegen nicht vertraust, wirst du keinen guten Job machen. Am Ende musst du eine Woche gut trainieren, damit der Trainer dich aufstellt und du gut vorbereitet bist.
Sky Sport: Wer hilft Ihnen in der Mannschaft, wenn Sie Fragen haben?
Alcacer: Axel Witsel, Achraf Hakimi, Marco Reus, Mario Götze, Marius Wolf, alle helfen mir. Sie sind wirklich sehr enge Vertraute geworden. Aber du musst dich auch öffnen, um ihnen zu zeigen, wer du bist. Man muss Vertrauen aufbauen. Es sind wirklich tolle Menschen.
Sky Sport: Was fehlt Ihnen am meisten in Deutschland? Das spanische Wetter?
Alcacer: Ja, das Wetter. Es ist oft kalt. Aber da muss ich mich dran gewöhnen. Ihr müsst euch ja auch an die Hitze in Spanien gewöhnen. Das ist auch schwer. Ich muss mich halt an die Kälte gewöhnen.
Sky Sport: Haben Sie sich schon eine Winterjacke gekauft?
Alcacer: Ich versuche möglichst nicht aus dem Haus zu gehen (lacht).
Sky Sport: Was sind Ihre Ziele?
Alcacer: Wie gesagt: Ich will mich verbessern - mehr Scorerpunkte wären eine tolle Sache für mich. Aber als Mannschaft wollen wir noch ein bisschen mehr erreichen als in der abgelaufenen Saison.