Alkohol- und Sex-Skandal erschüttert Reiternachwuchs
Verfehlungen der Nachwuchsreiter
10.09.2018 | 16:21 Uhr
Nach den Spiegel-Enthüllungen über exzessiven Alkoholgenuss und sexualisierte Gewalt im Lager der deutschen Nachwuchsreiter ist der nationale Verband FN auf der Suche nach dem Ausmaß der Verfehlungen.
"Wir wissen nicht, ob es diese Fälle alle gegeben hat, wir kennen sie nicht alle", sagte FN-Geschäftsführer Soenke Lauterbach am Samstag auf einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz in der FN-Zentrale in Warendorf.
Mädchen mit Alkohol und K.o.-Tropen gefügig gemacht?
Wie der Spiegel eineinhalb Wochen vor der Reit-WM in Tryon/USA (11. bis 23. September) berichtete, sollen junge Reiter aus dem Nationalkader der Springreiter auf Turnieren Mädchen mit Alkohol und womöglich K.o.-Tropfen gefügig gemacht und sexuell missbraucht haben.
Einer der Verdächtigen soll demnach eine junge Frau am Rande eines Reitturniers massiv bedrängt und begrapscht haben. "Der Reiter ist erstinstanzlich mit einer Wettkampfsperre für alle nationalen und internationalen Turniere belegt worden, obwohl er noch nichts rechtskräftig gesperrt worden ist", sagte Lauterbach. Die FN schaltete die Staatsanwaltschaft in Münster ein.
Springreit-Bundestrainer Otto Becker werde den beschuldigten Reiter vorerst nicht mehr für Startplätze nominieren, ergänzte Lauterbach, der betonte: "Wo wir etwas wissen, werden wir handeln, wir wollen dem ein Ende setzen." Der Betroffene bestreitet die Vorwürfe.
Lauterbach ist sich aber sicher, dass es "kein strukturelles Problem des Reitsports" sei. "Es gibt eine Gruppe, die sich teils massiv danebenbenimmt, auch mit Alkohol. Da sind wir sicher. Ich glaube aber, dass es sich hier um eine einzelne Gruppe handelt", sagte der Geschäftsführer.
Verfahren nach exzessivem Alkoholgenuss
Wie FN-Justiziarin Constanze Winter darlegte, habe es in der FN in den "letzten Jahren zwei Verfahren nach exzessivem Alkoholgenuss oder sonstigem Fehlverhalten gegeben. Bei einem dieser Fälle steht mögliche sexualisierte Gewalt im Raum. Hier handelt es sich um ein laufendes Verfahren." Der betreffende Kader-Reiter sei seit 2017 suspendiert. Alle Vorfälle hätten sich im Rahmen von Turnieren ereignet.
Der Verband hatte zuvor bereits betont, dass er sexualisierte Gewalt "aufs Schärfste" verurteile. "Wir haben in den vergangenen Jahren Maßnahmen ergriffen. Dazu gehören Abmahnungen, Kadersuspendierungen, Wettkampfsperren", sagte Lauterbach. Man habe zudem aus voller Überzeugung übermäßigem Alkoholkonsum und sexuellen Übergriffen den Kampf angesagt "und haben seit geraumer Zeit klar durchgegriffen", so Lauterbach.
Constanze Winter betonte, Aufgabe der FN sei es, "Jugendliche zu schulen, auch nein zu sagen, sie stärker zu machen. "Wir müssen aber auch unsere Trainer sensibilisieren, Auffälligkeiten zu erkennen", sagte die Juristin.(sid)