Ausstiegsklauseln im Fußball: Fluch oder Segen für Vereine und Spieler?
Ausstiegsklauseln: Fluch oder Segen?
01.07.2023 | 14:31 Uhr
Der FC Liverpool hat die Ausstiegsklausel von Dominik Szoboszlai gezogen. Ein sportlicher Segen für die Reds, ein Fluch für RB Leipzig – zumindest auf den ersten Blick. Für wen zahlt sich das Modell letztlich wirklich aus?
Nun ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis die Posts mit der Überschrift "Dankeschön, Dominik!" und "Welcome to Anfield, Dominik!" in den sozialen Netzwerken die Runde machen werden. Denn der FC Liverpool darf sich künftig über die Dienste von RB Leipzigs Dominik Szoboszlai freuen - einer Ausstiegsklausel sei Dank.
Segen für Reds - Fluch für RB?
Der Premier-League-Sieger von 2020 sichert sich eine große athletische, antritts- und abschlussstarke Verstärkung für sein Team. Ein echter Segen für Trainer Jürgen Klopp und seine Reds, oder?
Zweifelsfrei, zumindest in sportlicher Hinsicht. Auf der anderen Seite muss Liverpool für Szoboszlai wirklich tief in die Tasche greifen. Wie Sky Transferexperte Philipp Hinze weiß, haben die Verantwortlichen aus Englands Norden bis zuletzt mit den Leipzigern verhandelt und diskutiert, ob mit Hinblick auf die Zahlungsbedingungen noch etwas geändert oder womöglich in Raten gezahlt werden könne.
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Für die Reds war der Transfer keineswegs leicht zu stemmen. Am Ende liegt die tatsächliche Ablösesumme aufgrund der Ausstiegsklausel auch deutlich über Szoboszlais eigentlichem Marktwert, der auf rund 50 Millionen Euro geschätzt wird.
RB Leipzig auf der anderen Seite verliert neben Christopher Nkunku, der sich bereits Chelsea anschloss, die nächste absolute Offensiv-Instanz. Sportlich ist das eine halbe Katastrophe für die Sachsen. Dafür dürfen sich die Bosse über einen gewaltigen Geldregen freuen.
Für wen also zahlt sich das Modell Ausstiegsklausel letztlich wirklich aus?
Götze sorgt für Stunk - Haaland für Zurückrudern
Auf der facettenreichen Suche nach der Antwort lohnt der Blick in die Vergangenheit. Genauer gesagt ins Jahr 2013, als Mario Götze mit seinem spektakulären Wechsel (nur dank einer Ausstiegsklausel in Höhe von 37 Millionen Euro) zu den Bayern für reichlich Verstimmung im Dortmunder Lager sorgte. Die Debatte um die Ausstiegsklausel war so richtig entbrannt.
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"Das hätte man von Bayern-Seite stilvoller machen können, wenn sich etwa Karl-Heinz Rummenigge bei uns vorher gemeldet hätte", monierte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, der die vermeintliche Ungerechtigkeit gleich einmal zum Anlass nahm, um konsequente Maßnahmen zu ergreifen und die Ausstiegsklausel in schwarz-gelben Kreisen in der Folge gänzlich zu verbieten.
Zumindest bis ins Jahr 2020. Dann nämlich hatte selbst Watzke keine andere Wahl, um vom Modell Gebrauch zu machen. "Am Ende des Tages ist die Wahrheit, dass wir ihm eine Ausstiegsklausel gegeben haben", verriet der Boss mit Bezug auf die zuvor vollzogene Verpflichtung von Erling Haaland. Warum der BVB doch wieder in den sauren Apfel beißen musste? "Sonst wäre er zu Manchester United gegangen."
Pro und Contra
An Borussia Dortmund lässt sich die Debatte um die Ausstiegsklausel samt Problematiken und Chancen nicht besser exemplifizieren. Einerseits müssen Vereine - wie nun RB - ihre besten Spieler durch die Klauseln schmerzhaft und unvermittelt ziehen lassen. Und andererseits bekommen Klubs begehrte Akteure - wie der BVB Stürmer-Attraktion Haaland - erst nur durch jene Klauseln.
Die Spieler selbst profitieren in jedem Falle, ihnen sichert das Modell größtmögliche Unabhängigkeit. Sie können eine womöglich einmalige Karrierechance nutzen. Im Gegenzug erhält der abgebende Verein ja auch immerhin eine (teilweise mehr als) angemessene Entschädigung und wird nicht erpressbar.
Ex-DFL-Chef Andreas Rettig wies bereits damals im Zuge des Götze-Transfers auf die positiven Aspekte der Ausstiegsklausel hin. Gerade "für wirtschaftlich schwächere Klubs stellen Ausstiegsklauseln oftmals einen Kapitalersatz dar. Da sind diese Klauseln kein böser Fluch, sondern können eine Chance sein." Im Falle Haaland konnte dadurch sogar für die gesamte Liga ein Mehrwert entstehen. Also: Für wen zahlt sich das Modell Ausstiegsklausel aus? Für alle und keinen?
Europaweit kein einheitliches Reglement
Nun, das Konzept bleibt umstritten. Auch, weil es europaweit noch immer kein einheitliches Reglement in puncto Ausstiegsklausel gibt. So sieht das spanische Arbeitsrecht beispielsweise vor, dass Arbeitnehmer jederzeit aus ihrem Beschäftigungsverhältnis aussteigen können. Das gilt auch für Profi-Fußballer. Deshalb sind die spanischen Vereine sogar gesetzlich dazu verpflichtet, Ausstiegsklauseln in die Verträge ihrer Spieler einzubauen.
Um die Abwerbeversuche anderer europäischer Klubs einzudämmen, werden diese Klauseln mittlerweile jedoch in utopischen Regionen angesetzt. Die ursprüngliche Intention des Spieler-Schutzes verliert so völlig an Gehalt. Diese Regelung gilt auch für Portugal. In Frankreich sind Ausstiegsklauseln dagegen gänzlich verboten. In England und Deutschland sind sie erlaubt, aber nicht gesetzlich verpflichtend.
Schon seit Jahren wird von der UEFA in dieser Hinsicht Einheitlichkeit gefordert. Bis dahin werden die Vereine ihre begehrten Spieler einfach weiterhin ziehen lassen und trauernd Millionen um Millionen als Entschädigung einkassieren müssen - und die Ausstiegsklauseln wohl auch weiter umstritten bleiben...
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