Metzelder macht den Positions-Check zum Top-Duell
04.11.2017 | 13:05 Uhr
Im "Deutschen Clasico" trifft Rekordmeister Bayern München am Samstag (ab 17:30 Uhr live auf Sky Bundesliga 1 HD) auf Dauerverfolger Borussia Dortmund. Sky Experte und Ex-BVB-Profi Christoph Metzelder prüft die beiden Topteams im Formcheck auf Herz und Nieren - und sieht einen klaren Favoriten.
Noch vor vier Wochen präsentierte die Bundesliga-Tabelle ein unerwartetes Bild: Ungeschlagen nach sieben Spieltagen führte Borussia Dortmund die Liga souverän an. Der eigentlich auf den Spitzenplatz abonnierte FC Bayern München dagegen - unter Carlo Ancelotti ins Trudeln geraten - fand sich mit fünf Punkten Rückstand in der ungewohnten Rolle des Verfolgers.
Doch nur einen Monat später steht das Bild auf dem Kopf: "Die Vorzeichen haben sich gedreht", stellt Sky Experte Christoph Metzelder vor dem Gipfeltreffen der deutschen Top-Teams fest. "Nach dem Trainerwechsel sind die Bayern jetzt wieder im 'Beast Modus' und der BVB hat an Fahrt verloren".
Welches Team aktuell besser für das Topspiel gerüstet ist, untersucht Christoph Metzelder in der Analyse der einzelnen Mannschaftsteile:
Beim Vergleich der Torhüter müsse man zwischen "grundsätzlicher Qualität und aktueller Form" unterscheiden, erklärt der Sky Experte: "Roman Bürki ist sicher der bessere Torwart, allerdings hat er momentan nicht die Form wie Sven Ulreich". Der Bayern-Keeper werde zwar nicht so viel geprüft, "aber das, was aufs Tor kommt, hält er momentan sehr gut", sagt Metzelder.
Ulreich profitiere enorm vom "Heynckes-Effekt": "Es war sehr schlau von Jupp Heynckes, zu sagen, 'bis Manuel Neuer wieder fit ist, bist du hier die Nummer eins'. Das Vertrauen zahlt Ulreich aktuell zurück". Roman Bürki habe dagegen mit Problemen zu kämpfen, die sich auch noch mit Spielpech paaren: "Seine kleinen Fehler werden ausgenenutzt, dann kommt er mal zu spät, ist an Elfmetersituationen beteiligt". Fazit: Vorteil Bayern.
In der Defensive sorgt beim BVB nach Metztelders Ansicht vor allem die personelle Situation für herbe Qualitätsverluste: "Aufgrund von Verletzungen und Sperren können sie hier nicht in Bestbesetzung antreten". Vor allem auf den Außenbahnen musste Trainer Peter Bosz immer wieder mit Aushilfslösungen Vorlieb nehmen: "Erst war die linke Seite mit Schmelzer und Guerrero fast durchgehend verletzt - jetzt fehlt Piszczek auf der rechten Seite. Das sind große Verluste", weiß der Sky Experte.
Zumal das System des Trainers besonders für die Abwehrreihe eine besondere Belastung bedeute: "Aufgrund der Spielphilosophie von Peter Bosz stehen sie sehr hoch, kriegen in vielen Situationen nach Ballverlusten aber keinen Druck auf den Ball. Es ist unglaublich schwierig für die vier Jungs da hinten, das in den Griff zu bekommen", weiß der ehemalige Innenverteidiger.
Bei den Bayern dagegen zeige sich auch in der Abwehrreihe ein starker Aufschwung unter Heynckes. Nach dem Trainerwechsel gebe es bei Bayern wieder eine "klare Fokussierung auf defensive Stabilität", stellt Metzelder fest. Die Innenverteidiger Mats Hummels und Jerome Boateng agierten unter Heynckes "absolut überragend und sind mit großer Erfahrung ausgestattet. Dazu Alaba und Kimmich (Anm. d. Red: Kimmich fällt in Dortmund aus) - das ist eine herausragende Viererkette", schwärmt Metzelder. Fazit: Klarer Vorteil Bayern.
Weniger eindeutig fällt der Vergleich im Mittelfeld aus: "Von der Qualität ist das fast auf Augenhöhe. In der Zentrale hat auch Dortmund mit Sahin, Kagawa, Castro oder Götze ganz feine Fußballer", sagt Metzelder.
Der Rekordmeiser verfüge mit Thiago, Vidal und Tolisso über hochklassiges Personal - allerdings mit einem überragenden Mann: "Javi Martinez ist der Turm in der Schlacht, der die Postion vor der Viererkette hält, der in der Luft alles abfängt, der viele Zweikämpfe gewinnt, Pässe unterbindet und aufgrund seiner Ausbildung auch ein guter Fußballer ist", lobt Metzelder.
Im offensiven Mittelfeld ist Arjen Robben nach Metzelders Meinung gesetzt. Auf der linken Außenbahn erwartet er mit Kingsley Coman einen weiteren schnellen Flügelspieler: "Ich kann mir vorstellen, dass sie die Schwäche der Dortmunder auf den Außenpositionen nutzen werden - das würde für Coman und Robben sprechen, die den BVB mit Geschwindigkeit und Dribblings verwunden können". Fazit: Aktuell ist der Vorteil bei den Bayern.
In der Sturmspitze stellen Dortmund mit Pierre-Emerick Aubameyang und die Bayern mit Robert Lewandowski die zwei besten Angreifer der Liga. Auch in dieser Saison machen die beiden das Duell um die Torjägerkanone wohl wieder unter sich aus. Neben der "Speerspitze" Aubameyang habe der BVB mit Spielern wie Yarmolenko, Pulisic oder Philipp aber auch auf den Außenbahnen hochgefährliche Offensivkräfte: "Da sind sie sehr variabel, haben eine hohe Qualität und können auch von der Bank nochmal nachlegen", weiß Christoph Metzelder.
Bei den Bayern sei aufgrund der Verletzungsproblematik aktuell zwar ein "bisschen weniger Qualität vorhanden" - kehrt aber Robert Lewandowski wie geplant nach überstandener Muskelverletzung in die Startelf zurück, ist Bayerns vorderste Angriffsreihe ideal besetzt. Fazit: Unentschieden.
Beim Gipfeltreffen der zwei besten Teams im deutschen Fußball sieht der einstige Weltklasseverteidiger also die Münchner im Vorteil. Trotzdem hofft er auf eine Überraschung: "Die Vorzeichen stehen aktuell eher für den FC Bayern. Ganz persönlich hoffe ich aber, dass der BVB vor heimischer Kulisse wieder in die Spur findet", erklärt Metzelder, der mit Dortmund 2002 die Deutsche Meisterschaft gewann: "Mein Herz gibt da den Ton an".