Bruno Labbadia: Neuer Hertha Coach verzichtet auf Gehalt
Start in Berlin: Labbadia hat "total Bock" - Adler: "Genau der Richtige"
14.04.2020 | 23:41 Uhr
Bruno Labbadia nahm mit einer wohltuenden Mischung aus Ehrgeiz und Demut seine Arbeit bei Hertha BSC auf. Der neue Trainer will die Zukunft gestalten, muss aber zunächst akute Probleme lösen.
Bruno Labbadia verzichtet auf einen Teil seines Gehalts - doch beim Engagement will der neue Trainer von Hertha BSC keine Abstriche machen. "Ich habe total Bock darauf", sagte der frühere Nationalspieler bei seiner Vorstellung am Ostermontag: "Ich kann sagen, dass Hertha mein Wunschverein war, auch schon im Sommer."
"Das wird ein sehr langer Weg"
Damals entschied sich der ambitionierte Hauptstadtklub gegen den oft als "Feuerwehrmann" verkannten Labbadia - was angesichts der gescheiterten Trainer Ante Covic, Jürgen Klinsmann und Alexander Nouri als großer Fehler betrachtet werden darf. Doch zurückblicken will Labbadia nicht: "Ich bin hier angetreten, um die Zukunft zu gestalten."
Die Gegenwart ist jedoch bestimmt durch die Coronakrise, die auch die neureiche Hertha finanziell bedroht. Deswegen verzichtet Labbadia bis zum Ende der Spielpause "auf weite Teile seines Gehalts", wie Manager Michael Preetz verriet: "Das ist eine tolle und bemerkenswerte Geste und zeigt, dass er auch in dieser Situation sehr reflektiert die Gesamtzustände in der Gesellschaft und im Fußball im Blick hat."
In der Tat wirkte Labbadia bei seinem ersten Auftritt als Hertha-Trainer nach neun Monaten Pause im Fußballgeschäft sehr reflektiert, klar und aufgeräumt. Der 54-Jährige fand bei der Pressekonferenz, die aus Sicherheitsgründen mit nur sechs ausgewählten Journalisten stattfand, das richtige Maß aus Aufbruchstimmung und Demut. "Das wird ein sehr langer Weg", sagte er: "Es ist nicht so, dass wir mit dem Finger schnipsen und alles kommt von alleine."
"Ziel ist, die Mannschaft auf den Tag X optimal vorzubereiten"
In seiner ersten Trainingseinheit am Montag wollte Labbadia den Spielern, die in Dreiergruppen auf dem Platz standen, bereits seine Spielidee vermitteln. Doch Labbadia sieht sich durch die Auflagen der Behörden in einer schweren Mission. "Ich kann keinen die Hand geben, keinen in den Arm nehmen", sagte er: "Wir müssen jetzt in Lösungen denken. Mein Ziel ist, die Mannschaft auf den Tag X optimal vorzubereiten."
Dabei ist Labbadia auch als Psychologe gefragt. Die Coronakrise und die drei Trainerentlassungen hätten die Spieler "voll" getroffen, so Labbadia: "Ich frage mich die ganze Zeit: Was ist mit der Mannschaft los? Wie fühlen sich die Spieler damit?"
Eigentlich wollte Labbadia, dessen Schwester und Tochter in Berlin lebten, keinen Klub während der Saison übernehmen. Doch für Hertha machte er eine Ausnahme. Mittelfristig soll das Team unter seiner Regie wieder leidenschaftlicher und aggressiver auftreten. "Fußball ist ein geiles Spiel. Ich will, dass wir das auch leben", sagte der gebürtige Darmstädter.
Adler: Labbadia genau der richtige Mann zur rechten Zeit bei der Hertha
Sky Experte Rene Adler ist voll des Lobes für den neuen Coach der "Alten Dame": "Ich bin nicht nur Fan von Bruno Labbadia als Trainer, sondern auch als Mensch. Er hat sich extrem entwickelt. Er hinterfragt sich auch immer wieder selbst. Bruno ist einfach ein brutal harter Arbeiter, der immer das Stück mehr gemacht hat, und das verlangt er auch von seinen Profis."
Und weiter: "Aber ich glaube, dass er über die Jahre gelernt hat, dass nicht jeder Profi gleich ist, und dass er da ein gutes Gespür entwickelt hat, wann muss ich anziehen und wann muss ich die Zügel ein Stück lockerlassen, ohne das große Ganze, ohne den Erfolg des Vereins oder des Teams zu gefährden. Deswegen glaube ich, dass Bruno Labbadia jetzt genau der richtige Mann zur rechten Zeit bei der Hertha ist."
Chemie zwischen Labbadia und Preetz stimmt
Mit Investor Lars Windhorst führte Labbadia zwar noch kein Gespräch, aber dessen hochgesteckten Ziele ("Big City Club") sind ihm natürlich bekannt. Mit der Erwartungshaltung könne er sehr gut umgehen. Er habe Mannschaften im Existenzkampf trainiert, "im Vergleich dazu ist der Druck hier zwar kein Pillepalle, aber er ist ein positiver Druck".
Angetan war Labbadia von den Gesprächen mit Manager Preetz. Bei seiner letzten Stadion beim VfL Wolfsburg stimmte die Chemie zwischen ihm und Sportchef Jörg Schmadtke überhaupt nicht, vor allem deshalb musste er dort seinen Posten räumen. Zuvor hatte Labbadia den VfL aber zuerst in der Relegation 2018 gegen Holstein Kiel vor dem Sturz in die Zweitklassigkeit gerettet und danach zu einem Europacup-Anwärter geformt.
Ähnliches soll er nun auch bei Hertha vollbringen.