Bundesliga: Matthäus über FC Bayern, Nagelsmann, Cancelo und Meisterkampf
Würde meine Hand nicht einmal für einen Bayern-Titel ins Feuer legen
31.01.2023 | 16:06 Uhr
Sky Experte Lothar Matthäus blickt in seiner Kolumne "So sehe ich das" auf die Leistungen des FC Bayern, Winter-Zugang Joao Cancelo, die Situation von Trainer Julian Nagelsmann und die Konkurrenten im Kampf um die Deutsche Meisterschaft.
Dem FC Bayern fehlt aktuell eine ganze Menge. Und damit meine ich nicht nur die Punkte, die sie Woche für Woche liegen lassen.
Spätestens nach dem Unentschieden gegen Frankfurt habe ich mir gedacht, dass mir diese legendären Pärchen fehlen, die über all die Jahre das Spiel des FC Bayern geprägt haben.
Müller und Lewandowski. Alaba und Ribery. Lahm und Robben. Hummels und Boateng. Aktuell gibt es noch Kimmich und Goretzka als kongeniales Element. Bei diesen Spielern war es so, dass jeder blind wusste, was der andere macht und sie so die Gegner beherrscht haben.
Kontrolle auf dem Feld? Nicht zu erkennen
Heute beherrscht diese Mannschaft selten den Kontrahenten. Abstimmung, Spielwitz, Hierarchie und damit auch Kontrolle auf dem Feld sind nicht zu erkennen. Man hatte Spieler, die Laufwege und Aktionen der Kollegen aus dem Effeff kannten. Heute ist das überhaupt nicht mehr der Fall. Gefühlt wissen heute dafür die Gegner, wie man gegen Bayern spielen muss, damit nicht allzu viel passiert. Und das darf nicht sein.
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Gerade in schwierigeren Phasen ist es wichtig, eingespielt zu sein. Heute spielt mal Sane und dann wieder Coman, oder Gnabry und irgendwo Müller, Musiala und irgendwann wieder Mane. Manchmal habe ich das Gefühl, dass Nagelsmann permanent Kompromisse eingeht, weil so viele Spieler einen großen Namen haben und er alle bei Laune halten will.
Stückwerk statt Uhrwerk
Ich bin ein großer Freund davon, dass ein Trainer einen festen Stamm aus zwölf, dreizehn Spielern hat und daraus etwas entsteht. Dann spielt eben Sane fest auf links und der Ersatzmann kommt immer in der 65. Minute. Ja, sie haben Verletzte, das haben andere aber auch - und außerdem haben sie eine Menge Geld investiert. Vor allem in die Defensive. Aber auch da wirkt alles steif und sieht eher nach Stückwerk statt Uhrwerk aus.
Vielleicht hilft ja Cancelo von Manchester City. Auf den ersten Blick eine richtig tolle Verstärkung. Wenn er sich an Team und Verein anpasst, könnte er enorm helfen.
Robben und Ribery waren Woche für Woche Giganten in Rot
Nochmal zurück zu den Pärchen: Vor ein paar Jahren war es so: Wenn Robben in die Mitte zog, hat Lahm ihn hinterlaufen. Ribery wusste immer, Alaba sichert mich ab. Ganz davon abgesehen, dass Robben und Ribery permanent das Publikum von den Sitzen gerissen haben. Diese Männer waren mit Sicherheit keine kleineren Egoisten als die heutige Generation, aber die haben sich zerrissen für das Bayern-Trikot. Ja, die sind sich auch mal an die Gurgel gegangen. Aber auf dem Feld waren das Woche für Woche Giganten in Rot.
Sane, Gnabry und die anderen sind natürlich auch richtig gute Fußballspieler, aber der Charakter ist ein ganz anderer. Sane winkt zu oft ab, wenn er nicht den Ball aufs Füßchen bekommt. Das zahlt irgendwann mal auf die Stimmung ein. Und auch das scheint mir ein großes Thema momentan in München. Wie ist wohl die Stimmung bei Sven Ulreich? Stets tadellos und mehr als nur ordentlich in seinen Leistungen, und man setzt ihm Yann Sommer vor die Nase.
So viele Baustellen, so wenig Ruhe
Nicht falsch verstehen. Sommer ist ein wunderbarer Torhüter und einer der besten der Liga. Und ich verstehe jeden, der sagt: Die Bayern wollen die Champions League gewinnen und der schwere Ausfall von Manuel Neuer muss so gut es geht kompensiert werden. Aber dann frage ich mich: Wenn man für den besten Keeper der Welt annähernd adäquaten Ersatz verpflichtet, wieso dann nicht auch für den besten Stürmer der Welt?
Ich mag Choupo-Moting sehr. Als Typ, Mensch und auch als Spieler. Und das ist auch nicht respektlos gemeint. Aber es ist dann schon eine ganz andere Hausnummer, wenn Lewy vorne drin steht. Sollte er in den nächsten ein, zwei Spielen auch kein Tor machen, hat man die nächste Diskussion an der Säbener Straße. Genauso wie mit Gucci und Gnabry. Aber dazu habe ich alles gesagt. Das war mir viel zu hart und unangemessen in dieser öffentlichen Form. Die Schärfe war so nicht angebracht. Das hat er nicht verdient. Theater um Torwart-Trainer Tapalovic gab es auch noch. So viele Baustellen, so wenig Ruhe.
Bei Pokal-Aus wird es noch ungemütlicher
Die allergrößte Diskussion wird es geben, wenn die Ziele ins Wanken geraten oder gar nicht mehr erreicht werden können. Und Stand jetzt würde ich meine Hand nicht einmal für einen Titel der Bayern ins Feuer legen. Wenn man im Pokal in Mainz ausscheidet, wird es noch ungemütlicher für Nagelsmann als ohnehin schon. Den schönen Vorsprung hat man durch drei Unentschieden zum Großteil verspielt.
Leipzig ist die größte Gefahr für den FCB
Union ist nur noch einen Punkt dahinter und wahnsinnig konstant. Dem tollen Klub aus Berlin ist alles zuzutrauen. Aber ich sehe RB Leipzig als ernsthaftesten Konkurrenten um den Titel. Beim BVB gibt es diese Inkonstanz, aber wenn sie die ablegen…
Leipzig ist für mich mit Marco Rose und dem breiten, starken Kader die größte Gefahr für den FCB.
Es war klar, dass es schwer werden wird, wenn sowohl die beste Nummer 1 als auch die beste 9 nicht mehr auf dem Platz stehen. Lewandowski und Neuer waren die größten Garanten für den Erfolg der letzten Jahre. Die kann man nicht ersetzen.
Mal sehen, ob die schöne Idee, sich gemeinsam zum Team-Essen zu treffen Früchte trägt. Ich finde das generell richtig und gut. Wir haben das früher öfter gemacht, auch ohne Trainer. Dann kann man offen diskutieren und sich auch mal die Meinung sagen und am Wochenende wieder miteinander kämpfen und siegen. Es sind keine leichten Wochen für Bayern München und mit Mainz, Wolfsburg und Paris warten richtig unangenehme und schwere Spiele. Ich traue Julian Nagelsmann und seiner Mannschaft alles zu. Sie können jeden schlagen. Aber es gab Zeiten, da war ich mir sicherer, dass sie in diesen Spielen als Sieger vom Platz gehen….
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