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Bundesliga: Peter Neururer im Sky Interview über Schalke & Bochum

Sky exklusiv || S04 oder VfL? Neururer: "Habe die große Hoffnung, dass ..."

Peter Neururer im exklusiven Sky Interview.
Image: Peter Neururer spricht im exklusiven Interview mit skysport.de über seine Herzensvereine Schalke und Bochum.  © DPA pa

Die Gemütslage bei Peter Neururer ist angespannt. Seine Herzensvereine Schalke 04 sowie der VfL Bochum kämpfen ums Überleben. Im Interview mit skysport.de blickt der Kult-Trainer auf den Abstiegsshowdown, kritisiert das Verhalten einiger S04-Profis sowie die Schalker Transferpolitik.

skysport.de: Herr Neururer, wie muss man sich Ihre Gemütslage so kurz vor dem 34. Spieltag vorstellen?

Peter Neururer: In mehrere Richtungen. Der 1. FC Köln war zu Kindheitszeiten mein Traumverein. Jetzt spielt der Effzeh gegen Bayern München und nach langer Zeit bei der Entscheidung um die Deutsche Meisterschaft mal wieder eine Rolle. Wobei die, die das Heft in der Hand haben, 90 Kilometer weiter entfernt in Dortmund sind. Und zwar mit der wahrscheinlich einmaligen Möglichkeit - auch in den nächsten zehn Jahren - aus eigener Kraft Deutscher Meister zu werden. Aber Mainz fährt da nicht zum Feiern hin, das ist meine Hoffnung.

skysport.de: Inwiefern?

Neururer: Ich bin Ruhrpottler durch und durch und innerhalb des Ruhrpotts habe ich die Vereine vertreten, die dominant blau-weiß waren. Wenn jetzt Bochum und Schalke am letzten Spieltag Gefahr laufen, die Liga verlassen zu müssen oder möglicherweise nur einen Relegationsplatz belegen - und gleichermaßen könnte ein paar Kilometer entfernt Dortmund die Meisterschaft feiern, kann man sich vorstellen, dass mein fußballerisches Innenleben natürlich arg zerrissen ist.

skysport.de: Schalke muss als Vorletzter auf Patzer der Konkurrenz hoffen und selbst in Leipzig punkten. Ist es ein Vorteil, dass es für RB quasi um nichts mehr geht?

Neururer: Das ist die große Frage. Thomas Reis kennt solche Situationen aus unseren gemeinsamen Zeiten in Bochum. Er hat solche Dinge schon öfters miterlebt, dass wir am letzten Spieltag gegen Mannschaften gespielt haben, für die es um gar nichts mehr ging. Er weiß auch, dass Leipzig insgesamt um eine Klasse besser besetzt ist, doch wir haben es schon häufig erlebt, dass solche Spiele, in denen es um alles geht, ungeahnte Kräfte freisetzen können.

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skysport.de: Sie selbst waren als Trainer schon häufiger im Abstiegskampf involviert und sind daher ein Experte: Wie sehr sollte man sich während des Spiels mit den Ergebnissen auf den anderen Plätzen befassen?

Neururer: Gar nicht. Was die anderen da machen, ist völlig egal. In erster Linie sollte man den Fokus auf die eigene Leistung legen. Taktieren ist im Prinzip nur dann möglich, wenn du klar führst. Dann kann ein Blick auf die Zwischenergebnisse der Konkurrenz hilfreich sein, beispielsweise in der Endphase des Spiels.

skysport.de: Ein großes Thema bei Schalke ist derzeit die Torwart-Situation. Nach dem Patzer von Alexander Schwolow gibt es Hoffnungen auf ein Comeback von Ralf Fährmann in Leipzig …

Neururer: Zunächst einmal: Was nach dem Fehler von Schwolow auf dem Platz teilweise passiert ist, hat mit Schalke und Profifußball nichts zu tun. Die Verhaltensweise des einen oder anderen Spielers war unterirdisch und ein absolutes No-Go. Ob Ralf (Fährmann, Anm. d. Red.) jetzt wieder zurückkommt oder nicht, ist für den Ablauf des Spiels meines Erachtens unerheblich. Für den Fall, dass er zurückkommt und den Punkt festhält, den Schalke braucht, könnte er zum unsterblichen Helden des Vereins werden. Das ist der einzige Aspekt.

skysport.de: Mit Reis verbindet Sie eine gemeinsame Vergangenheit. Wie bewerten Sie seine bisherige Arbeit bei den Königsblauen?

Neururer: "Reisi" war mein Spieler sowie Co-Trainer und leistet wie zuvor in Bochum auch auf Schalke großartige Arbeit. Er hat den Verein auf Platz 18 liegend in einer fast aussichtslosen Lage übernommen, aber in Verbindung mit den Winter-Neuzugängen seine Trainerqualitäten unter Beweis gestellt und für einen unglaublichen Umschwung gesorgt.

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skysport.de: Dabei gibt es durchaus Parallelen zu Thomas Letsch. Auch er hat Bochum auf Platz 18 übernommen und eine Aufbruchstimmung erzeugt, zudem kommen sie fast auf denselben Punkteschnitt (Reis: 1,14 Punkte / Letsch 1,19 Punkte). Wie schätzen Sie die Arbeit des Bochumer Trainers ein?

Neururer: Letsch ist auf ein Team gestoßen, das nach sieben Spieltagen nur einen Punkt gesammelt und als Letzter sicherlich kein großes Selbstvertrauen hatte. Aber er kommt mit seiner Art innerhalb des Vereins gut an. Ehemalige Weggefährten aus Bochum berichten ausschließlich positiv über ihn, seine Verhaltensweise hat eine unglaubliche hohe Akzeptanz. Dann kommst du in einen Lauf, der durch unnötige Heimniederlagen wie gegen Schalke oder Stuttgart unterbrochen wurde. Wenn das nicht der Fall gewesen wäre, dann wäre das Wunder bereits vollbracht. Aber letztlich haben beide Klubs noch ihr Ziel vor Augen.

skysport.de: Was sagen Sie zu folgender These: Ein früherer Reis-Wechsel - schon im Sommer - hätte sowohl Schalke als auch Bochum mehr geholfen.

Neururer: Der These stimme ich nicht zu. Bochum hätte es nicht geholfen, weil Reis zu dem Zeitpunkt genau der richtige Trainer war. Schalke hätte es auch nicht geholfen, weil diejenigen, die die Mannschaft am Anfang der Saison zusammengestellt haben, an der aktuellen Situation schuld sind.

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skysport.de: Damit meinen Sie Ex-Sportdirektor Rouven Schröder?

Neururer: Unter anderem, aber Rouven war das nicht allein. Natürlich gab es finanzielle Zwänge, aber mit Blick auf die Sommertransfers haben einzig Tom Krauß und Alex Kral überzeugt. Schalke 04 ist die einzige Mannschaft, die nach einem Aufstieg nochmal geschwächt worden ist. Wie soll da ein Trainer den Klassenerhalt mit schaffen? Auch wenn die Verantwortlichen für die finanziellen Gegebenheiten nichts können: Das, was sie daraus gemacht haben, war unzulänglich.

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skysport.de: Der erneute Gang in die 2. Liga wäre fatal für Schalke. Wäre der Abstieg sogar noch schlimmer einzustufen als der von 2021?

Neururer: Eines vorweg: Schalke 04 steht immer wieder auf, aber der Abstieg wäre um ein zigfaches schlimmer als der von vor zwei Jahren. Viele Spieler würden den Klub wieder verlassen und man müsste fast wieder bei Null anfangen. Der sofortige Wiederaufstieg wäre daher alles andere als selbstverständlich und was es bedeutet, mehr als ein Jahr den Aufstieg nicht zu schaffen, sieht man am Beispiel des HSV. Das kannst du irgendwann finanziell nicht mehr auffangen. Das Einzige, worauf sich die Schalker weiterhin verlassen können, sind die Fans.

skysport.de: Die Fans sind die große Konstante bei S04. Wie elementar wäre Kontinuität auf Schlüsselpositionen wie dem Trainerposten?

Neururer: Es wäre wunderbar, wenn der Trainer auch bei einem Abstieg weiterhin Thomas Reis heißen würde. Aber er muss auch imstande sei, wirklich etwas aufzubauen. Im Augenblick wird nichts aufgebaut, da werden nur Löcher gestopft. Ich hoffe, dass er Spieler mit Potenzial bekommt, mit denen er mittelfristige Ziele erreichen kann.

skysport.de: Was würde der Bundesliga durch einen Schalke-Abstieg abhandenkommen?

Neururer: Sollte Schalke absteigen, fehlen pro Auswärtsspiel 10.000 bis 15.000 Zuschauer, die die langen Reisen auf sich nehmen, um ihre Mannschaft zu unterstützen und für eine überragende Atmosphäre sorgen. Darüber hinaus würden dem Ruhrgebiet und der Bundesliga zwei weitere Derbys wegfallen.

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skysport.de: Hinlänglich bekannt ist Ihre Liebe zum VfL Bochum, der 23 seiner 31 Punkte zuhause geholt hat. Ist es ein Vorteil, dass der VfL am letzten Spieltag Leverkusen im Ruhrstadion empfängt?

Neururer: Das macht garantiert eine Menge aus. Ich bin mir sicher: Was vor dem Spiel in Bochum abgehen wird, wird seinesgleichen suchen. Da steht eine ganze Stadt in Blau und Weiß hinter ihrer Mannschaft. Da wird jeder einzelne Fan alles reinhauen, was er drin hat - und das wird auch die Mannschaft tun. Die Leverkusener werden da möglicherweise etwas erschrocken sein.

skysport.de: Was würde ein drittes Jahr Bundesliga in Folge für den VfL Bochum bedeuten?

Neururer: Wenn Bochum in diesem Jahr drinbleibt - und ich bin davon überzeugt, dass sie mindestens 16. werden - haben sie eine Basis gelegt, auf der der VfL endlich mal das angreifen kann, was er mal war: unabsteigbar zu werden. Aber dafür muss man jetzt den Klassenerhalt schaffen.

skysport.de: Nicht wegzudenken ist Anthony Losilla, der mit seinen 37 Jahren eine der großen Stützen ist. Sie haben ihn 2014 von Dresden nach Bochum geholt. Was hebt ihn von anderen Spielern ab?

Neururer: Anthony hat immer noch die besten Werte, die man sich vorstellen kann. Er spielt vom ersten Tag an, als er hierhergekommen ist, bis zum heutigen Tag ohne Qualitätsverlust. Er ist ein unheimlich sachlicher Typ, der trotzdem Emotionen vernünftig orten kann. Kurzum: Ein nicht auf Kohle geborener, überragender Ruhrpottler.

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skysport.de: Sie selbst haben als Trainer viele Abstiegskämpfe miterlebt. Welche Fehler sollte man in der Vorbereitung auf den letzten Spieltag tunlichst vermeiden?

Neururer: Bloß nicht über eigene Schwächen reden. Bloß keine Versagensängste aufkommen lassen. Das, was man an Stärken hat, in den Vordergrund schieben. Den Gegner würde ich gar nicht beachten. Nur bei Standardsituationen Zuteilung vornehmen, alles andere wird im Raum aufgenommen. Und dann geht's los.

skysport.de: Abschließend eine Prognose zum Abstiegskampf: Wie wird es am Ende ausgehen?

Neururer: Ich habe eine große Hoffnung: Bochum gewinnt, Schalke gewinnt, Stuttgart verliert und Augsburg verliert. Aber ich befürchte, dass alles so bleibt, wie es momentan ist.

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