Bundesliga: Union Berlin nach Sieg über RB Leipzig weiter im Titelkampf
Trotz Langholz & Chancenwucher: Union hält sich im Titelkampf
12.02.2023 | 13:56 Uhr
Union Berlin hat seine Ansprüche im Meisterschaftsrennen nach dem Sieg über RB Leipzig untermauert. Im Gegensatz zu den anderen Spitzenteams brillieren die Eisernen dabei mit einer kuriosen Statistik.
Euphorie herrschte bereits im Mai 2019 in Berlin-Köpenick. Union hatte dem VfB Stuttgart an der Alten Försterei im Rückspiel der Relegation ein 0:0 abgerungen und den ersten Bundesliga-Aufstieg der Vereinsgeschichte besiegelt. Die Fans stürmten den Rasen, feierten ausgelassen mit den Spielern und malten sich frohlockend die Duelle mit so manchem Bundesliga-Schwergewicht aus.
Etwas mehr als dreieinhalb Jahre später hat das Ausmaß an Euphorie ganz neue Dimensionen im Berliner Süd-Osten erreicht. Mit dem jüngsten 2:1-Erfolg gegen RB Leipzig feierten die Eisernen bereits den sechsten Sieg im sechsten Spiel 2023 und rangieren nach dem 20. Spieltag einen Punkt hinter dem großen FC Bayern auf dem zweiten Tabellenplatz. Doch damit nicht genug: Am kommenden Donnerstag reisen die Berliner im Zuge der Europa League zu Ajax Amsterdam, der Klub steht im DFB-Pokal-Viertelfinale und mit Isco wäre ein fünfmaliger Champions-League-Sieger um ein Haar ein Union-Spieler geworden.
Union greift nach den Sternen
Die Berliner Fans träumen von einer Meisterschaft und auch die Klub-Verantwortlichen müssen sich beinahe wöchentlich Fragen zur Titelreife gefallen lassen. Während Urs Fischer nach dem Leipzig-Coup meinte, dass "der Wahnsinn" weitergeht und eingestand, dass eine mögliche Meisterschaft "aufgrund der Tabelle" möglich wäre, nahm Christopher Trimmel, wenn auch scherzhaft, das M-Wort gar selbst in den Mund.
Union Berlin ist zu einem Spitzenklub gereift und greift nach dem Sieg über RB Leipzig, das zuvor 18 Spiele lang ungeschlagen war, weiter nach den Sternen. Doch wie ist es möglich, dass sich die Berliner so eisern in der Tabellenspitze festgesetzt haben?
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Großchance? Nein, danke
In der laufenden Bundesligaspielzeit erzielten die Köpenicker 35 Tore, ein solider Wert, der im oberen Tabellendrittel der Liga einzuordnen ist. Die Art und Weise dieser geschossenen Treffer ist dabei jedoch schon beinahe eine Sensation. Denn mit gerade einmal 17 erspielten Großchancen befindet sich Union auf dem allerletzten Tabellenplatz der Bundesliga.
Beinahe noch kurioser ist aber die Verwertung dieser wenigen Möglichkeiten. Die Berliner sind nicht etwa extrem effizient, sondern nutzten lediglich fünf der 17 Möglichkeiten - 30 von 35 Toren entstammen nicht von einer Großchance. Ausschlaggebend hierbei ist unter anderem die außergewöhnliche Standardstärke der Unioner. Alleine nach Eckbällen durften die Köpenicker in der laufenden Spielzeit neun Treffer bejubeln.
Mit "Langholz" zum Erfolg
Doch auch weitere Statistiken lassen aufhorchen. Sowohl Passgenauigkeit als auch Ballbesitz geben Hinweise auf die Spielweise der Berliner, denn die Köpenicker scheinen auf beides keinen sonderlichen Wert zu legen und befinden sich bei diesen Parametern ebenfalls lediglich im unteren Tabellendrittel der Bundesliga. Viel mehr scheint das Berliner Erfolgsrezept "Langholz" zu heißen. Beim knappen 2:1-Sieg über die Leipziger gingen fast 50 Prozent der gespielten Pässe nach vorne, bei RB gerade einmal die Hälfte davon.
Union Berlin hat in der Bundesliga einen eigenen Spielstil etabliert, der von Erfolg gekrönt ist. "Die spielen einfach jeden Ball lang und weit und überspielen das Pressing, [...] wo dann eben auch mal Bälle runterfallen und Union hat in dieser Saison dann das unfassbare Matchglück", analysierte Sky Reporter Philipp Hinze.
Kompakte Defensive
Neben dem erfolgreichen "Langholz" brillieren die Berliner dabei aber auch in weiteren Bereichen. Während nur die Bayern noch weniger Gegentore als die kompakt verteidigende Union-Defensive zuließen, überzeugten die Köpenicker auch mit mentaler Stärke. Alleine im Jahr 2023 drehte Union Berlin mit der Partie gegen RB bereits zum vierten Mal einen 0:1-Rückstand in einen Sieg um.
Die Berliner stehen als Team zusammen, wie Urs Fischer anführte: "Um gewisse Dinge wettzumachen, brauchst du auch diese Solidarität und diesen Teamgeist [...] Die Mannschaft bewegt sich immer am Limit und dadurch sind solche Siege wie heute auch möglich." Auch der Wirbel um den Beinahe-Transfer von Weltmeister Isco brachte die Eisernen nicht von ihrer Erfolgsspur ab.
Kruse glaubt an Champions League
Wie sehr die Mannschaft zusammensteht, betonte auch der ehemalige Union-Spieler Max Kruse im Sport-1-Doppelpass. "Kein Spieler steht über dem Verein. [...] Die gehen zu sechst, zu siebt, zu acht essen. Das gibt es in anderen Vereinen einfach nicht", berichtete der 34-Jährige und machte eine Ansage: "Ich weiß nicht, ob es am Ende für einen Titel reicht. Aber ich bin mir sicher, dass es mindestens die Champions League wird".
Aus dem einst überraschenden Aufsteiger ist bereits nach drei Jahren selbst ein Bundesliga-Schwergewicht geworden. Union Berlin hat in der Bundesliga seinen eigenen Spielstil etabliert und überzeugt mit Teamgeist und mentaler Stärke. Im Berliner Südosten herrscht nicht mehr nur Euphorie, in Köpenick weht ein Hauch von Meisterschaftswind.