Niclas Füllkrug: Vom Lückenfüller zum BVB-Hoffnungsträger
19.10.2023 | 21:54 Uhr
Nach einer als Aufsteiger erfolgreichen Saison mit Werder Bremen, die am Ende mit der Torjägerkanone für 16 erzielte Treffer gekrönt wurde, wechselte Niclas Füllkrug zu Borussia Dortmund. Seinen kongenialen Sturmpartner Marvin Ducksch ließ er zurück. Zusammen bildete man mit kumulierten 28 Saisontoren die gefährlichste Doppelspitze der Liga.
Am Freitagabend (ab 20:30 Uhr im Liveticker bei skysport.de) treffen die liebevoll getauften "Hässlichen Vögel" Füllkrug und Ducksch das erste Mal nach Füllkrugs Abgang zum BVB aufeinander. Die Vorzeichen könnten jedoch unterschiedlicher kaum sein: Ducksch befindet sich mit Werder Bremen in einer erheblichen Ergebniskrise, Füllkrug dagegen spielt Champions League und ist die neue deutsche Sturmhoffnung für die Heim-Europameisterschaft 2024.
Dieser kometenhafte, wenngleich späte Aufstieg des inzwischen 30-jährigen Füllkrug bringt so manchen Fußball-Romantiker ins Schwärmen. Dennoch war sein Wechsel nach Dortmund nicht für jeden nachvollziehbar: Trotz der vermutlich attraktiveren finanziellen Bezüge und des Charmes der Champions League-Hymne, erwartete ihn beim BVB auf der einzigen Mittelstürmer-Position im schwarz-gelben System lediglich die Jokerrolle. Hinter dem nach seiner Krebserkrankung wiedererstarkten Sebastien Haller war Füllkrug als Stürmer Nummer zwei eingeplant.
Von Hallers starker Form der vergangenen Rückrunde ist mittlerweile nicht mehr viel übrig. In allen sieben bisherigen Bundesliga-Spielen stand der Ivorer auf dem Platz, eine Torbeteiligung konnte der 29-jährige jedoch noch nicht verbuchen. Füllkrug hingegen lieferte: Nach drei ordentlichen Leistungen als Einwechselspieler wurde er mit dem Startelfeinsatz gegen Wolfsburg belohnt und ist seitdem unter Trainer Edin Terzic gesetzt, der in den höchsten Tönen vom "positiven Menschen" Füllkrug spricht.
Nach seinem Start als Backup-Stürmer ist Füllkrug nun auf dem besten Weg, Publikumsliebling in Dortmund zu werden. Zahlen und Tore sind hierbei nicht zwingend im Mittelpunkt: Drei Torbeteiligungen in sechs Spielen sind für einen Neuzugang zwar beachtenswert, jedoch nicht außergewöhnlich.
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Stattdessen begeistert der gebürtige Hannoveraner durch unbändigen Willen, vollen Einsatz in jedem Zweikampf und die glaubwürdige Freude am Erfolg der Mannschaft, selbst wenn er keinen maßgeblichen Anteil daran hat. Sinnbildlich hierfür steht ein Konter der Dortmunder im Spiel gegen Union Berlin: Anstatt den Pass von Marco Reus zu fordern, zeigt Füllkrug wild gestikulierend an, er solle den Ball nach rechts, auf den besser positionierten Julian Brandt spielen. Reus befolgt die Anweisung, Brandt erzielt den Führungstreffer zum 3:2. Weder Vorlage noch Tor gehen auf das Konto von Niclas Füllkrug, das Tor gehört dennoch zu einem gewissen Teil ihm.
"Niclas hat sich sehr gut eingefügt, ihr merkt, glaube ich, in jedem Interview, was für ein positiver Mensch er ist", sagte Terzic am Donnerstag auf der Pressekonferenz. "Er hat uns in den letzten Einsätzen mit seiner Qualität und seiner Aktivität im Spiel sehr geholfen. Er wird immer mehr und mehr ins Spiel integriert, hat immer mehr Bindung bekommen. Wir haben versucht, ein paar Dinge anzupassen, um unsere Mittelstürmer besser ins Spiel zu bekommen. Davon hat er profitiert."
Neben sportlich guten Leistungen ist Füllkrug vor allem aufgrund seiner Persönlichkeit in kürzester Zeit zum Führungsspieler geworden. Und das nicht nur beim BVB: Auch in der Nationalmannschaft ist er aus der ersten Elf nicht mehr wegzudenken. Zwar ist seine Quote im Trikot mit dem Adler auf der Brust bislang überragend (neun Tore/zwei Vorlagen in elf Spielen), was aber vor allem zählt, ist das Gefühl der Fans, endlich wieder einen "echten Neuner" zu haben.
Und spätestens nach Füllkrugs mitreißender Ansprache vor dem WM-Gruppenspiel gegen Spanien (zu sehen in der DFB-Doku "All or Nothing") ist klar: Der traut sich was zu! Während gestandene Nationalspieler mit teilweise mehr als 100 Länderspielen schwiegen, ergriff DFB-Newcomer Füllkrug das Wort und motivierte das Team zur besten Mannschaftsleistung des Turniers. Den Treffer zum 1:1-Ausgleich erzielte er obendrein selbst und war bei der Weltmeisterschaft in Katar einer der wenigen Lichtblicke des deutschen Teams.
Bei Borussia Dortmund trägt Füllkrug zwar die 14, jedoch erfüllt er die Rolle des Neuners in seinen bisherigen Einsätzen äußerst zufriedenstellend. Bleibt zu hoffen, dass sich die Mehrzahl an Spielen und die vielen englischen Wochen aufgrund der Champions League und Nationalmannschaft nicht negativ auswirken.
Immer wieder hatte Füllkrug in seiner Karriere mit langwierigen Verletzungen zu kämpfen und verpasste allein in der vergangen Spielzeit sechs Spiele inklusive des Saisonfinals aufgrund von Wadenproblemen. "Wir hoffen, dass er gesund bleibt, wenn er jetzt in den nächsten drei Wochen sieben Spiele vor der Brust hat. Das ist etwas, was er so aus der Vergangenheit nicht kannte", so Terzic.
Auch wenn Füllkrug bei Borussia Dortmund nicht einen Rekord nach dem anderen brechen sollte, so könnte er am Ende doch der sportliche und vor allem menschliche X-Faktor werden, der dem BVB den so sehnlichst gewünschten Erfolg bringen kann. Zunächst steht jedoch das Spiel gegen die "alte Liebe" Werder Bremen an, bei dem Füllkrug besser auf die Menschlichkeit verzichten sollte.
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