BVB: Schiedsrichter Sascha Stegemann spricht bei Sky

Schiri Stegemann gesteht: "Falsche Entscheidung getroffen"

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Schiedsrichter Sascha Stegemann exklusiv bei Sky Sport zum nicht gegebenem Elfmeter beim Spiel VfL Bochum gegen Borussia Dortmund.

Schiedsrichter Sascha Stegemann wurde nach dem 1:1 zwischen dem VfL Bochum und Borussia Dortmund scharf von den BVB-Verantwortlichen kritisiert. Der Unparteiische äußert sich bei Sky zu den strittigen Szenen, gesteht einen Fehler ein und erläutert die Kommunikation mit dem VAR.

Schiedsrichter Sascha Stegemann bei Sky …

… darüber, wie viel er von der medialen Kritik nach dem Spiel wahrgenommen hat:

"Das ein oder andere wird einem natürlich zugespielt, dagegen kann man sich nicht wehren. Auch was in den entsprechenden Gazetten am Abend oder dann am Morgen danach zu finden ist. Allerdings gehört das zu unserem Job, wenn eine Fehlentscheidung getroffen wird, die entsprechend Ausmaß und Konsequenzen auf das Spielergebnis hat. Das ist auch der Grund, warum man dann heute nicht sonderlich zufrieden mit sich und der Welt ist."

… darüber, ob er das Dortmunder Unverständnis und die Emotionen nach der Partie verstehen kann:

"Ja, natürlich kann ich das nachvollziehen. Ich bin ja nicht nur Fußballschiedsrichter, sondern auch Fußballer und vor allem Mensch. Borussia Dortmund hat die Chance, nach mehreren Jahren mal wieder die deutsche Meisterschaft zu holen. Wenn dann die Dinge so laufen, wie sie gestern Abend gelaufen sind und ein berechtigter Strafstoßpfiff ausbleibt, dann fühlt man mit und kann gut verstehen, dass die Emotionen hochgehen."

… darüber, wie er die Zweikampf-Szene zwischen Emre Can und Philipp Hofmann vor dem Bochumer Treffer wahrgenommen hat:

"Ich schaue von vorne drauf und sehe folglich einen ausgestreckten Arm von Hofmann, der am Rücken von Emre Can aufliegt. Für mich hat in diesem Moment der klare Impuls gefehlt, dass wir vom regeltechnischen Stoßen sprechen können. Deswegen habe ich mich dazu entschieden, das Spiel in diesem Fall weiterlaufen zu lassen. Ich denke, dass die Einordnung dieser Situation auch zur grundsätzlich großzügigen Linie am gestrigen Abend gepasst hat, insbesondere was das Thema Oberkörpervergehen angeht."

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… darüber, ob es eine Rolle in der Bewertung gespielt hat, dass sich Emre Can bei der Berührung in der Luft befand:

"Natürlich kann man jetzt auch Argumente für einen Freistoßpfiff in einem solchen Moment finden, aber nochmal: Gemessen an der grundsätzlich sehr großzügigen Linie des gestrigen Abends war es in dem Moment für mich persönlich passgenauer, das Spiel laufen zu lassen."

… darüber, wie er die Szene mit Karim Adeyemi in der Situation wahrgenommen hat:

"Es kommt ein flacher Ball von links in den Strafraum und für mich ist es eine sehr dynamische Situation, weil ich sehe, wie ein Bochumer Verteidiger zum Ball gehen möchte und versucht, den Ball zu spielen. Meiner Wahrnehmung nach war es so, dass Adeyemi den Fuß rausstellt und versucht, diesen Kontakt zu initiieren, den Elfmeter ein Stück weit zu suchen und dabei über den Bochumer Verteidiger drüber fällt. Das war meine Wahrnehmung auf dem Spielfeld. Wenn ich jetzt die TV-Bilder sehe, dann muss ich feststellen, dass wir in diesem Moment die falsche Entscheidung getroffen haben. Das ist das Risiko, was der Bochumer Verteidiger in diesem Moment nimmt, nämlich sehr unkontrolliert in den Zweikampf zu gehen. Das Argument, was überwiegt ist, dass er nicht den Ball spielt und der Kontakt schließlich entgegen meiner Wahrnehmung nicht von Adeyemi hergestellt wird, sondern von dem Verteidiger. Deswegen hätte es an dieser Stelle nach Sicht der Fernsehbilder den Strafstoß für Dortmund geben müssen."

… auf die Nachfrage, ob er während des Spiels den Eindruck hatte, dass Karim Adeyemi den Strafstoß zu sehr provoziert hat:

"Korrekt, das war meine Wahrnehmung auf dem Spielfeld. Deswegen habe ich mich in diesem Moment dafür entschieden, das Spiel weiterlaufen zu lassen. Es ist eine wichtige Szene in einem wichtigen Spiel im Kampf um die Meisterschaft, deswegen war mir das für einen Strafstoß zu wenig."

… darüber, ob er die vergangenen Schwalben von Karim Adeyemi bei der Entscheidung im Kopf hatte:

"Natürlich bereitet man sich als Schiedsrichter sehr professionell auf die Spiele vor und kennt natürlich auch die Partien der Mannschaften aus der Vorwoche. Trotzdem ist das keine Situation, die einen Schiedsrichter belastet. Da wird kein Spieler vorverurteilt für die Dinge, die in den letzten Wochen passiert sind, sondern jede Situation wird im Spiel neu bewertet. Wenn der Spieler Karim Adeyemi klar gefoult wird, dann steht ihm ein Strafstoß zu, auch wenn er in den beiden Wochen zuvor versucht hat, einen Elfmeter zu ziehen.

… darüber, ob es Kommunikation mit dem VAR gab, nachdem er den Elfmeter nicht gegeben hat:

"Der Videoassistent hat den Vorgang natürlich gecheckt und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich nicht um eine klare und offensichtliche Fehlentscheidung handelt, weshalb er den Check beendet hat. Daraufhin habe ich das Spiel fortgeführt."

… darüber, warum er im Nachgang die klare Fehlentscheidung einräumt, der VAR jedoch in der Szene nicht das Foul erkennt:

"Was ich an dieser Stelle nochmal sagen möchte, ist, dass es grundsätzlich mein Anspruch ist, die Szene auf dem Spielfeld selbst zu lösen. Jetzt gab es Gründe, warum wir auf dem Feld nicht zur richtigen Entscheidung gekommen sind und dass es sehr sinnvoll gewesen wäre, wenn ich es nochmal am Spielfeldrand auf dem Monitor hätte überprüfen können. Die Situation ist dann am Ende des Tages in Köln leider auch anders bewertet worden. Ja, als Schiedsrichter hätte man sich in diesem Moment einen Eingriff gewünscht, aber in Köln sitzen Menschen, die genauso Fehler machen wie wir auf dem Spielfeld auch. Das ist sehr ärgerlich, aber deswegen haben wir - an mehreren Stellen - nicht die richtige Entscheidung getroffen."

… darüber, warum er trotz der Dortmunder Proteste davon abgesehen hat, sich die Szene am Spielfeldrand nochmal anzuschauen:

"Es gibt grundsätzlich zwei Optionen, wann ich als Schiedsrichter ein Onfield-Review, also eine Überprüfung der Szene am Spielfeldrand, initiiere. Der häufigste Fall in weitaus über 90 Prozent der Fälle ist der, dass der Videoassistent Einwände gegen die Bewertung der Szene auf dem Spielfeld hat. Das bedeutet also, dass er mir einen Onfield-Review empfiehlt. Darüber hinaus habe ich als Schiedsrichter aber auch bei Zweifeln oder bei verpassten Tatsachen die Möglichkeit, selber ein Onfield-Review zu initiieren. Dafür brauche ich jedoch berechtigte Zweifel an meiner Entscheidung. Die hatte ich gestern Abend in dieser Situation nicht. Ich hatte eine klare Wahrnehmung zu dem Vorgang. Mir fehlten keine Indizien für die Bewertung und die Proteste auf dem Spielfeld waren verhältnismäßig moderat, so dass ich weder Zweifel auf dem Spielfeld noch eine Empfehlung aus Köln hatte. Deswegen habe ich auch davon abgesehen, mir die Szene nochmal anzuschauen."

… darüber, ob es nach der Partie Gespräche mit den BVB-Verantwortlichen gab:

"Ja, ich kann bestätigen, dass es am Ende noch Gespräche in unserer Kabine mit den Verantwortlichen des BVB gab. An dieser Stelle bitte ich jedoch um Verständnis, dass ich an dieser Stelle mit dem Vegas-Prinzip halte, nämlich: Was in der Kabine war, soll auch in der Kabine bleiben."

… darüber, ob er seine Sichtweise bei den BVB-Verantwortlichen darlegen konnte:

"Es war ein sehr konstruktiver Austausch. Wir haben die unterschiedlichen Sichtweisen ausgetauscht und sind am Ende im Guten auseinandergegangen."

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