Spieler-Manager erklärt bei Sky: So tickt Wagner als Trainer
22.09.2023 | 21:03 Uhr
Sandro Wagner führte Unterhaching zurück in die 3. Liga. Nun wird er Co-Trainer von Bundestrainer Julian Nagelsmann. Hachings spielender Sportdirektor Markus Schwabl gewährt bei Sky Einblicke in den Trainer Sandro Wagner.
Sandro Wagner hatte die Ehre, die deutsche A-Nationalmannschaft an der Seite von Interimscoach Rudi Völler gegen Frankreich (2:1) als Co-Trainer zu betreuen. Dabei hinterließ der Neuling nach Aussagen von Völler und einiger Nationalspieler einen sehr guten Eindruck. Er leitete mit Hannes Wolf die Trainingseinheiten und soll auch maßgeblich für die Aufstellung gegen den Vizeweltmeister verantwortlich gewesen sein.
Es war nicht das letzte Mal, dass Wagner bei der A-Nationalmannschaft auf der Bank Platz nimmt. Denn seit Freitag ist der 35-Jährige offiziell Co-Trainer von Julian Nagelsmann.
Unter dem Trainer Nagelsmann hat Wagner übrigens als Stürmer 50 Pflichtspiele für die TSG Hoffenheim absolviert. Der gebürtige Münchner schoss in dieser Zeit 18 Tore und lieferte acht Assists. Beide blieben auch nach ihrer gemeinsamen Tätigkeit bei der TSG immer in Kontakt und schätzen sich seit Jahren.
Nagelsmann und Wagner? Ein Duo, auf das sich Fußball-Deutschland also durchaus freuen kann. "Ich glaube, dass Sandro sehr, sehr viel einbringen kann, vor allem auch in der Kombination mit Julian. Beide haben ein brutales Fußballverständnis und ein Auge für Details", sagt Markus Schwabl, der in Unterhaching unter Wagner gespielt hat, bei Sky.
Die SpVgg Unterhaching führte Wagner 2022 in seinem ersten Jahr als Cheftrainer auf Platz vier der Regionalliga Bayern und anschließend in diesem Sommer zum Meistertitel und Aufstieg in die 3. Liga.
Wagner ist jung, er ist herausfordernd. Seine Stärken sind nicht nur taktischer Natur. Es ist diese direkte und unbekümmerte Art, die ihn auszeichnet. "Sandros riesengroße Qualität ist, die Mannschaft zusammenwachsen zu lassen. Sandro hat eine unglaubliche Empathie für die Mannschaft, seine Menschenführung ist unfassbar gut. Ich habe noch nie einen Trainer erlebt, der die Mannschaft so zusammenhält, dass sogar Kaderplatz 30 für ihn durchs Feuer geht", schwärmt Schwabl.
"Er hat die absolut perfekte Mischung. Auf dem Platz hat jeder unglaublich viel Respekt vor ihm. Aus der Reihe tanzen? Gibt es nicht! Da ist er schon sehr strikt", betont Schwabl. "Aber sobald das Training vorbei ist, ist er einfach ein geiler Typ. Er ist für jedes persönliche Problem zu haben, er ist auch mal für einen Mannschaftsabend zu haben, den er auch teilweise für uns reserviert hat", erklärt der 33-jährige gebürtige Bayer. "Es klingt jetzt fast so, als wäre ich ein Riesenfan von ihm - ein Groupie - aber es ist einfach unglaublich gut, was er gemacht hat."
Doch Wagner kann auch mal lauter werden, wie Schwabl verrät: "Es gab Spiele, da waren wir zur Halbzeit bodenlos - 1:3 hinten - und da hat er sich einfach hingestellt und gesagt: 'Jungs, es gibt genau zwei Möglichkeiten: Entweder wir schmeißen alles zusammen und ergeben uns, oder wir machen es jetzt so und so und so'. Sandro hat dann aufgeschrieben, wie das Spiel weiterlaufen wird. Und dieser Spielverlauf ist exakt so eingetreten", erinnert sich Schwabl, der seit dieser Saison in Unterhaching Sportdirektor und Spieler in Personalunion ist.
Wagner wusste, wie er die Mannschaft zu packen hatte: "Es gab auch Spiele, in denen er in der Halbzeit komplett ausgerastet ist, weil wir es einfach gebraucht haben. Und da hat er ein unfassbares Gespür dafür, was eine Mannschaft wann braucht."
Das, so Schwabl, erfordere ein gutes Gespür für eine Mannschaft und "das hatte er". "Das hat er mit uns zusammen entwickelt, so ein Teamgefüge, so eine homogene Gruppe zu entwickeln, von der er ein großer Teil war."
Auch Wagners Ansprachen vor dem Spiel sind Schwabl noch in guter Erinnerung: "Wenn er über taktische Dinge redet, die er mit seiner unfassbaren Akribie vorbereitet, dann ist er strikt und ganz klar, dass auch jeder den Plan versteht und auch verstanden haben muss", beginnt der Sohn von Haching-Präsident Manfred Schwabl seine Ausführungen. "Wenn es aber darum geht, die letzte Besprechung vorm Spiel zu halten, dann packt er einfach einen - mit dem, was er sagt, wie er es sagt, wenn er laut wird, wenn er wieder die Mannschaft an der Ehre packt."
Seine Laufbahn an der Seitenlinie begann Wagner, der auch als TV-Experte mit seiner selbstbewussten Art und seinen Analysen viel Freude bereitet, nur wenige Monate nach seinem letzten Spiel im Trikot des chinesischen Klubs Tianjin Jinmen Tiger.
Zuvor war er nach Stationen beim MSV Duisburg, Werder Bremen, den 1. FC Kaiserslautern, Hertha BSC, Darmstadt 98, und Hoffenheim noch einmal zu seinem Jugendverein FC Bayern zurückgekehrt. Als Spätberufener - im Alter von 30 - debütierte er im DFB-Team von Joachim Löw, schoss zwischen 2017 und 2019 in acht Länderspielen fünf Tore, blieb aber ohne WM-Teilnahme.
Im Oktober 2020 trat er dann als DFB-Stürmertrainer seine erste Stelle an. Nach knapp einem halben Jahr wechselte Wagner zur U19-Abteilung von Unterhaching und stieg dort - wieder nur wenige Monate später - zum Cheftrainer der ersten Mannschaft auf. Seit dem 1. Juli 2023 ist Wagner zurück beim DFB, zunächst als Co-Trainer der U 20-Nationalmannschaft und nun Assistent von Nagelsmann.
Auch wenn der Hype um seine Person in den vergangenen Monaten enorm war, so ist Wagner doch immer geerdet und fokussiert geblieben. Er hat früh gelernt, Verantwortung zu übernehmen. Der Posten als Co-Trainer bei der Nationalmannschaft auf dem Weg zur Heim-EM 2024 ist nun der nächste große Schritt in seiner Trainer-Karriere.
Und wo sieht Schwabl seinen ehemaligen Coach in fünf Jahren? "Es würde mich sehr wundern, wenn er nicht sehr, sehr weit oben angekommen wäre. Definitiv in der Bundesliga. Aber ich traue ihm natürlich schon auch zu, eine Top-Mannschaft zu trainieren, wenn er weiter seine Erfahrungen macht. Wenn man seine Arbeitsmoral und seine Besessenheit sieht, ist sein Weg nicht aufzuhalten - da müsste es schon mit dem Teufel zugehen."
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