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DFB News: Keine Weltklasse mehr? Ein Pro und Contra

DFB-Team keine Weltklasse mehr? Ein Pro und Contra

Drei Spiele, nur ein Sieg, aber sieben Gegentore. Die Bilanz des DFB-Teams nach dem Test gegen die Türkei (3:3), dem mühsamen 2:1 in der Ukraine und dem 3:3 gegen die Schweiz liest sich nicht gerade wie die einer Weltklasse-Mannschaft.

Die Art und Weise, wie die Nationalelf gegen die Türkei und die Schweiz vor allem in der Defensive aufgetreten ist, treibt nicht nur dem Bundestrainer die Sorgenfalten auf die Stirn.

Und so ist die Frage, die wir den Lesern stellen, zwar provokant, aber berechtigt: Sind wir nur noch ein Fußball-"Natiönchen"?

Ja, wenn man auf die Abwehrleistung blickt. Nicht nur wegen der Gegentore, sondern auch, weil es in Deutschlands Auswahl in diesem Mannschaftsteil kaum noch Spieler gibt, die höchsten Ansprüchen gerecht werden.

CONTRA: Der Abwehr fehlen Klasse und Erfahrung

Niklas Süle und Joshua Kimmich haben mit dem FC Bayern das Triple gewonnen, aber sie allein können die ganze Last nicht auf ihren Schultern tragen. Zumal Süle nach seiner Kreuzbandverletzung noch seine Pausen braucht.

Ein Antonio Rüdiger hingegen hat für den FC Chelsea in dieser Saison noch keine Minute gespielt, im DFB-Team stand er in der Startelf - und gehörte nicht erst gegen die Schweiz zu den Unsicherheitsfaktoren. Matthias Ginter zeigt in Gladbach und im DFB-Team zwar solide Leistungen, gehört aber nicht zur Weltklasse und ist von seinem Charakter her nicht gerade ein Wortführer, der seine Teamkollegen mitreißt oder zusammenfaltet, wenn es mal sein muss.

Zum Durchklicken: Die Noten der DFB-Elf

  1. MANUEL NEUER:
    Image: MANUEL NEUER: Parierte gegen Xherdan Shaqiri stark (5.). War beim ersten Gegentor chancenlos. Ließ sich danach von den Unsicherheiten seiner Mitspieler anstecken. Vor dem 2:3 hielt er stark gegen Seferovic. NOTE 3 © Imago
  2. LUKAS KLOSTERMANN:
    Image: LUKAS KLOSTERMANN: Schwache Vorstellung des Leipzigers. Nach vorne fast wirkungslos, hinten wenig stabil. Die Absprache mit seinen Nebenleuten stimmte nicht immer. NOTE: 5 © Imago
  3. ANTONIO RÜDIGER:
    Image: ANTONIO RÜDIGER: Erhielt zum dritten Mal in Folge trotz mangelnder Spielpraxis beim FC Chelsea von Löw das Vertrauen in der Startelf. Hatte mit den Schweizer Offensivleuten viel Mühe. NOTE: 5 © Getty
  4. MATTHIAS GINTER:
    Image: MATTHIAS GINTER (bis 76.): Hatte gegen die robusten und schnellen Schweizer Angreifer einen schweren Stand. Agierte gegen die Ukraine noch deutlich souveräner. NOTE: 4 © Imago
  5. ROBIN GOSENS:
    Image: ROBIN GOSENS (bis 58.): Kam nicht richtig ins Spiel. Über seine Seite kamen die Schweizer öfters gefährlich durch. Zwang Torhüter Yann Sommer mit seinem Außenrist-Schuss immerhin zu einer Glanzparade (35.). NOTE: 5 © Imago
  6. JOSHUA KIMMICH:
    Image: JOSHUA KIMMICH: Leistete sich wieder einige ungewohnte Ballverluste, war aber bemüht, Ordnung ins deutsche Spiel zu bringen. Klärte den Ball vor dem 2:3 nicht entscheidend. NOTE: 4 © Getty
  7. TONI KROOS:
    Image: TONI KROOS: Der Jubilar tat sich in seinem 100. Länderspiel schwer. Verlor vor dem zweiten Gegentor den Ball im Mittelfeld. Hatte Pech mit einem Distanzschuss (44.). War im zweiten Durchgang um mehr Struktur bemüht. NOTE: 4 © Getty
  8. LEON GORETZKA:
    Image: LEON GORETZKA: Der Münchner war viel unterwegs. Hatte einige Balleroberungen und gute Ideen. Es fehlte in manchen Aktionen die Präzision. NOTE: 3 © Imago
  9. SERGE GNABRY:
    Image: SERGE GNABRY: Rannte in der ersten Halbzeit immer wieder unüberlegt in mehrere Gegenspieler rein und verlor dabei den Ball. Beim 3:3 verlängerte er den Ball mit der Hacke technisch hervorragend. NOTE: 3 © Imago
  10. KAI HAVERTZ:
    Image: KAI HAVERTZ (bis 76.): Gute Aktionen wechselten im ersten Durchgang mit leichten Ballverlusten. Leitete das Tor von Werner ein. Nach der Pause lenkte Sommer seinen Schuss an den Außenpfosten (49.). Starke Einzelleistung beim Tor zum 2:2. NOTE: 2 © Getty
  11. TIMO WERNER:
    Image: TIMO WERNER: Hatte gegen die Schweizer Abwehrspieler bei hohen Bällen keinen leichten Stand. Am Boden deutlich gefährlicher. Behauptete sich bei seinem Treffer stark, bereitete das Tor von Gnabry mit seiner Schnelligkeit vor. NOTE: 2 © Imago
  12. MARCEL HALSTENBERG:
    Image: MARCEL HALSTENBERG (ab 58.): Ersetzte Gosens. War besser im Spiel als sein Vorgänger. NOTE: 3 © Imago
  13. EMRE CAN (ab 77.):
    Image: EMRE CAN (ab 76.): Kam für Matthias Ginter - ohne Bewertung © Getty
  14. JULIAN DRAXLER (ab 77.):
    Image: JULIAN DRAXLER (ab 76.): Kam für Kai Havertz - ohne Bewertung © Getty

Löws hausgemachtes Problem: Hummels und Boateng gestrichen

Es gibt im DFB-Team eben keinen David Alaba oder Jerome Boateng. Womit wir bei einem von Joachim Löw hausgemachten Problem sind: Leistungsträger und Wortführer vom Kaliber eines Boateng oder Mats Hummels wurden vom Bundestrainer aussortiert. Boateng in München und Hummels in Dortmund bringen sportlich ihre Leistung, sind noch nicht zu alt und könnten der Nationalmannschaft mit ihrer Erfahrung helfen.

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Die Kritik an der deutschen Nationalmannschaft wird nach dem 3:3-Remis gegen die Schweiz lauter. Sky Reporter und Nationalelf-Experte Uli Köhler kritisiert vor allem die DFB-Abwehr (Videolänge: 3:06 Min.).

Robin Koch spielt bei einem Premier-League-Aufsteiger und hat kaum internationale Erfahrung, Nico Schulz ist in Dortmund nur zweite Wahl, Lukas Klostermann und Marcel Halstenberg spielen in Leipzig in einem anderen Abwehrsystem als in der Nationalelf und Robin Gosens muss sich erst noch an das gedankliche Tempo und die Abläufe anpassen.

Viele Wechsel, keine Weiterentwicklung erkennbar

Die Löw'schen Wechsel zwischen Dreier- und Viererkette tragen nicht dazu bei, dass die Abläufe sich einschleifen und die Hintermannschaft sicherer wird. Im Gegenteil. Das Team ist nicht eingespielt, es hapert vor allem in der Spieleröffnung. Eine taktische Weiterentwicklung ist, zumindest in der Defensive, nicht zu erkennen. Auch aus der U21 drängt niemand nach und übt Druck aus.

PRO: Viel Talent in Mittelfeld und Angriff

Auf der anderen Seite gibt es aber auch Dinge, die Hoffnung machen: Im Mittelfeld und im Angriff stehen zahlreiche Spieler zur Verfügung, die internationale Klasse bis hin zur Weltklasse verkörpern, oder zumindest auf dem Weg dahin sind.

Kimmich und Leon Goretzka sind beide erst 25 Jahre alt, verfügen aber über spielerische und charakterliche Qualitäten, um das DFB-Team wieder in Richtung Weltspitze führen zu können. Serge Gnabry, Timo Werner und Kai Havertz sind Offensivspieler, um die viele andere Nationen Deutschland beneiden. Auch fehlten krankheits- bzw. verletzungsbedingt zuletzt Hochkaräter wie Ilkay Gündogan oder Leroy Sane.

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Gegen die Schweiz kommt die deutsche Nationalmannschaft nur zu einem 3:3. Trotz des Unentschiedens lobt Bundestrainer Joachim Löw die Moral seiner Mannschaft (Videolänge: 36 Sek.).

Weltklasse im Tor

Im Tor braucht man sich zum Glück keine Sorgen zu machen. Manuel Neuer ist der Inbegriff von Weltklasse und Marc-Andre ter Stegen ein starker Vertreter, auch wenn er seine Klasse im DFB-Team bisher kaum unter Beweis stellen konnte.

Fazit: Eine Weltklasse-Mannschaft braucht auch eine Weltklasse-Achse

Das Leistungsgefälle zwischen Abwehr und Angriff ist enorm

Bei der WM 2014 und mit kleinen Abstrichen auch bei der EURO 2016, hatte das DFB-Team solch eine Achse mit Neuer, Boateng, Hummels, Bastian Schweinsteiger, Toni Kroos und vorne Thomas Müller und Miroslav Klose.

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Nach dem Remis gegen die Schweiz wird die Kritik an der deutschen Nationalmannschaft und Joachim Löw lauter. Auf der Pressekonferenz nach dem Schweiz-Spiel nimmt der Bundestrainer Stellung (Videolänge: 46 Sek.).

Hummels, Boateng und Müller wird der Bundestrainer sicher nicht alle drei zurückholen, aber wenn er über seinen Schatten springt und zumindest einen der Abwehr-Helden von 2014 reaktiviert, könnte er damit die größte Baustelle der Nationalmannschaft schließen.

Mehr zum Autor Thorsten Mesch

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