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DFB-Team News: Hansi Flick macht deutsche Standards gefährlich

Wie 2014: Neue DFB-Stärke soll zu Flicks WM-Vorteil werden

Hecken etwas aus: Die Standard-Experten beim DFB David Raum (l.) und Ilkay Gündogan (r.).
Image: David Raum (l.) und Ilkay Gündogan (r.), die Standard-Experten beim DFB, hecken etwas aus.  © DPA pa

Acht Spiele, acht Siege: Das DFB-Team findet unter Bundestrainer Hansi Flick zu alter Stärke zurück. Dabei hilft vor allem eine neue, alte Qualität, die seit der WM 2014 ein wenig vernachlässigt wurde: Standards.

Der 2:0-Sieg der deutschen Nationalmannschaft im Testspiel gegen Israel hat eine neue Stärke der Flick-Elf endgültig offengelegt. Nach einer langen Drangphase des DFB-Teams brauchte es in der 36. Minute eine Ecke, um endlich etwas Zählbares auf die Anzeigetafel zu bekommen. Nach einer schönen Ecke von David Raum köpfte Kai Havertz den Ball präzise am kurzen Pfosten ins Tor.

Eine sicherlich einstudierte Variante - ebenso wie das 2:0. In der Nachspielzeit der ersten Halbzeit trat Ilkay Gündogan zum Freistoß an. Statt die Kugel hoch in den Strafraum zu chippen oder direkt abzuziehen, schob der Spielmacher den Ball in den Lauf des sich davonstehlenden Timo Werner. Der brauchte nur noch abzuziehen und den vorzeitigen Endstand zu bejubeln.

Zum Durchklicken: Die DFB-Noten gegen Israel

  1. MARC-ANDRE TER STEGEN:
    Image: MARC-ANDRE TER STEGEN: Der ewige Kronprinz bestritt in der ersten Hälfte sein 28. Länderspiel, war aber nahezu beschäftigungslos. Trieb das anfangs behäbige Spiel lautstark an ("schneller, schneller!"). - Note: 3 © Imago
  2. THILO KEHRER:
    Image: THILO KEHRER: Beschränkte sich weitgehend darauf, Klubkollege Draxler den Rücken frei zu halten. Grenzwertiges Luftduell mit dem Hoffenheimer Dabbur (26.). - Note: 4  © Imago
  3. JONATHAN TAH:
    Image: JONATHAN TAH: Der Leverkusener kam überraschend zu seinem 15. Einsatz im DFB-Dress. Überließ Nebenmann Schlotterbeck den Aufbau, in seiner Kernarbeit Defensive sicher. - Note: 3 © Imago
  4. NICO SCHLOTTERBECK:
    Image: NICO SCHLOTTERBECK: Wurde nach starken Monaten in Freiburg mit seinem Debüt belohnt und erwies sich als Alternative. Als Gestalter mit guten Diagonalbällen, durchaus eine Empfehlung - bis zu seinem Elfmeterfoul. - Note: 3  © Imago
  5. DAVID RAUM:
    Image: DAVID RAUM: Hatte als Hoffenheimer ein doppeltes Heimspiel und war einer der Auffälligsten. Extremer Vorwärtsdrang, nicht immer präzise. Trat die Ecken von beiden Seiten, die erste von rechts brachte die Führung. - Note: 2 © Imago
  6. ILKAY GÜNDOGAN:
    Image: ILKAY GÜNDOGAN: Als Vertreter von Manuel Neuer Kapitän, musste er neben Weigl defensiver spielen als in Manchester. Suchte dennoch häufig und gefährlich den Abschluss, sein scharfer Freistoß auf Werner brachte das 2:0. - Note: 3  © Imago
  7. DFB
    Image: JULIAN WEIGL: Der Benfica-Profi durfte nach fünf Jahren DFB-Pause für die Rolle als Backup für Mittelfeld-Boss Joshua Kimmich vorspielen. Gute Orientierung nach vorne, defensiv nicht immer wach. - Note: 3 © Imago
  8. JULIAN DRAXLER:
    Image: JULIAN DRAXLER: Der Pariser Edelreservist wurde von Flick erstmals berufen. Agierte bisweilen zu verspielt, verschleppte eher. So kommt er an den Flügelflitzern Sane und Serge Gnabry nicht vorbei. - Note: 4 © Imago
  9. JAMAL MUSIALA:
    Image: JAMAL MUSIALA: Technisch wie immer eine Augenweide. In der ersten Hälfte meist über links, in der zweiten wie jüngst in München als sehr offensiver Sechser. In beiden Rollen ein Gewinn. - Note: 2 © Imago
  10. DFB
    Image: KAI HAVERTZ: Bei Chelsea zuletzt im Sturmzentrum, gab er bei Flicks Jobsharing in der Offensive zunächst meist die Zehn. Vergab große Chancen (29./35.), ehe er per Kopf sein achtes Länderspieltor erzielte (36.). - Note: 2  © Imago
  11. TIMO WERNER:
    Image: TIMO WERNER: Wieder mit Licht und Schatten. Stieß oft in gefährliche Räume vor, ohne etwas zu bewirken. Traf aber im sechsten Flick-Spiel zum sechsten Mal (45.+1). Sein zweites Tor wurde wegen Abseits aberkannt (50.). - Note: 3 © Imago
  12. KEVIN TRAPP:
    Image: KEVIN TRAPP: Beim Treffen in Frankfurt Touristen-Guide für die Kollegen, löste er zur zweiten Hälfte ter Stegen ab. Hatte genau so wenig zu tun. Bis zu seinem gehaltenen Elfer. - Note: 2 © Imago
  13. THOMAS MÜLLER:
    Image: THOMAS MÜLLER: Kam für Gündogan (46.) und rückte auf die Zehn, schob Havertz nach links. Gewohnt ungewöhnliche Wege, zu oft ohne Ertrag. Setzte den Strafstoß an den Pfosten. - Note: 4  © Imago
  14. ANTON STACH:
    Image: ANTON STACH: Der Mainzer ersetzte Weigl (63.) und kam als sechster Spieler unter Flick zu seinem Debüt. Fügte sich gut ein. - ohne Note © Imago
  15. CHRISTIAN GÜNTER:
    Image: CHRISTIAN GÜNTER: Löste Raum ab (63.), ohne dessen Offensivpower zu entwickeln. - ohne Note © Imago
  16. LEROY SANE:
    Image: LEROY SANE: Durfte in der Schlussphase für Werner (71.) stürmen, setzte keine echten Akzente mehr. - ohne Note © Imago
  17. LUKAS NMECHA:
    Image: LUKAS NMECHA: Der Wolfsburger Joker (80.) hatte in seinem dritten Länderspiel kaum Zeit, sich zu zeigen - holte aber einen Elfer raus. - ohne Note © Imago

Flick: "Acht Spiele, sechs Standardtore - das lässt sich sehen"

Zwei Tore, zwei Standards. Schon in den WM-Qualifikationsspielen entpuppten sich Freistöße und Ecken zum effektiven Mittel der DFB-Elf. Seit Flick von Joachim Löw übernommen hat, hat das Team 33 Treffer in acht Spielen erzielt und immerhin sechs davon via Standard. "Ich finde es super, wie sich die Mannschaft belohnt hat. Acht Spiele, sechs Standardtore - das lässt sich schon sehen. Im Großen und Ganzen kann man mit allen Mannschaftsteilen zufrieden sein", meinte der Bundestrainer nach der Partie.

Die neu gewonnene Standard-Stärke erinnert dabei stark an die Zeit rund um die Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien. Damals war Flick Co-Trainer, legte besonderes Augenmerk auf die Aktionen mit dem ruhenden Ball. "Wir wollten den Wert der Standards wieder mehr betonen, gerade bei so einem extremen Turnier", erklärt Flick nicht etwa nach dem Spiel gegen Israel am Samstag, sondern in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung von 2014.

Flick gewinnt Standard-Wette gegen Löw vierfach

Schon bei der WM 2014 hatte sich das Standard-Training des damaligen Assistenten als echte Geheimwaffe erwiesen. Im Turnier traf die DFB-Elf viermal nach Eckball durch Toni Kroos, darunter enorm wichtige Tore. Zwei Ecken auf den Kopf von Mats Hummels (2:0 gegen Portugal und 1:0 gegen Frankreich), eine Hereingabe für Miroslav Klose (2:2 gegen Ghana) und eine Ecke für Thomas Müller (1:0 gegen Brasilien).

Schon damals hatte Flick den Wert von Standards erkannt und sich in seiner Passion sogar mit seinem damaligen Chef Löw angelegt. Die beiden wetteten nach der Intensivierung des Standard-Trainings, ob das bei der Weltmeisterschaft zu einem Treffer führen würde. Schon im ersten Spiel gegen Portugal gewann Flick gegen Löw ein Abendessen - und behielt danach noch dreimal recht.

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Bundestrainer Hansi Flick analysiert das Spiel gegen Israel. (Videolänge: 48 Sekunden)

Standard-Unterstützung: 2014 Voßler - heute Buttgereit

Doch der Erfolg geht nicht allein auf Flick zurück. In der Prognose, dass Standards für die WM 2014 eine größere Rolle spielen könnten, hörte sich der damalige Co-Trainer im Vorfeld bei Kollegen um. Schnell trat der Name Lars Voßler auf den Plan, der heute wie damals Assistent von Freiburg-Coach Christian Streich ist und als absoluter Standard-Experte gilt. Flick lud Voßler zu einem Workshop ein und ließ sich Varianten, Ideen und Trainingsansätze präsentieren.

"Ich habe Lars Voßlers Ideen dann aufgenommen und mir davon ausgehend weitere Gedanken gemacht, was das für unsere Mannschaft bedeuten könnte. Das habe ich Jogi und dem Team vorgetragen", offenbarte Flick damals. Und heute? Bei seinem Amtsantritt im vergangenen Jahr präsentierte der Bundestrainer auch sein Team und hatte dabei einen Exoten im Stab: Mads Buttgereit.

Flick hat Dänemarks Standard-Trainer nach der extrem erfolgreichen Europameisterschaft abgeworben und so schon damals ein klares Zeichen für den neuen Weg gesetzt. Der 36-Jährige bringt eine Menge Innovationen für den ruhenden Ball mit, gilt als Technik-Freak und guckt sich viel von anderen Sportarten wie dem Golf mit. Buttgereit baut auf die Qualität der DFB-Kicker, die selbst Spaß daran haben sollten, neue Wege zu gehen. Auch Experten wie Gündogan oder Raum können noch von Buttgereit lernen.

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Israel-Test verspricht große Standard-Erfolge

"Die, die hier sind, das sind alles Topspieler. Die suchen nach dem einen Prozent, um sich zu verbessern", erklärte der Standard-Trainer, der den Profis dieses eine Prozent vermitteln möchte, bei seiner Vorstellung. Mit den eigenen Ansprüchen hielt sich der Däne damals nicht zurück. "Man kann schon einiges erwarten, aber vielleicht noch nicht am Anfang", so Buttgereit, der den "Anfang" nun hinter sich gelassen zu haben scheint.

Der kreative Standard-Doppelpack gegen Israel ist Beweis dafür, dass die neue Fokussierung Früchte trägt. Bleiben die Parallelen zur Weltmeisterschaft 2014 weiter bestehen, könnte es ein schönes Jahr für die deutsche Nationalmannschaft werden.

Mehr zum Autor Lars Pricken