Dortmund muss diese Riesenchance nutzen
14.12.2023 | 19:55 Uhr
In seiner Kolumne blickt Dietmar Hamann auf das Abschneiden der deutschen Klubs in der Champions League.
Der Gruppensieg von Borussia Dortmund ist eine Wahnsinnsleistung, denn man muss sehen, wie der BVB in die Gruppenphase gestartet war und gegen wen sie am Mittwoch gespielt haben. PSG gehört zum Kreis der Favoriten auf den Titel in der Champions League, ohne Messi und Neymar sind sie vielleicht sogar noch stärker als vorher.
Nach der Enttäuschung am letzten Spieltag der vergangenen Bundesligasaison war klar, dass der BVB ein psychologisch unheimlich schwieriges Jahr vor sich haben würde. Die letzten beiden Spiele in Augsburg und nächste Woche gegen Mainz sind unheimlich wichtig, da können sie zeigen, dass sie erwachsener geworden sind. Wenn sie beide Spiele gewinnen, könnten die Dortmunder - die Champions League eingeschlossen - auf eine gute bis überdurchschnittliche Vorrunde zurückblicken und wunderbar Weihnachten feiern. Wer hätte das nach dem Pokal-Aus in Stuttgart gedacht?
Die Rettungsaktion von Niklas Süle gegen Kylian Mbappe war herausragend, auch wenn ihr ein eigener Fehler vorausging, aber er muss wieder konstant solche Leistungen bringen. Es liegt an ihm, endlich die Führungsrolle zu übernehmen, die so viele von ihm erwarten, dann führt beim BVB und in der Nationalmannschaft kein Weg an ihm vorbei.
Dass Süle zuletzt kaum gespielt hatte, hat seine Gründe. Mats Hummels ist fast 35 Jahre alt und wird nicht schneller, wie man bei Kolo Muanis Großchance gesehen hat. Süle muss sich Gedanken machen, warum Hummels trotzdem jede Woche den Vorzug bekommt.
An Wertschätzung hat es Süle sicher nie gefehlt. Die Erwartungen, die man an ihn hat, rühren ja daher, dass man solche Aktionen von ihm erwartet. Er hat auch früher schon gezeigt, dass er es kann, war vor drei Jahren CL-Sieger mit Bayern.
Dortmunds Gruppensieg ist ein Ausrufezeichen und eine Riesenchance, eine Runde weiterzukommen - mindestens. Ich hoffe, dass die Dortmunder an diese Chance glauben und sie auch nutzen.
Im Achtelfinale (die Achtelfinal-Auslosung am Montag ab 18 Uhr im Livestream und Blog) wäre Inter Mailand wahrscheinlich der stärkste Gegner für den BVB, Lazio hatte große Probleme, Neapel ist momentan nicht die Mannschaft, die sie in der vergangenen Saison waren. Kopenhagen hat gezeigt, dass sie gegen große Mannschaften bestehen können, aber gegen die Dänen, Porto, Eindhoven oder Lazio würde der BVB als Favorit ins Rennen gehen.
Nach dem 1:5 in Frankfurt war mit einer Reaktion des FC Bayern in Manchester zu rechnen. Thomas Tuchel hat von der besten Leistung seiner Mannschaft in dieser CL-Saison gesprochen, die Münchner haben am Dienstag so gespielt, wie ich es mir öfter von ihnen wünschen würde. Sie haben über die gesamte Spielzeit kontrolliert, im Gegensatz zu den letzten Spielen hinten kaum etwas zugelassen, sich vorne Chancen erspielt und das Siegtor gemacht.
Wenn sie so seriös und professionell wie in Manchester spielen, sind sie eine richtig gute Mannschaft, dann muss sie erst einmal einer schlagen. Von daher ist Manuel Neuers Aussage ("Mit unserer Mannschaft können wir alles erreichen. Das ist das Ziel, die Champions League zu gewinnen.") nicht falsch.
Aber natürlich musst du als einer der Führungsspieler auch wissen, dass du nicht immer nur nach Siegen sprechen kannst, aber nach Niederlagen, wie zuletzt in Frankfurt schweigst. Ich kann mir vorstellen, dass sie das bei Bayern intern angesprochen haben.
Was die potenziellen Gegner betrifft, will wahrscheinlich jeder Gruppensieger PSG aus dem Weg gehen. Die Pariser hatten in der Gruppenphase viele Verletzte, haben aber gegen Newcastle oder in Dortmund Widerstände überwunden und sind zurückgekommen. Wenn alle an Bord sind, wird PSG in acht Wochen eine ganz andere Mannschaft sein. Neben PSG wäre Inter der stärkste Gegner, bei allen anderen bin ich mir sicher, dass die Bayern weiterkommen.
Die Leipziger können im Achtelfinale nur auf Arsenal oder die vier spanischen Mannschaften treffen. Arsenal steht in der Premier League an der Spitze, aber die Gunners spielen nicht immer wirklich gut. Für RB Leipzig sehe ich gegen Arsenal, Real Sociedad oder Barcelona bessere Chancen als gegen Atletico oder vor allem Real Madrid.
Union Berlin hat sich gegen Real ordentlich verabschiedet und den Aufwärtstrend aus der Bundesliga bestätigt. Dass die Berliner nicht mehr international dabei sind, ist kein Beinbruch, so können sie sich auf die Bundesliga konzentrieren. Ich glaube, dass der neue Trainer sehr gut zu ihnen passt und die Köpenicker am Ende um Platz zehn oder elf herum eintrudeln werden.
Manchesters letzter Platz in der Bayern-Gruppe kommt einer Sensation gleich, aber wenn ein Verein solche Probleme in der Führungsstruktur hat, ist auch der Trainer machtlos. Die englischen Teams haben in den vergangenen Jahren die Champions League dominiert, auch weil sie einfach das meiste Geld haben.
Das komplette Europa-Aus von Manchester und Newcastle United zeigt aber, dass Geld keinen Erfolg garantiert, wenn du es nicht vorsichtig genug ausgibst und nicht gut investierst. Das sollte vielen kleineren Vereinen Hoffnung geben, dass alles möglich ist. Dortmunder haben ihre Gruppe gewonnen, in denen die anderen Klubs von ausländischen Besitzern geführt werden.
Wir waren 2005 mit Liverpool wahrscheinlich der größte Außenseiter im Viertelfinale, aber wir haben die Champions League damals gewonnen. Du musst nicht immer die beste Mannschaft sein, um zu triumphieren.
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