Nach dem Bobic-Beben: Kommt der Nachfolger aus Hoffenheim?
06.03.2021 | 15:03 Uhr
Dass Fredi Bobic nicht bis zu seiner Verrentung bei Eintracht Frankfurt bleiben würde, war abzusehen. Sein Nachfolger könnte aus Hoffenheim kommen.
Bobic sucht neue Herausforderungen, bevor Routine Überhand nehmen kann. Er denke an Zeiträume von vier bis fünf Jahren, so sagte der 49-Jährige einmal, dann brauche das Hirn neues Futter.
Bedenkt man, dass der ehemalige Nationalspieler seit 2016 am Main als Vorstand Sport tätig ist, erscheint der Abschied 2021 sogar nahezu selbstverständlich, zumal Bobic auf dem absoluten Höhepunkt abtreten könnte: Erstmals überhaupt kann Eintracht Frankfurt sich für die Champions League qualifizieren.
In diesem Fall wäre die eindrucksvolle Bilanz von Bobics Wirken in der Bankenmetropole um einen beträchtlichen Höhepunkt reicher.
Anders formuliert: Wer im Juni 2016 bei Bobics Amtsantritt vorausgesagt hätte, dass die Eintracht den DFB-Pokal gewinnt, bis ins Halbfinale der Europa League kommt und 2021 um die Champions League mitspielt, den hätte man entweder schallend ausgelacht und/oder gefragt, ob er oder sie noch ganz bei Sinnen sei.
Nur knapp war die "Diva vom Main" damals dem Abstieg entkommen. Dazu war praktisch keine Kohle mehr da. Bobic war weniger als Heilsbringer mit offenen Armen sondern vielmehr unter Protest der Anhänger empfangen worden. Rückblickend war der damals so skeptisch beäugte Schwabe das Beste, was der Eintracht passieren konnte.
Doch auch ohne Bobic muss man um die Eintracht keine Angst haben: Trainer Adi Hütter hat am vergangenen Sonntag bei Sky90 unmissverständlich sein Bleiben signalisiert und am Freitag wurde in Ben Manga eine ganz wichtige Schlüsselfigur in Sachen Kaderplanung zum Direktor Profifußball befördert.
Dazu ist der Kader sowohl qualitativ als auch vertraglich gut für die Zukunft gerüstet und nicht wie anderswo mit Ausstiegsklauseln durchzogen. Rosige Aussichten, die erst recht im Falle einer Qualifikation für die Champions League gelten würden, könnten verdiente Leistungsträger den so oft gewünschten nächsten Schritt ihrer Karriere doch direkt am Main vollziehen. Kurzum: Wie es mit der Eintracht weitergeht, liegt vor allem an ihr selbst. Das Feld ist bestellt.
Dazu aber braucht es freilich jemanden, der die Arbeit von Bobic nahtlos fortführen kann. Das Anforderungsprofil hingegen mannigfaltig: Jemand, der das große Ganze im Blick hat, international hervorragend vernetzt ist, Entwicklungspotentiale von Spielern erkennt, Nachwuchs und Profis zusammenführen und darüber hinaus charismatisch und eloquent die Geschicke des Vereins moderieren kann.
Wenn es um solche Neubesetzungen geht, werden auch die Eintracht-Funktionäre um Aufsichtsrats-Chef Philip Holzer sicherlich die Bundesliga querlesen und überlegen, welche potentiellen Kandidaten in Deutschland überhaupt in Frage kommen könnten. Dann wird das oben geschilderte Profil mit der Frage nach der Chance ergänzt, diese Person an den Main lotsen zu können. All das zusammengenommen, werden die Hessen an Gedankenspielen mit Alexander Rosen nicht vorbeikommen.
Der Direktor Profifußball hat er den zwischenzeitlichen Chaos-Club TSG Hoffenheim seit 2013 zu einem Vorzeigeverein der Bundesliga entwickelt: Die Kraichgauer sind nicht nur eine international renommierte Top-Adresse in Sachen Ausbildung und Weiterbildung von Talenten, sie sind mittlerweile auch selbst Stammgast im internationalen Geschäft, 2018 waren sie sogar in der Champions League.
Es war vor allem Rosen, der den Mut und die Weitsicht besaß, das noch nicht einmal 30-jährige Trainerküken Julian Nagelsmann ab dem Jahr 2016 als Bundesliga-Cheftrainer zu installieren. Nicht zuletzt mit Rosens Geschick auf dem Transfermarkt und Verkäufen von Spielern wie Roberto Firmino, der 2015 alleine über 40 Millionen einbrachte, hat der gebürtige Augsburger die TSG zu einem Verein gemacht, der selbständig und ohne das Zubrot des Mäzens Dietmar Hopp existieren kann.
Eine neue Herausforderung als "Vorstand Sport" wäre ein fast ebenso logischer nächster Karriereschritt, wie es Bobics Abgang nach fünf Jahren ist. Auch vor dem Hintergrund, dass die Eintracht mit ihrer Tradition und ihrer Fankultur eine Wucht besitzt, die Hoffenheim in diesem Universum niemals würde erreichen können. Damit nicht genug: Von 1998 bis 2002 war Rosen selbst Spieler bei Eintracht Frankfurt und brächte sogar noch den so gern gesehenen "Stallgeruch" mit.
All das macht Rosen zu einer Alternative, die sich nahezu aufdrängt, was ihn im Umkehrschluss auch wieder unwahrscheinlich macht: Zu oft enden die Spekulationen im Fußballgeschäft mit einer Überraschung, die niemand so wirklich auf dem Zettel hatte. Fredi Bobic war 2016 selbst so eine.