Leidende Bayern-Bosse in der Kritik: Kam Tuchel zur Unzeit?
16.04.2023 | 22:21 Uhr
Die sportliche Bilanz von Thomas Tuchel beim FC Bayern ist für die hohen Ansprüche der Münchner bislang mau. Nur zwei von fünf Pflichtspielen konnte der neue FCB-Coach gewinnen. Die Stimmung bei den Vereinsbossen ist aktuell im Keller. War der Zeitpunkt des Trainerwechsels ein Fehler?
4:2 gegen den BVB, 1:2 im Pokal gegen Freiburg, 1:0-Liga-Sieg in Freiburg, 0:3 in der Champions League bei Manchester City und zuletzt 1:1 gegen die TSG 1899 Hoffenheim.
Der erhoffte Impuls im Saisonendspurt, den sich die Bayern-Bosse vom Trainerwechsel von Julian Nagelsmann hin zu Thomas Tuchel erhofft haben, ist bislang ausgeblieben. Im Gegenteil: Nach dem überzeugenden Tuchel-Start gegen Borussia Dortmund waren die jüngsten vier FCB-Auftritte überwiegend enttäuschend.
"Das es bislang noch nicht klappt, ist ja die erste Sicht, wenn man nach fünf Spielen einen Strich drunter macht. Es kommt ein neuer Trainer, ein neuer Ansatz, eine neue Philosophie, eine neue Art und Weise zu trainieren und eine neue Ansprache. Ich bin auch überzeugt, dass der Fußball den Thomas (Tuchel, Anm. d. Red.) reinbringen will, ein anderer ist als der, der vorher gespielt wurde. Das braucht auch mal drei, vier Spiele Zeit", erklärte Martin Schmidt, Sportdirektor von Mainz 05, bei Sky90.
Der Schweizer hatte zwischen 2010 und 2014 erfolgreich gemeinsam mit Tuchel bei den Rheinland-Pfälzern gearbeitet, Schmidt war damals Chefcoach der zweiten Mainzer Mannschaft und im Bundesliga-Trainerteam von Tuchel. Schmidt betonte zudem, dass der heutige 05er-Trainer Bo Svensson nach seinem Amtsantritt auch nur einen Zähler aus den ersten vier Partien holte. Das Timing und die Umstände für eine Änderung auf dem Trainerposten sind allerdings entscheidend.
"Es geht um den Moment des Trainerwechsels, Zeit hat man bei den Bayern sowieso nie. Wenn es ein paar Spiele Zeit braucht, dann war das doch der falsche Moment für einen Trainerwechsel. Dortmund, K.o.-Spiel im DFB-Pokal und Viertelfinale in der Champions League - das wäre dann der falsche Moment gewesen, wenn man doch weiß, dass die Mechanismen eines neuen Trainers nicht vom einen auf den anderen Tag greifen", analysierte Lothar Matthäus bei Sky90.
Für den Sky Experten ist daher auch der Trainereffekt verpufft, denn die Bayern seien aktuell nicht besser dran, als es unter Nagelsmann der Fall war: "Vorher waren sie noch im Pokal vertreten, in der Champions League nicht 0:3 hinten gegen Manchester City und vorher haben sie in der Bundesliga auch besser gespielt", so Matthäus deutlich.
Ex-Nationalspieler Dennis Aogo pflichtet Matthäus bei. "Jeder weiß, dass Tuchel ein besonderer Trainer ist. Eine Mannschaft hat aber eine gewisse Gruppendynamik und Abläufe, manchmal dauert das halt ein bisschen. Aber wenn man jetzt rückwirkend sieht, zu welchem Zeitraum die Entscheidung für einen Trainerwechsel getroffen wurde, dann müssen sich die Verantwortlichen auch die Frage stellen, ob es der richtige Zeitpunkt war", so der 36-Jährige bei Sky90. Zwischen den Zeilen lässt sich daraus eine deutliche Aogo-Kritik an den FCB-Bossen herauslesen.
Die Diskussionen um den Nagelsmann-Rauswurf sowie die aktuell schwachen Leistungen der Bayern-Stars hinterlassen auch bei den großen Bossen ihre Spuren. "Man sieht, dass alles nicht spurlos an Hasan Salihamidzic und Oliver Kahn vorbeigegangen ist. Ich habe die Vereinsführung lange nicht mehr so mitgenommen gesehen. Der gesamte Verein steht aktuell unter Beschuss. Man merkt, dass die handelnden Personen leiden, weil es sportlich nicht läuft", betonte Sky Reporter Florian Plettenberg bei Sky90.
Nach dem BVB-Spiel thronte der FC Bayern noch an der Tabellenspitze der Bundesliga und träumte sogar vom dritten Triple der Klubgeschichte. Zwei Wochen später bleibt Tuchel und Co. vermutlich nur noch der Kampf um die Deutsche Meisterschaft, sollte das Wunder von München am Mittwoch in der Königsklasse im Viertelfinale gegen Manchester City ausbleiben.
Und nach den jüngst schwachen Auftritten ist selbst die elfte Meisterschaft in Serie noch alles andere als eine Selbstverständlichkeit. "Man hat die Bayern dafür gefeiert, dass Tuchel gegen Dortmund einen Sieg eingefahren hat, aber es ist der absolute Worst Case eingetroffen mit dem Pokal-Aus. Beim FC Bayern herrscht eine gewaltige Angst vor Mittwoch, wenn dieser Erling Haaland auf dem Münchner Flughafen landet. Wenn das in die Hose geht, dann reden wir über die Zukunft beim FC Bayern", machte Plettenberg die Brisanz der Situation rund um die Säbener Straße deutlich.
Tuchel muss nun - trotz kurzer Anlaufzeit - schnell Ergebnisse liefern. Ansonsten wird die Kritik an Kahn und Salihamidzic nicht abreißen. Und die Laune der Bayern-Bosse würde dann natürlich auch nicht besser werden.
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