"Monster" de Ligt als Leader: Bayern-Abwehr in großen Spielen ein Bollwerk
09.03.2023 | 12:52 Uhr
Matthijs de Ligt hat mit seiner spektakulären Rettungstat einen möglicherweise anderen Spielverlauf gegen PSG verhindert. Der Niederländer und die gesamte Bayern-Abwehr trumpfen in den großen Spielen so richtig auf.
Es war die Aktion des Spiels. Und sie wurde genauso bejubelt wie ein eigener Treffer.
Als Bayern-Keeper in der 38. Spielminute Yann Sommer den Ball im eigenen Sechszehner gegen Achraf Hakimi vertändelte, hatte Vitinha das leere Tor vor sich. Aus 13 Metern wollte der Mittelfeldspieler von PSG beim Stand von 0:0 zur Führung einschieben. Doch der Portugiese hatte die Rechnung ohne Matthijs de Ligt gemacht.
Denn der 23-jährige Abwehrspieler der Münchner kam im Vollsprint von der Seite herangerauscht und verhinderte mit einer spektakulären Grätsche den Einschlag. De Ligt kratze den Ball dabei geradeso von der Linie. Anschließend ballte der 1,89-Mann die Faust und wurde von seinen Teamkollegen gefeiert.
Insgesamt fünf klärende Aktionen stehen nach Abpfiff auf dem Statistikbogen für den 40-maligen niederländischen Nationalspieler zu Buche. Die Wichtigste war allerdings zweifelsohne die gegen Vitinha. Denn wenn PSG kurz vor der Pause mit 1:0 in der Allianz Arena in Führung gegangen wäre, hätte dieses Achtelfinal-Duell in der Königsklasse womöglich einen ganz anderen Verlauf genommen. So gewann der FC Bayern am Ende 2:0.
Im Netz wurde de Ligt für seine Rettungstat gehuldigt. "Leader", "Monster" und "Anführer" waren dabei drei der häufigsten Bezeichnungen für den Golden Boy von 2018. Sogar Vergleiche mit "Jesus" waren zu lesen. Der FC Bayern selbst benutzte in den sozialen Medien das Wort "Maschine".
Als Belohnung für die Verhinderung des Gegentores darf sich de Ligt nun auf etwas Süßes freuen. "Ich werde ihm einen Lastwagen Schweizer Schokolade vor die Haustür stellen. Überragend, wie er mitdenkt und mich gerettet hat", meinte Sommer zur Aktion seines Teamkollegen bei DAZN. Bayern-Präsident Herbert Hainer witzelte derweil: "Ich wusste gar nicht, dass er (de Ligt, Anm. d. Red.) so schnell ist."
"Es war ein ganz wichtiger Moment in diesem Spiel. Ich war wach, habe mir gedacht, dass da etwas passieren könnte und habe eingegriffen. Es hat geklappt, und es war natürlich sehr wichtig", sagte de Ligt selbst am Mikrofon von Sky Sport Austria. "Als Verteidiger versuche ich immer zu antizipieren. Wenn ein Kollege den Ball mal verliert, muss ich immer bereit sein. Das war der perfekte Moment", fügte er noch an.
Diese Einstellung und Willensleistung, den Fehler eines Teamkollegen auszubügeln und den Gegentreffer zu verhindern, lobte auch FCB-Trainer Julian Nagelsmann. "Er liebt verteidigen, das sieht man. Er erkennt die Situation. Es gibt so viele Verteidiger, die hören da auf zu laufen. Neun von zehn bleiben dastehen, weil sie denken, es ist vorbei. Er hat einfach Bock zu verteidigen. Es ist eine unfassbare Aktion", so Nagelsmann bei DAZN.
De Ligt würde es einfach "hassen, Gegentore zu bekommen". Aber nicht nur deshalb ist der ehemalige Star von Ajax Amsterdam und Juventus so wichtig für den FC Bayern. Der Niederländer hat sich in den vergangenen Wochen zum Sprachrohr in der Münchner Defensive entwickelt und damit die entstandene Lücke durch die verletzungsbedingten Ausfälle von Manuel Neuer und Lucas Hernandez geschlossen.
Bereits nach dem 2:1-Sieg der Bayern im Südgipfel beim VfB Stuttgart in der Liga hatte Nagelsmann von seinem Abwehrhüne geschwärmt: "Bei de Ligt war es eine außergewöhnlich gute Entwicklung. Was ihn auszeichnet, ist diese Gier und Lust zu verteidigen. Er wird seiner Berufsbezeichnung als Verteidiger mehr als gerecht."
Insgesamt steht die Bayern-Defensive in den großen Spielen sehr stabil. Während die Münchner in der Liga bislang in 23 Spielen "nur" neunmal ohne null spielten, ist die Quote in der Champions League deutlich höher. In acht Partien ließ der deutsche Rekordmeister gleich siebenmal kein Gegentor zu. Inter Mailand, FC Barcelona und PSG verzweifelten dabei gleich doppelt am Bayern-Bollwerk.
Paris hatte im Rückspiel bis auf die Vitinha-Chance nur zwei gute Gelegenheiten. Zweimal kam Sergio Ramos in der zweiten Halbzeit nach einer Ecke per Kopfball zum Abschluss (64./83.). Den ersten Versuch wehrte Sommer stark ab, beim zweiten flog der Ball knapp am Tor vorbei. Mehr ließ die Münchner Abwehr nicht zu.
"De Ligt hatte die tolle Rettungsaktion, aber was Upamecano gespielt hat, war auch sensationell. Natürlich brauchst du einen, der spricht, aber wenn du dich verstehst und keine Fehler machst, wenn die Leistung stimmt, kann man das etwas umgehen. Es hilft, wenn du einen Sprecher hast. Ich glaube, dass de Ligt schon viel spricht, aber wenn Upamecano so spielt, dann muss man auch wenig sprechen", schwärmte Sky Experte Didi Hamann vom Innenverteidiger-Duo.
Upacemaco schaltete Superstar Kylian Mbappe komplett aus und spielte im gesamten Rückspiel nur einen einzigen Fehlpass. De Ligt dirigierte die Abwehr lautstark und war gegen Weltmeister Lionel Messi hellwach. Auch die beiden Außenverteidiger Alphonso Davies, der Hakimi im Griff hatte, sowie Josip Stanisic überzeugten.
Der langjährige Edel-Reservist Stanisic bekam von Nagelsmann sogar ein Sonderlob. "Stani möchte ich hervorheben, er hat ein Weltklasse-Spiel gemacht. Das hat ihm nicht jeder zugetraut. Er hat gefühlt jeden Zweikampf gewonnen", so der Bayern-Trainer. Auch Präsident Hainer und Sportvorstand Hasan Salihamidzic lobten die Leistung des Kroaten, der lange hinter Benjamin Pavard, Noussair Mazraoui und Joao Cancelo nur als vierte Wahl auf der Rechtsverteidiger-Position galt.
Dank Stanisic, Upamecano, de Ligt und einer insgesamt überragenden Bayern-Abwehr stehen die Münchner zum elften Mal in den vergangenen zwölf Jahren im Viertelfinale der Champions League. Und ein Titelgewinn ist bekanntlich ja vor allem mit einer starken Defensive möglich.
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