Der "nette Bursche" Kepa: Vom Problemfall zum Problemlöser?
10.08.2023 | 13:17 Uhr
Jetzt also Kepa. Der Kepa, der dem FC Chelsea einst 80 Millionen Euro Ablöse wert war. Der Spanier ist nach Sky Infos die favorisierte Lösung beim FC Bayern für die Nachfolge von Yann Sommer. Er soll sogar die Empfehlung von Thomas Tuchel persönlich sein.
Kurz vor dem Supercup am Samstag (20:45 Uhr live auf Sky) gegen RB Leipzig hat der Rekordmeister ein akutes Torwartproblem. Trainer Thomas Tuchel steht derzeit in Sven Ulreich nur ein erfahrener Profikeeper zur Verfügung. Bei der Generalprobe gegen Monaco (4:2) saß der erst 19 Jahre alte Tom Ritzy Hülsmann als Ersatz auf der Bank.
Wird der teuerste Keeper der Welt nun zur Lösung? Nach Sky Infos haben sich de Münchner aktuell auf Kepa festgelegt. Die Bayern-Bosse sind nach internen Analysen von der Qualität und vom Charakter des 28-jährigen Spaniers überzeugt und forcieren ein Leih-Modell, das möglicherweise auch eine Kaufoption beinhaltet. Diesbezüglich stehen Gespräche mit dem FC Chelsea an.
"Ich sehe einen netten Burschen, mit einer offenen Persönlichkeit, einen hart arbeitenden Typen mit viel Qualität", hatte Tuchel 2021 zu Beginn seiner Amtszeit auf der Insel einmal über Kepa gesagt. Doch von vorne.
Vor fünf Jahren verpflichtete Chelsea den gebürtigen Basken für eine Torhüter-Rekordablöse, die bis heute Bestand hat. Dafür, dass ihn die 80 Millionen bis heute verfolgen, kann Kepa natürlich nichts. Weil sein Vertrag bei Athletic Bilbao ein halbes Jahr vor dem Chelsea-Wechsel bis 2025 verlängert worden war, kam es zu dieser unwirklichen Summe - Kepa war damals noch ohne Europapokaleinsatz und nicht einmal Spaniens Nummer 1.
Real Madrid, das ihn im Januar 2018 um ein Haar verpflichtet hätte, als er noch rund 55 Millionen Euro günstiger war, wird ganz gut damit leben können, stattdessen Thibaut Courtois geholt zu haben, Kepas Vorgänger in London.
Der hohen Erwartungshaltung wurde Kepa zu Beginn an der Stamford Bridge noch gerecht. Der Spanier zeigte in der ersten Saison, welch großes Potenzial in ihm steckt. In 36 Spielen blieb Kepa 14 Mal ohne Gegentor, der drittbeste Wert in der Premier League.
Mit starken Paraden und Reflexen zeigte er immer wieder sein Können. Im Laufe der zweiten Saison fiel er jedoch immer mehr durch Unsicherheiten und Patzer auf. Die Fehler häuften sich, die genialen Momente wurden seltener.
Dazu kamen unrühmliche Aktionen wie das Finale des Carabao Cups 2019, als er seine Auswechslung verweigerte und damit die Autorität des damaligen Trainers Maurizio Sarri untergrub. Sarri musste am Ende der Saison gehen, Kepa blieb und stand immer stärker im Fokus - und damit auch in der Kritik.
Sarris Nachfolger Frank Lampard gab ihm nicht das Vertrauen, das ein Torhüter in solch schwierigen Zeiten gebraucht hätte, die Torwartdiskussion war ein ständiges Thema in London. Mit dem Wissen im Hinterkopf, dass der Verein bereits nach einem Nachfolger für ihn suchte, patzte Kepa einmal mehr folgenschwer.
Im Ligaspiel gegen Liverpool passte er im eigenen Sechzehner zum damaligen Reds-Spieler Sadio Mane, der zum 2:0 und damit der Vorentscheidung einschob. Vier Tage später verpflichtete Chelsea Edouard Mendy.
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Der senegalesische Nationalspieler war von da an sowohl bei Lampard als auch später bei dessen Nachfolger Tuchel gesetzt. Kepa kam nur noch auf sporadische Einsätze.
Unter Tuchel gewann Chelsea 2021 die Champions League, Mendy wurde Welttorhüter - die Lage für den degradierten Rekordtransfer schien hoffnungslos.
Einen Höhepunkt im Jahr 2021 gab es für Chelseas Nummer zwei aber: Im europäischen Supercup gegen Villarreal wechselte Tuchel als Taktik-Kniff den Spanier für das Elfmeterschießen ein - mit Erfolg. Kepa, der von sich selbst sagt, auf und neben dem Platz ein ehrgeiziger Typ zu sein, hielt den entscheidenden Elfmeter von Raul Albiol und wurde zum gefeierten Helden.
Doch auf dieses Erfolgserlebnis folgte im Februar 2022 ein Desaster im Finale des Carabao Cups gegen Liverpool. Der Spanier wurde wieder eingewechselt, hielt im Elfmeterschießen keinen einzigen Schuss und vergab als elfter Schütze den entscheidenden Elfmeter, Chelsea verlor.
Nach der Entlassung von Tuchel und der Verpflichtung von Graham Potter im Herbst des vergangenen Jahres folgte ein glücklicher Wendepunkt für den 13-fachen Nationalspieler: Mendy fiel mit einer kleineren Verletzung aus, Kepa nutzte seine Chance auf Anhieb - und ließ Potter mit Weltklasse-Paraden keine andere Wahl, als weiterhin auf ihn zu setzen.
Sportlich verlief die Saison 2022/23 für die Blues zwar äußerst turbulent, für Kepa persönlich muss es sich aber vermutlich wie eine Art Wiederauferstehung angefühlt haben. In 39 Pflichtspielen stand er auf dem Feld, dabei blieb er zwölfmal ohne Gegentreffer. Insgesamt bestritt er bislang 163 Pflichtspiele für die Blues, dabei kassierte er 175 Gegentore und hielt 59 Mal die Null.
Das Selbstverständnis ist wieder zurück. Nicht ohne Grund setzt Neu-Coach Mauricio Pochettino aktuell auf den noch immer teuersten Torhüter der Welt. Am Sonntag startet Chelsea mit einem Heimspiel gegen den FC Liverpool (17.30 Uhr auf Sky Sport Premier League) in die neue Premier-League-Saison.
Ob Kepa dann noch in England oder schon in München ist, bleibt abzuwarten.
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