FC Bayern News: FCB schwächt Konkurrenten - wieder das alte Muster?
"Leipzig-Block" vollendet: Verfällt der FC Bayern in altes Muster?
31.08.2021 | 13:19 Uhr
"Und wieder einmal schwächt der Bayern die Konkurrenz": Während man diesen Satz in der Vergangenheit regelmäßig zu hören bekommen hat, ist er nach den jüngsten Transfer-Aktivitäten des deutschen Rekordmeisters aktueller denn je. Eine kommentierende Analyse.
Es ist offiziell: Marcel Sabitzer verlässt die Roten Bullen und schließt sich einen Tag vor dem Deadline Day (das große Transfer-Finale am Dienstag ab 9 Uhr live auf Sky Sport News) dem FC Bayern München an. Der österreichische Nationalspieler unterschreibt in der bayerischen Landeshauptstadt einen Vertrag bis 2025 und kostet 15 Millionen Euro Ablöse.
Bayerns Vorstandsvorsitzender Oliver Kahn freut sich über den jüngsten Coup: "Marcel Sabitzer bringt alles mit, was ein Spieler für den FC Bayern braucht", sagte er und ergänzte: "Er wird außerdem keine lange Eingewöhnungszeit benötigen, weil er mit der Philosophie unseres Trainers Julian Nagelsmann bereits bestens vertraut ist."
ZUM DURCHKLICKEN: Die Vertragslaufzeiten der Bayern-Stars
Großer RB-Block beim Rekordmeister
Beide arbeiteten schon zwischen 2019 und 2021 beim amtierenden Vizemeister erfolgreich zusammen und sind nun in München wiedervereint. Zusammen mit Innenverteidiger Dayot Upamecano und einem Großteil des Trainerteams vollendet Sabitzer den "Leipzig-Block" beim FC Bayern.
Dabei betonte der 33-jährige Trainer noch vor seinem Antritt, dass er neben Upamecano keinen weiteren RB-Profi mitnehmen möchte. "Ich werde jetzt nicht einen T6 mieten, um nach München zu fahren und im Schlepptau noch den ein oder anderen guten Spieler von Leipzig dabei zu haben", sagte Nagelsmann damals. Und noch genauer: "Jetzt, wo mir RB die Chance ermöglicht, fange ich nicht an, an Spielern rumzugraben."
Mit Sabitzer wurde nun aber der Kapitän der Roten Bullen weggekauft. Erinnerungen an die jüngere Vergangenheit werden wach. Ist das ein Rückfall in alte Bayern-Muster?
Sabitzer reiht sich in lange Liste ein
Wer erinnert sich nicht an Blockbuster-Transfers der BVB-Stars um Mario Götze (2013), Robert Lewandowski (2014) und Mats Hummels (2016) zum Rekordmeister? Wenige Zeit nach den beiden Meisterschaften der Schwarz-Gelben aus den Jahren 2011 und 2012 setzten die Bayern-Verantwortlichen in den Folge-Saisons schmerzhafte Stiche, nahmen ihrem härtesten Rivalen die Schlüsselspieler weg. Alle ließen sich mit einer besseren Perspektive auf Titel locken.
Weitere Transfer-Aktivitäten aus der jüngeren Vergangenheit trafen unter anderem die einstigen Rivalen Schalke, Bayer Leverkusen und den VfB Stuttgart. Mit Mario Gomez verloren die Schwaben 2009, zwei Jahre nach ihrer Sensationsmeisterschaft, das Aushängeschild und Idol des Klubs. Mit dem Transfer von Giovane Elber wurde 1997 zudem das magische Dreieck zerbrochen - unmittelbar nach dem DFB-Pokalsieg der Stuttgarter.
Die Knappen verloren unter anderem Vereinsikone Olaf Thon (1988) und natürlich Manuel Neuer (2011), Leverkusen hatte mit Ze Roberto (2002), Michael Ballack (2002) und Lucio (2004) ebenfalls drei schmerzhafte Verluste beklagen. Am Ende lässt sich die Liste noch mit vielen ehemaligen Konkurrenten (Borussia Mönchengladbach, 1. FC Köln) und prominenten Namen lange fortsetzen (Matthäus, Effenberg, Kohler, usw.).
Jonker-Einblicke lassen aufhorchen
Die Bayern müssen sich schon lange die Kritik gefallen lassen, mit liga-internen Transfers die aufstrebenden Kontrahenten zu schwächen. Mitte August gab der ehemalige Bayern-Trainer Andries Jonker in einem Interview mit Goal interessante Einblicke in die Transfer-Taktiken der Münchener - insbesondere vom FCB-Ehrenpräsidenten Uli Hoeneß. "Einmal habe ich Uli gefragt, warum er immer die besten Spieler der Bundesliga-Rivalen kauft, damals zum Beispiel Mario Gomez vom VfB Stuttgart."
Die Antwort: "Er meinte, dass Bayern in solchen Fällen nicht verhandle, sondern immer das zahle, was der andere deutsche Verein wolle." Der jeweilige Klub könne das Geld dann in einen Ersatz oder in die eigene Jugendarbeit stecken. "Was wiederum Bayern helfen würde, wenn der nächste gute Spieler von dem jeweiligen Klub geholt werde", ergänzte Jonker.
Eine immer wiederkehrende Strategie, die angesichts der jüngsten Transfer-Aktivitäten des Rekordmeisters aktueller denn je erscheint.
Transfererlöse bieten neue Chancen auf dem Markt
So investierte RB zum Beispiel einen Teil der Upamecano-Millionen in den designierten Nachfolger Mohamed Simakan, der seine Qualitäten schon jetzt unter Beweis gestellt hat. Er soll eine ähnliche Entwicklung nehmen und in die Fußstapfen seines prominenten Vorgängers treten. Ein weiterer Teil der Ablöse ist zudem in Andre Silva geflossen, der nun endgültig die Lücke im Sturmzentrum schließen soll. Er kam in der vergangenen Saison bei Eintracht Frankfurt immerhin auf 28 Treffer…
Bei Sabitzer deutet sich nun ein ähnliches Szenario an. Seine Transferentschädigung wird sofort in einen vermeintlichen Nachfolgekandidaten investiert: Mit Ilaix Moriba kommt vom FC Barcelona nach Sky Infos eines der größten Talente der spanischen La Liga.
Strategisch kluger Wechsel
Am Ende ist der Sabitzer-Deal für beide Seiten eine Win-Win-Situation. Der Österreicher wollte Leipzig ohnehin verlassen, wäre spätestens 2022 mit dem Vertragsende ablösefrei gewechselt. So erhält RB noch einmal eine Summe, die sie direkt reinvestieren können. Die Bayern bekommen im Gegenzug eine variabel einsetzbare Top-Lösung, die sowohl die Bundesliga kennt als auch auf internationaler Bühne bereits überzeugt hat.
Und noch einmal der Rückblick zu Upamecano: Den hatten die Bayern schon auf dem Zettel, als er 2015 bei der U17-EM mit seiner Athletik und Schnelligkeit überzeugt hat. Die Ausrede, der Deal solle nur RB schwächen, zählt hier also nicht. Er war die logische Nachfolge-Option für die abgewanderten Leistungsträger Jerome Boateng und David Alaba.
Konkurrenz handelt vergleichbar
Und beim Blick auf die letzten Transferfenster fällt auf: Die Konkurrenz handelt auch nicht anders. Während sich beispielsweise Borussia Dortmund in den vergangenen Jahren regelmäßig bei Borussia Mönchengladbach (Reus, Dahoud, Hazard, Rose) bedient hat, schnappt sich Leipzig einfach mal den besten Stürmer der Frankfurter Eintracht.
Auch Vereine wie Leverkusen oder Wolfsburg schauen in der "Transfer-Nahrungskette" dann eben eine Etage tiefer: So hat sich die Werkself zum Beispiel mit Robert Andrich eine Schlüsselfigur von Union geholt, der VfL verstärkte sich mit Kölns Top-Innenverteidiger Sebastiaan Bornauw sowie Dodi Lukebakio von Hertha BSC.
Es gibt mehrere Blickwinkel
Letztendlich gilt festzuhalten, dass jeder Transfer von mehreren Blickwinkeln zu betrachten ist: Auf der einen Seite ist es immer das Ziel, die eigene Mannschaft zu verbessern, sein Team auf ein neues Level zu heben. Bei den Bayern geht der Blick natürlich immer nach oben - dafür benötigen sie die "besten" Spieler.
"Die infrage kommenden Spieler werden lange beobachtet, bis sie überhaupt in die Auswahl kommen", sagte Kahn nach dem Upamecano-Transfer im März in einem kicker-Interview und stellte klar: "Der Gedanke, einen Gegner mit einem Transfer zu schwächen, kommt in diesem Prozess überhaupt nicht vor."
Am Ende ist es völlig normal, dass ein aufstrebender Spieler für eine marktgerechte Summe zu einem besseren Team transferiert wird. Da ist es egal, aus welcher Liga er kommt. "Der FC Bayern hat eben eine sehr hohe Attraktivität für Spieler nicht nur aus der Bundesliga, sondern auch aus dem Ausland", so Kahn. Für Sabitzer erfüllt sich mit dem Tapetenwechsel sogar ein Traum: "Als kleines Kind bin ich immer im Bayern-Trikot rumgelaufen. Daher ist es ein besonderer Tag für mich", sagte er auf fcbayern.com.
Auf der anderen Seite muss der abgebende Verein natürlich Ersatz finden, der sich schnellstmöglich im Mannschaftsgefüge akklimatisieren und den Abgang bestmöglich kompensieren soll. Dieser Schritt fällt jedoch - wie sich in der Vergangenheit regelmäßig gezeigt hat - vielen Klubs schwer.
Gerade das ist jedoch das Muster, von dem die Bayern seit Jahren - nein, seit Jahrzehnten - profitieren.
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