Er war vielleicht DER entscheidende Faktor im Finale der Champions League: Manuel Neuer. Der Bayern-Keeper präsentierte sich gegen Paris Saint-Germain in Weltklasse-Form - und das, obwohl vor nicht allzu langer Zeit bereits der Abgesang auf den Torhüter angestimmt wurde.
Thomas Tuchel nannte es scherzhaft "Wettbewerbsverzerrung", was Manuel Neuer am 23. August 2020 im Endspiel um den Henkelpott im Estadio da Luz ablieferte. Neymar, Mbappe und Co. bissen sich am Schlussmann der Bayern reihenweise die Zähne aus.
Dass es das beste Spiel seiner Karriere gewesen sei, könne man zwar nicht sagen, fand Neuer selbst. Aber er habe "ein gutes, ein super Spiel gemacht". Jedenfalls unterstrich er mit seinem Gala-Auftritt im europäischen Rampenlicht einmal mehr, wie wichtig er noch immer für den FC Bayern ist.
"Er ist immer wieder da, deswegen ist er die Nummer eins", betonte Thomas Müller nach dem 1:0-Sieg gegen PSG fast schon unbeeindruckt. "Da brauchen wir nicht so tun, als ob es ganz unvorhergesehen kam."
Wobei, so klar war das vor einigen Monaten tatsächlich noch nicht.
Nübel muss sich hintenanstellen
Seit Juli trainiert nämlich ein gewisser Alexander Nübel an der Säbener Straße - mit der Mission, früher oder später die Nachfolge von Neuer anzutreten. Angeblich hatte man Nübel beim FC Bayern regelmäßige Einsätze versprochen und auch eine vorübergehende Leihe des Keepers ausgeschlossen, um ihn an den Job als Nummer eins heranzuführen. Daraus dürfte nun erstmal nichts werden.
Nach langem Zögern verlängerte Neuer im Mai seinen Vertrag bis 2023 und spielt seither wie zu seinen besten Zeiten. Die Diskussion über eine mittelfristige Wachablösung im Bayern-Kasten schien ihn regelrecht anzuspornen. Nach der Corona-Pause und speziell im CL-Finalturnier legte der 34-Jährige noch einmal eine Schippe drauf, kassierte weniger Gegentore und wehrte mehr Torschüsse ab. In dieser Form führt erstmal kein Weg am viermaligen Welttorhüter vorbei.
Flick gibt Neuer Rückendeckung
Das sieht auch Trainer Hansi Flick so. "Mit Manuel haben wir für mich den weltbesten Torhüter", betonte der Bayern-Coach, der seiner Nummer eins in den vergangenen Monaten immer demonstrativ den Rücken gestärkt hatte.
Lothar Matthäus ist sich sicher, dass dieses Vertrauen Neuers Top-Leistung erst möglich machte. "Man möchte denken, dass Weltklasse-Spieler so etwas nicht nötig haben. Haben sie vielleicht auch nicht, aber sie vergessen das auch nicht und es hilft gerade auf diesem Niveau, absolute Höchstleistungen abzurufen, wenn es darauf ankommt", so der Sky Experte in seiner Kolumne.
Neuer gewinnt direkten Vergleich gegen ter Stegen
Und nicht nur beim FC Bayern, sondern auch in der Nationalmannschaft dürfte die Torhüter-Diskussionen nun vorerst beendet sein. Seit der WM 2018, als Neuer trotz einjähriger Verletzungspause den Vorzug vor Marc-Andre ter Stegen erhalten hatte, war der Status des Weltmeisters umstritten. Zumal sich ter Stegen mit starken Leistungen beim FC Barcelona immer mehr aufdrängte.
Der direkte Vergleich beim 8:2-Sieg der Bayern gegen die Katalanen im Viertelfinale der Champions League fiel allerdings wenig schmeichelhaft für den Barca-Keeper aus. "Es tut mir etwas leid für Marc, dass er so viele Tore kassiert hat", äußerte sich Neuer anschließend kollegial - mit der Größe eines Torhüters, der weiß, die Kräfteverhältnisse wieder zurechtgerückt zu haben.
