Vor City-Kracher: Bei Bayern flutscht es unter Tuchel noch nicht richtig
10.04.2023 | 11:21 Uhr
Der FC Bayern hat mit dem 1:0-Sieg beim SC Freiburg die Wogen nach dem Pokal-Aus etwas glätten und Selbstvertrauen vor dem CL-Hinspiel bei Manchester City tanken können. Will man gegen die Skyblues jedoch etwas holen, ist besonders offensiv eine weitere Steigerung nötig.
Beim FC Bayern München flutscht es noch nicht so richtig. Käme man auf die verrückte Idee, die Bayern-Offensive mit einer Ketchup-Flasche zu vergleichen, wäre sie aktuell eine dieser Glasflaschen, an denen man manchmal durchaus verzweifeln könnte. Man macht und tut und es kommt nichts oder nur tröpfchenweise.
Auf den Rekordmeister übertragen, sieht es bei den Toren aktuell ähnlich aus. Das passt gar nicht zum FC Bayern. Versteht man sich - um im Bilde zu bleiben - an der Säbener Straße sicherlich eher als eine dieser Plastik-Flaschen, die das gewünschte Produkt nur so herausschießen, wenn es gefordert ist. Nicht umsonst traf man in den vergangenen 20 Bundesliga-Spielen immer mindestens ein Mal und stellt mit 77 Toren die beste Offensive der Liga. Dennoch hatte man zuletzt das Gefühl, dass vorne irgendwie ein Stau herrsche. Nicht umsonst sah man die Ziele des FC Bayern in Gefahr und holte einen neuen Trainer, der Konstanz in die Leistungen der Münchener bringen sollte.
Gegen Dortmund lief es nach starkem Beginn des Gegners vor allem nach dem Kobel-Patzer (im Hausgebrauch das übliche Messer, das plötzlich alles und oft zu viel zum Laufen bringt) offensiv fast reibungslos. Gegen die Freiburger taten sich die bayerischen Offensivakteure jedoch in zwei Spielen in Folge schwer - wenn auch in unterschiedlicher Art und Weise.
Gelang es dem Tuchel-Team im Pokal-Spiel am vergangenen Dienstag kaum hochkarätige Chancen herauszuspielen, hatte man diese beim Gastspiel in Freiburg in beträchtlicher Anzahl. Brachten die Bayern unter der Woche noch die zahnlose Dominanz auf den Platz, zeigten sie vor allem in der zweiten Hälfte am Wochenende mehr Biss und wirkten eher "Bayern-like".
Trotzdem erzielten zwei Verteidiger die letzten beiden Tore: Dayot Upamecano per Kopf nach einer Ecke und Matthijs de Ligt per sehenswertem Distanzschuss. "Untypisch" für die Bayern, sagte Tuchel nach dem Spiel im Sky Interview über das Tor des Niederländers, sehe er doch genug Qualität in der Offensive. Schaut man noch ein paar Wochen zurück, sind es sogar sieben der vergangenen zwölf Tore, die durch einen Verteidiger der Bayern erzielt wurden.
Man könnte meinen, solange die Tore fallen, ist es egal, wer sie schießt. Schaut man sich jedoch den kommenden Gegner an, dann sollte man sich wahrscheinlich vornehmlich auf eine stabile Defensive verlassen können, statt auf Tore der Verteidiger. Das sollen dann doch die Herren Thomas Müller, Sadio Mane, Leroy Sane, Serge Gnabry, Kingsley Coman und vielleicht auch Eric Maxim Choupo-Moting am Dienstag übernehmen.
Ein Teil dieser Gruppe lieferte in Freiburg eine ansprechendere Leistung als zuletzt und zeigte die vom Trainer geforderte Gier. Es fehlten jedoch vor allem das letzte Quäntchen Präzision und vielleicht auch Glück. Gerade Sadio Mane blieb nach seiner Ankündigung erneut glücklos und wirkte zeitweise etwas verzweifelt.
Letztendlich resultierte aus 22 Torschüssen und einem expected-Goals-Wert von 3,04 nur ein einziges Tor. Gnabry scheiterte am Pfosten, Mane zirkelte knapp am langen Pfosten vorbei und musste sich gegen einen stark aufgelegten Mark Flekken geschlagen geben. Sane zielte zwei Mal vor dem Tor zu ungenau. "Es fehlt auch jedem einzelnen Stürmer ein Erfolgserlebnis", glaubt Tuchel.
"Die letzte Prise Salz hat letzten Dienstag gefehlt, die hatten wir heute auf jeden Fall. Wir haben hochverdient gewonnen, allerdings war es bis zum Schluss sehr eng, weil wir es versäumt haben, Tore zu schießen", resümierte der Bayern-Trainer nach der Partie am Sky Mikro und sieht sein Team auf dem richtigen Weg.
Den FCB-Angreifern fehlten letztlich die Belohnungen für den Aufwand, den sie betrieben und durch die das Ergebnis am Ende deutlicher hätte ausfallen können. Stattdessen musste der Rekordmeister besonders in zwei Situationen zittern: einerseits bei Ritsu Doans Pfostenschuss, andererseits bei Roland Sallais Schuss, den Torhüter Yann Sommer noch spektakulär mit dem Fuß abwehren konnte.
Gegen Freiburg reichte es somit für drei Punkte. Gegen Manchester City könnte ein solcher Chancenwucher am Ende fahrlässig sein und ein böses Erwachen mit sich bringen. Zumal die Citizens nach den Bayern die beste Abwehr in der Champions League stellen (drei Gegentore) und damit zu rechnen ist, dass sie den Bayern nicht all zu viele Chancen bieten werden.
Wer gegen Pep Guardiola und Manchester City vorne für die Tore sorgen soll, verriet Tuchel gegenüber Sky noch nicht. Er erklärte aber, dass er mit der Chancenerarbeitung seiner Angreifer zufrieden gewesen sei. "Serge hat es gut gemacht, hat sich aber auch nicht belohnt und hatte in der ersten Halbzeit schon eine große Chance. Sadio hat zwei große Torchancen. Freiburg hat zwölf Heimspiele nicht verloren, deswegen reicht es nicht, das taktisch und technisch zu lösen, sondern du brauchst auch das gewisse Etwas." Wer dieses "Etwas" gerade hat, ließ er offen.
Eines ist jedoch eindeutig: Diejenigen, die das Vertrauen im Viertelfinale geschenkt bekommen, sollten die wenigen Chancen, die ihnen die Skyblues im Etihad Stadium bieten, nutzen. Für Sky Experte Didi Hamann stehen die Chancen fifty-fifty:
"Ich glaube, dass die Bayern eine größere Chance haben, als die Leute ihnen einräumen. Aber vor dem Tor müssen sie effizienter werden. Sane hat drei, vier Chancen wie im Training verschossen. Du arbeitest so hart für die Chance, dann musst du sie auch reinmachen. Wenn sie das tun, dann haben sie gegen City eine ordentliche Chance, um weiterzukommen".
Der kommende Dienstag wäre also der perfekte Moment, um die Bayern-Offensive wieder zum Flutschen zu bringen - im besten Fall auch ohne gegnerische Schützenhilfe.