Seit fast fünf Monaten ist Thiago ein Spieler des FC Liverpool, doch so richtig angekommen ist der Spanier in der Premier League noch nicht. Die bisherige Bilanz ist ernüchternd. Womöglich gibt es sogar ein ganz grundlegendes Problem.
Thiago legte beim FC Liverpool einen denkbar schlechten Start hin. Nach nur einem Pflichtspiel zum Saisonauftakt gegen den FC Chelsea infizierte er sich mit dem Coronavirus. Kaum davon genesen, setzte ihn eine Knieverletzung bis zum Jahresende außer Gefecht.
Am 30. Dezember war es dann so weit. Nach rund zweimonatiger Verletzungspause feierte Thiago mit der Einwechslung im Auswärtsspiel bei Newcastle United seinen "Restart" für die Reds - und schon da blitzte auf, was in den folgenden Wochen zum Problem werden würde.
Thiago noch nicht in Triple-Form
"Er ist ein super Spieler. Von seinen 20 gespielten Minuten waren zwölf brillant, aber dann hat er die Intensität gespürt. Das ist aber normal. Er hat erst zweimal mit der Mannschaft trainiert. Er hat also noch ein bisschen körperliche Arbeit nachzuholen, muss den Rhythmus noch finden", so damals das Fazit von Trainer Jürgen Klopp.
Den Rhythmus hat Thiago sechs Wochen später allerdings nach wie vor nicht wirklich gefunden. Seiner Gala-Form aus der vergangen Triple-Saison mit dem FC Bayern hinkt der Mittelfeldregisseur in fast allen Statistiken* hinterher und ein Blick auf seine Zweikampfquote zeigt, dass ihm vor allem die vielbesagte Härte in der Premier League noch zu schaffen macht.
Experten äußern sich skeptisch zu Thiago
"Er bringt in Sachen Kreativität und Spielführung frischen Wind, aber man verliert dadurch an Köperlichkeit", stellte der frühere englische Nationalspieler Rio Ferdinand kürzlich gegenüber BT Sport fest. Der Ex-Bayer sei damit ein völlig anderer Spielertyp als die bisherige Mittelfeldzentrale. "Liverpools Basis für den Erfolg in den vergangenen zwei Jahren war der Mittelfeldmotor aus Henderson, Wijnaldum und Fabinho, die harte Arbeit leistete, um die Stürmer zu bedienen", erklärte Ferdinand.
Noch deutlicher wurde Ex-Liverpool-Profi und Sky Experte Didi Hamann im Interview mit talksport. "Die Leute haben sehr viel aus der Ankunft von Thiago gemacht, aber einige haben auch gesagt, dass er die Dinge wirklich langsam macht und nicht wirklich nach Liverpool-Art spielt", erinnert der 47-Jährige.
Thiago verkörpere "einen anderen Fußball-Stil. Er will in Ballbesitz sein, aber Liverpool war immer dann gut, wenn sie nicht den Ball hatten. Und dann, wenn sie den Ball hatten und schnell nach vorne gespielt haben. Und Thiago ist nicht dieser Spielertyp."
Klopp will mit Thiago "neue Dimension"
Allerdings wollte Klopp bei Thiagos Verpflichtung eben genau so einen Spielertyp zu den Reds holen. "In diesem speziellen Fall geht es um einen Spieler, der eine neue Dimension in unser Spiel bringt", schwärmte Klopp über seinen Transfer-Coup: "Er hat Fähigkeiten, die sehr selten sind und sehr gut zu uns passen."
Inzwischen musste Klopp wohl feststellen, dass sich der Spanier doch nicht so nahtlos in das Liverpool-Gebilde einfügen lässt, wie erhofft. Der LFC-Coach reagierte zuletzt mit einer Systemumstellung und schob Thiago von der Sechs auf die offensivere Achter-Position.
Systemumstellung funktioniert - teilweise
Beim 3:1-Sieg gegen Tottenham Hotspur vor gut zwei Wochen zahlte sich dieser taktische Kniff aus. Klopp zeigte sich nach der Partie zufrieden mit seiner neuen Ausrichtung, attestierte Thiago aber noch Luft nach oben: "Ich weiß, dass Thiago noch viel besser spielen kann als heute Abend - aber was wir heute zeigt haben, war für alle ein wichtiger Schritt."
Die jüngste Ergebniskrise der Reds (drei Niederlagen in Folge) unterstrich jedoch, dass das alleine nicht des Rätsels Lösung ist. Thiago ist auch in der neuen Rolle bisher nicht in der Lage, der Unterschiedsspieler zu sein, als den ihn Liverpool verpflichtet hat.
Klopp nimmt seinen Neuling im exklusiven Interview mit Sky in Schutz: "Fakt ist, dass Thiago ein sensationeller Typ und ein Weltklasse-Spieler ist." Dass der späte Transfer, die Corona-Erkrankung und die Verletzung Anpassungsschwierigkeiten mit sich bringen würde, sei völlig normal. "Aber wir sind hier alle völlig happy mit ihm und wissen, dass alles gut wird. Er ist jetzt schon eine ganz wichtige Figur in der Umkleidekabine. Deswegen ist alles gut."
Die nächste Chance, seine Wichtigkeit auch auf dem Platz zu zeigen, hat Thiago am Dienstag (ab 20:50 Uhr LIVE in der Sky Konferenz) im Achtelfinalhinspiel der Champions League gegen RB Leipzig - und ein Bundesliga-Team sollte Thiago doch liegen.
*Daten: Stats Perform
