Plötzlich Qual der Wahl: Das "neue" Schalke in Gladbach gefordert
04.02.2023 | 18:34 Uhr
Schalke 04 hat im Januar sechs Mal auf dem Transferfenster zugeschlagen und zudem Soichiro Kozuki hochgezogen. Der "neue" S04 soll das Wunder Klassenerhalt doch noch realisieren. Nach einem Punktgewinn gegen Köln hoffen die Knappen in Gladbach nun auf den ersten Sieg im Jahr 2023.
Die Sommertransferperiode war für den FC Schalke 04 rückwirkend betrachtet ein einziger Reinfall. Ex-Sportdirektor Rouven Schröder installierte Frank Kramer als neuen Cheftrainer, aber 50-Jährige war mit der Aufgabe völlig überfordert und konnte der Mannschaft zu keinem Zeitpunkt das nötige Rüstzeug an die Hand geben, um in der Bundesliga zu bestehen. Kramer war jedoch nicht die einzige Personalie, bei der Schröder, der Ende Oktober von seinem Amt zurücktrat, daneben lag.
Er tauschte große Teile der Aufstiegsmannschaft aus, lag bei den meisten Transfers aber daneben. Torhüter Alexander Schwolow wurde beispielsweise mittlerweile von Urgestein Ralf Fährmann auf die Bank verdrängt, Hoffnungsträger wie Spielmacher Florent Mollet oder Angreifer Jordan Larsson haben den Klub zudem schon wieder verlassen. Innenverteidiger Ibrahima Cisse wurde in die zweite Mannschaft abgeschoben, seine Nebenmänner Sepp van den Berg und Leo Greiml fehlen seit Monaten verletzt und auch der vermeintliche neue Torjäger Sebastian Polter hat sich im Wintertrainingslager das Kreuzband gerissen und wird in dieser Saison nicht mehr spielen können.
Weitere Neuzugänge wie Flügelspieler Tobias Mohr oder Stürmer Kenan Karaman schafften es zuletzt unter Kramer-Nachfolger Thomas Reis nicht einmal mehr in den Kader und selbst gesetzte Akteure wie Rechtsverteidiger Cedric Brunner oder Abwehrchef Maya Yoshida konnten nur bedingt überzeugen. Einzig Alex Kral und Tom Krauß dienen als Hoffnungsträger für eine Aufholjagd in der Rückrunde.
Damit diese aber tatsächlich gelingen kann, haben die Knappen im Winter nachjustiert. Sportvorstand Peter Knäbel hat gemeinsam mit Chefscout Andre Hechelmann und Sportreferent Rene Grotius, die als Duo die Aufgaben von Schröder übernommen haben, gleich sechs Mal auf dem Transfermarkt im Januar zugeschlagen. Dies war auch dringend nötig, wie Knäbel im Interview mit Sky Sport bestätigte.
"Ich würde sagen, wir haben im Winter verbessert und nicht ausgebessert. Und logischerweise, wenn man das in dieser Anzahl tut, dann korrigiert man damit natürlich auch Dinge, die nicht optimal gelaufen sind. Insofern glaube ich, ist es wichtig, das einerseits festzustellen und auf der anderen Seite auch konsequent zu reagieren. Wenn wir uns jetzt hier hinstellen und sagen würden, wir hätten im Sommer alles richtig gemacht, wäre das falsch.", so der Sportvorstand.
Deshalb stießen - jeweils per Leihe - Innenverteidiger Moritz Jenz von Celtic Glasgow, Linksverteidiger Jere Uhonen (Stade Brest), die defensiven Mittelfeldspieler Eder Balanta (FC Brügge), Niklas Tauer (FSV Mainz 05), Linksaußen Tim Skarke (Union Berlin) und Mittelstürmer Michael Frey (Royal Antwerpen) neu zum Team.
Mit Rechtsaußen Sozuki, der aus der zweiten Mannschaft hochgezogen wurde, tummelt sich sogar ein siebter Neuling im Profikader des S04. Der junge Japaner machte mit einer starken Vorbereitung auf sich aufmerksam, durfte auch in allen drei Partien seit dem Restart von Beginn an ran und ist im Jahr 2023 der bisher einzige Schalker Torschütze (beim 1:6 gegen RB Leipzig, Anm. d. Red.).
Mit den Neuzugängen und Rückkehrern wie beispielsweise Rodrigo Zalazar oder Kral sieht sich Schalke qualitativ gut aufgestellt für eine erfolgreiche Rückrunde. "Dass Budget, das wir eingesetzt haben, und die Qualität des Kaders reichen für den Klassenerhalt", sagt Knäbel.
Auch Trainer Reis ist angetan von der zusätzlichen Qualität im Kader und hat plötzlich die Qual der Wahl, nachdem sich die Mannschaft in der Hinrunde teilweise von selbst aufgestellt hatte: "Ich bin froh, dass sich der Kader verändert hat und sich jetzt keiner mehr rausnehmen kann", spricht der Coach den neu entfachten Konkurrenzkampf im Schalker Kader an. Und weiter: "Schön ist, dass einige Spieler zurückgekommen sind. Es stellt sich jetzt schon anders auf. Da ist schon auch Qualität dazu gekommen."
Es ist wenig verwunderlich, dass Reis beim Gastspiel bei Borussia Mönchengladbach auch direkt den Großteil der Neuzugänge von Beginn an ranlassen dürfte. Gegen Köln begannen mit Jenz, Uronen, Skarke und Kozuki bereits vier Neuankömmlinge und machten ihre Sache ordentlich.
Bei den Fohlen dürfte auch der am Deadline Day verpflichtete Balanta direkt in die erste Elf rücken. Reis lobte der ersten Kolumbianer der Schalker Vereinsgeschichte auf der Pressekonferenz vor dem Duell auf jeden Fall schonmal: "Balanta macht einen sehr guten Eindruck. Er ist präsent, robust und ruhig an der Kugel. Ihm fehlt etwas Spielpraxis, aber das geht anderen Spielern ja auch so", so der Übungsleiter. Der Sechser wäre damit der 34. Spieler, den Schalke in der aktuellen Spielzeit einsetzt. Bereits die bisherigen 33 Akteure sind Höchstwert in der Bundesliga.
Frey könnte zudem Terodde im Sturmzentrum ersetzen, so dass abgesehen von Tauer, der nach einer kleineren Verletzung noch nicht komplett fit ist, sechs Wintertransfers starten könnten. Wenn man Fährmann mit dazu nimmt, wären es sogar sieben Veränderungen im Vergleich zum Hinspiel.
Das "neue" Schalke soll dann nach Möglichkeit auch der ersten S04-Dreier in Gladbach seit 2013 (!) einfahren. Damals siegte Königsblau durch einen Treffer von Julian Draxler mit 1:0 am Niederrhein. Damit würde man auch verhindern, dass der eigene Bundesliga-Negativrekord von 36 Auswärtsspielen in Folge ohne Sieg nicht noch weiter ausgebaut würde.
Im Hinspiel trennten sich die Teams in Gelsenkirchen übrigens mit 2:2. Die Schalker Treffer markierten seinerzeit Zalazar nach feinem Solo und Marius Bülter mit einem verwandelten Elfmeter in der Nachspielzeit. Das Duo wird am Samstag (ab 18:30 Uhr live und exklusiv auf Sky Sport Bundesliga) aber wohl erstmal auf der Ersatzbank Platz nehmen, wobei bei Hoffnungsträger Zalazar, der gegen den Effzeh sein Comeback nach monatelanger Pause gab und als Joker direkt überzeugte, noch nicht ganz auszuschließen ist.
Im Vergleich zum ersten Saison-Duell beider Mannschaften dürften auf Schalker Seite somit wohl nur Brunner, Yoshida, Kral und Krauß noch übrig bleiben. Das Quartett hat nun gemeinsam mit den zahlreichen Neuzugängen erstmals die Gelegenheit zu zeigen, dass die Wintertransferperiode - anders als die Sommer - für den FC Schalke 04 rückwirkend betrachtet nicht ebenfalls zum Reinfall wird...
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