Vom Buhmann zum Helden: Die zwei Gesichter des Gareth Bale
25.03.2022 | 18:32 Uhr
Gareth Bale schoss die walisische Nationalmannschaft am Donnerstagabend quasi im Alleingang ins Finale der WM-Playoffs - und zeigte dabei einmal mehr, dass er sich nur in einem Trikot wirklich zuhause fühlt.
Mit seinem Doppelpack gegen Österreich avancierte Bale vor den heimischen Fans im Cardiff City Stadium zum Matchwinner (Endstand: 2:1) und erhielt den Traum von der WM-Teilnahme in Katar weiter am Leben.
Während Wales seinen Superstar bejubelt, toben in Spanien die Medien. Schon vor der Partie hatte zum Beispiel die Zeitung Marca Bale als "Parasiten" bezeichnet. Ein Bild des gut gelaunten Wales-Kapitäns im Training kommentierte das Blatt mit: "Es tut schon lange nicht mehr weh."
Dass man sich in Spanien aufgrund des Gala-Auftritts verwundert die Augen reibt, dürfte nicht überraschen. Bei seinem Klub Real Madrid ist der 32-Jährige nämlich seit Jahren nur noch eine Randnotiz. In der aktuellen Saison kommt der Angreifer für die Madrilenen auf lediglich fünf Pflichtspieleinsätze über insgesamt 270 Spielminuten und erzielte dabei einen Treffer.
So richtig angekommen ist der einstige Rekordtransfer bei Real ohnehin nie. Die immensen Erwartungen durch die 100-Millionen-Ablöse konnte Bale von Beginn an nicht ausreichend erfüllen. Wirklich eskaliert ist die Situation aber erst unter Coach Zinedine Zidane.
Der Franzose verbannte den Stürmer immer öfter auf die Bank. Bale liebäugelte im Sommer 2019 sogar mit einem Wechsel, machte aber auch klar, dass er den Klub nur zu den richtigen Konditionen verlassen werde. "Ich habe noch drei Jahre Vertrag. Wenn sie wollen, dass ich gehe, müssen sie mir 17 Millionen Euro pro Saison zahlen. Sonst bleibe ich hier und spiele halt Golf", soll Bale damals laut Radioestadio in der Kabine gesagt haben.
Letztlich blieb Bale in Madrid und entwickelte sich auch aufgrund von zahlreichen kleineren Blessuren und Verletzungen immer mehr zum Reservisten. In der zweiten Saisonhälfte 19/20 kam er kaum noch zum Einsatz. Das Ganze gipfelte darin, dass Bale sich während eines Ligaspiels der Königlichen auf der Reservebank seinen Mund-Nasen-Schutz minutenlang als Schlafmaske über die Augen zog.
Zeitgleich lief es mit der walisischen Nationalmannschaft deutlich besser. Das Team feierte die Qualifikation für die EM 2020 und beim Jubel über den entscheidenden 2:0-Sieg gegen Ungarn konnte sich Bale eine Provokation in Richtung Real nicht verkneifen. Er feierte ausgelassen mit der Wales-Fahne eines Fans mit der Aufschrift "Wales. Golf. Madrid. - in dieser Reihenfolge" - eine Anspielung auf die Prioritäten des Stürmers.
Bereits vor der Partie gegen Ungarn hatte er seine Heimatverbundenheit unterstrichen. "Bei der Nationalmannschaft kann ich meine Sprache sprechen und fühle mich deutlich wohler", so die klare Aussage.
Nachdem die Situation bei Real inzwischen völlig verfahren war, wurde Bale im Sommer 2020 zu seiner alten Liebe Tottenham Hotspur verliehen. Dort zeigte die Formkurve des Offensivspielers wieder deutlich nach oben, zu altem Glanz fand er aber auch bei den Spurs nicht (34 Pflichtspiele, 24 in der Startelf 16 Tore, 3 Assists). Tottenham wollte Bale am Anschluss an die Leihe sogar fest verpflichten, ein Deal mit Real kam allerdings nicht zustande.
Eine Chance auf ein versöhnliches Ende bei Real Madrid bekommt Bale nun unter dem neuen Coach der Madrilenen Carlo Ancelotti. Mitte Februar feierte der Angreifer nach fünfmonatiger Verletzungspause sein Comeback, kam seither aber verletzungsbedingt zu keinen weiteren Einsätzen.
Dennoch wünscht sich Ancelotti einen würdevollen Abschied für Bale: "Er will hier so aufhören, wie er es sich verdient", so der Italiener: "Bale hat bei diesem Klub viele Titel gewonnen, hier einen guten Abschluss zu haben, wäre gut für seine Karriere." Der Vertrag des 32-Jährigen läuft am Ende der Saison aus.
Wie es danach weitergeht, ist noch völlig offen. Am Ende bleibt Bale aber immer die Nationalmannschaft, denn wie Teamkollege Aaron Ramsey jüngst betonte: "Für sein Land zu spielen, bedeutet ihm alles!"