Hamanns Top 3: Neymar kann zum Vorteil für Dortmund werden
24.02.2020 | 15:24 Uhr
In seiner Kolumne "Hamanns Top 3" spricht Sky Experte Didi Hamann über die Achtelfinal-Hinspiele zwischen Dortmund und Paris sowie Tottenham gegen Leipzig. Er erklärt, was BVB-Torjäger Erling Haaland so stark macht und warum Neymar für PSG eine Belastung ist. Timo Werner kann er sich bei einem großen Klub vorstellen - auch in Liverpool?
Hamanns Top 3 am 20.02.:
Mann des Abends bei Dortmunds Sieg gegen Paris Saint-German war wieder einmal Erling Haaland. Er strotzt nur so vor Selbstbewusstsein, hat alle Fähigkeiten und eine unglaubliche Präsenz. Abwehrspieler verteidigen ungern gegen Stürmer, die körperlich robust, schnell und präsent sind. Es gibt im Weltfußball wenige wie ihn.
Er ist unglaublich clever, was seine Läufe angeht. Ich kann mich kaum erinnern, dass er schon einmal im Abseits gewesen wäre. Er spielt oft an der Schulter des letzten Verteidigers. Ich sehe immer wieder, dass Stürmer spekulieren und zu früh starten, aber das wird in Zeiten des Videobeweises zurückgepfiffen. Vor dem Tor ist er eiskalt und was ihn so gefährlich macht, ist, dass er alle Arten von Toren erzielt.
Die Frage ist immer bei einem so jungen Spieler: Wie geht er damit um, wenn es einmal nicht läuft? Eine Abhängigkeit von Haaland sehe ich nicht. Sancho, Reus, Hazard oder Brandt haben alle schon getroffen, wenn sie mit ihm zusammengespielt haben. So lange er trifft, müssen die Dortmunder schauen, dass sie ihr Heu einfahren.
Das Gegentor war zwar bitter, aber trotzdem ist das 2:1 ein sehr gutes Ergebnis. Vorne ist der BVB immer für ein oder zwei Tore gut und wenn die Dortmunder das Rückspiel nicht verlieren, sind sie weiter. Sie müssen schauen, dass sie so gut stehen wie im Hinspiel. Ich bin optimistisch, dass sie es packen, auch aufgrund dessen, wie Paris im Hinspiel aufgetreten ist.
Was Neymar in Dortmund - abgesehen von seinem Tor - gezeigt hat, grenzte phasenweise an Arbeitsverweigerung. Er hat sich anschließend beklagt, er habe im Vorfeld nicht genügend Spielpraxis gehabt. Wie er das gemeint hat, sei dahingestellt, aber das Thema zeigt ja, dass bei PSG Druck auf dem Kessel ist. Das kann für die Dortmunder nur gut sein. Dass sich ein Spieler nach einer in meinen Augen indiskutablen Leistung hinstellt und solche Kritik übt, zeigt, dass er in Paris anscheinend allmächtig ist. Wie er am Dienstag gespielt hat, ist er aber mehr eine Bürde für PSG. Ich weiß es aus eigener Erfahrung, dass ein Verhalten, wie er es gezeigt hat, für die Moral einer Mannschaft tödlich ist.
Das ist auch für Thomas Tuchel nicht einfach. Wenn du als Trainer einen Spieler hast wie Neymar, musst du schauen, dass er happy ist. Da bist du oft von seinen Launen abhängig. Ein Messi und Ronaldo haben auch ihre Ansprüche, aber ich glaube, sie nehmen sich nicht solche Sachen heraus, wie Neymar es macht. Die Grundvoraussetzung ist, dass man Leistung bringt, dann kann man auch etwas sagen. Das Entscheidende ist, was auf dem Platz passiert und da ist er meilenweit davon entfernt, hinter Messi und Ronaldo der drittbeste Spieler der Welt zu sein.
RB Leipzig hat durch das 1:0 bei Tottenham eine fantastische Ausgangsposition, um ins Viertelfinale einzuziehen. Sie haben eine hervorragende Mannschaft und ich glaube, dass sie im Meisterkampf bis zum Schluss mit den Bayern mithalten können.
Timo Werner hat sich kontinuierlich verbessert, er hat wieder in der Champions League getroffen und diese Saison schon mehr als 20 Tore in der Bundesliga erzielt.
Ich traue ihm zu, demnächst in einer ganz großen Mannschaft zu spielen. Dass er mit Liverpool in Verbindung gebracht wird, ist natürlich eine Ehre für ihn.
Die Frage ist: Passt er zu Liverpool? Für mich ist er am stärksten, wenn er durch die Mitte kommt und seine größte Waffe ausspielen kann: seine Schnelligkeit. Liverpool hat mit Firmino einen spielenden Mittelstürmer, der immer anspielbar ist und viel zwischen seinen Mitspielern verbindet. Sollte Werner zu Liverpool gehen, würde ich ihn eher auf Außen sehen, aber da sind mit Mane und Salah zwei absolute Granaten im Team. Wenn sich dort keiner der drei Stürmer verletzt oder wechselt, wird er nicht spielen und ich glaube nicht, dass das sein Anspruch ist. Liverpool ist die absolute Benchmark, aber aus meiner Sicht würde er besser zu Manchester United oder zu Chelsea passen.
Für Liverpool wird es nach dem 0:1 bei Atletico schwer. Nach dem 4:0 im Rückspiel letzte Saison gegen Barcelona glaubt jeder, dass sie es packen, aber sie hatten in Madrid keinen einzigen Schuss aufs Tor. Es ist allerdings nichts Neues, dass sie auswärts ihre Probleme haben, das war letzte Saison auch schon so. Atletico wird sich auch in Liverpool zerreißen, ich erwarte ein faszinierendes Rückspiel.