Hamburgs Mittelfeldspieler polarisiert
04.05.2018 | 18:47 Uhr
Lewis Holtby will mit dem HSV das Wunder schaffen und den Abstieg verhindern (alle neun Duelle des 33. Spieltags am Samstag parallel ab 13 Uhr live und exklusiv auf Sky und im Blog). Für die einen ist der Mittelfeldspieler das Symbol des Aufschwungs - für seine Kritiker ist er eine Reizfígur.
Vor acht Jahren war Lewis Holtby ganz oben. Mit dem 1. FSV Mainz 05 stand er nach acht Siegen in Serie auf Platz eins. Zusammen mit Andre Schürrle und Adam Szalai rockte er die Bundesliga. Nach einem 4:2-Sieg gegen Hoffenheim jubelte das Trio im Stil einer Band.
Die "Bruchweg-Boys" waren geboren. Mit Holtby als Vorsänger und seiner Wasserflasche als Mikrofon.
Im Mai 2018 ist Holtby fast ganz unten. Mit dem Hamburger SV steht er zwei Spieltage vor Schluss auf Platz 17. Dabei war der Bundesliga-Dino fast schon abgestiegen. Genau wie er selbst.
Der 27-Jährige wollte unter Ex-Trainer Markus Gisdol sogar in der U23 auflaufen, um Spielpraxis zu sammeln. Gisdol untersagte das, setzte aber genauso wie sein Nachfolger Bernd Hollerbach nicht auf Holtby. Erst als U23-Coach Christian Titz Mitte März zum Profitrainer aufstieg, spielte Holtby wieder eine Rolle.
Er erzielte vier Tore und wurde zusammen mit Titz zum großen Hoffnungsträger. Und wieder zum Lautsprecher.
"Wir spielen das erste Mal seit vier Jahren Fußball. Das sind harte Töne, aber ich stehe dazu, weil es die Wahrheit ist", sagte Holtby nach dem 3:1 in Wolfsburg am vergangenen Samstag.
"Sehr respektlos gegenüber seinen früheren Fußball-Lehrern", findet Sky Experte Dietmar Hamann. Mit seinen Äußerungen habe Holtby Mirko Slomka, Joe Zinnbauer, Peter Knäbel, Bruno Labbadia, Markus Gisdol und Bernd Hollerbach in ein schlechtes Licht gestellt.
"Wenn ich Holtby und Co. in den letzten Wochen höre oder Interviews von ihnen lese, fällt mir teilweise nichts mehr ein. Ein Gespür für die Realität ist da nicht jedermanns Sache. Bei Holtby hört sich das nach vier Toren so an, als stünde er kurz vor dem WM-Finale", kritisiert Hamann in seiner Kolumne Hamanns Top 3 auf skysport.de.
Nach dem Sieg in Wolfsburg hatte Holtby weiter getönt: "Teilweise war ich echt stolz, wie wir den Ball haben laufen lassen - wie wir teilweise schon fast Tiki-Taka gespielt haben."
Dabei ist die Zeit der Höhenflüge für den redseligen Rheinländer eigentich schon seit seiner Mainzer Zeit vorbei, wo er unter Trainer Thomas Tuchel aufblühte und mit den "Bruchweg Boys" auf einen Europa-League-Platz stürmte. Doch er sang nur einen Sommer lang.
Der Mittelfeldspieler war von Schalke an den FSV ausgeliehen, zuvor hatten die Königsblauen ihn in Bochum geparkt. Doch der VfL stieg ab und Holtby wurde nach Mainz weitergereicht. Dort wurde er auch zum Nationalspieler.
Nach seiner Rückkehr spielte er eine starke Saison bei Schalke, verlängerte aber seinen auslaufenden Vertrag nicht. Der Sohn eines Engländers erfüllte sich einen Kindheitstraum und wechselte in die Premier League zu Tottenham Hotspur.
Doch er konnte sich nicht durchsetzen und wurde von den Spurs zum FC Fulham ausgeliehen - und stieg zum zweiten Mal ab.
Aus London wechselte er im September 2014 auf Leihbasis zum HSV und wurde kurz darauf fest verpflichtet. Seine Leistungen seitdem waren überschaubar. In 101 Bundesligaspielen für den HSV (inklusive der Relegation 2015) erzielte er acht Tore und bereitete zwölf vor.
Vier seiner acht Treffer erzielte er in den vergangenen sechs Spielen unter Titz. Der Trainer weiß, wie er seinen zum Übermut neigenden Schützling zu nehmen hat.
"Das war nicht angemessen und überzogen", rüffelte er Holtby für die Kritik an seinen Vorgängern. "Es war mir unangenehm für die Kollegen. In der Euphorie rutscht einem so was mal raus. Lewis ist ein herzensguter Mensch mit einer hohen Sozialkompetenz."
Für Titz ist Holtby "ein entscheidendes Puzzle-Teil" im Kampf gegen den Abstieg, für seine Kritiker ist er eine Reizfigur.
Dietmar Hamann glaubt "immer noch, dass der HSV absteigt". Um das Gegenteil zu beweisen, muss Lautsprecher Holtby vor allem weiter Taten sprechen lassen.