Kolumne: Lothar Matthäus über BVB und Bayern
Matthäus-Kolumne zum BVB: Es liegt nicht immer am Trainer
22.02.2022 | 09:52 Uhr
Sky Experte Lothar Matthäus ordnet in seiner Kolumne "So sehe ich das" die wechselhaften Leistungen von Borussia Dortmund ein und bewertet die "kleine Delle" beim FC Bayern München.
Wundertüte BVB! Wieso? Weil man nie weiß, was drin steckt. Die Dortmunder kassieren neun Gegentore in zwei Heimspielen, verlieren gegen Leverkusen und die Rangers und nehmen dann Gladbach so richtig auseinander.
Bei Borussia Dortmund weiß man nie, was man bekommt. Und das seit nun schon einigen Jahren. Keine Mannschaft schafft es über eine ganze Saison hinweg, konstant zu spielen. Das ist menschlich und normal. Hinzu kommen Verletzungen, Ausfälle oder Sperren.
BVB mit noch mehr Ausrutschern als der FC Bayern
Aber wenn Borussia Dortmund nur ein bisschen regelmäßiger abliefern würde, dann könnten sie der Bayern-Konkurrent werden, der sie gerne wären. Denn auch Bayern München bietet immer wieder Schwächen und Punktverluste an. Da muss man ja nur an die unerwartet Niederlagen gegen Augsburg, Frankfurt, Gladbach oder Bochum denken. Aber wenn man sich als BVB im Grunde noch mehr Ausrutscher leistet, obwohl die Bayern schon so oft patzen, dann wird es natürlich extrem schwer mit wirklichen Titelchancen in der Meisterschaft. Das ist schlicht und ergreifend der Grund, wieso Borussia Dortmund weniger Titel gewinnt als sie mit der Qualität dieser tollen Mannschaft erreichen könnten.
Und wenn ein Top-Team wie Dortmund so unter die Räder kommt wie beim 2:5 gegen Leverkusen oder beim 2:4 gegen die Glasgow Rangers und permanent viel zu viele Gegentore kassiert, dann ist man immer schnell bei der Trainer- Frage. Erreicht er sein Team? Hören die Spieler auf ihn und verstehen das Gesagte im besten Fall auch? Natürlich wäre die Diskussion noch lauter geworden, hätte Marco Rose auch gegen Borussia Mönchengladbach verloren.
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Spieler und ihre Auffassung von Leistung stehen infrage
Was diese Mannschaft angeht, bin ich aber eher dabei, die Spieler und ihre Auffassung von Leistung infrage zu stellen. Ich bin sicher, dass Marco Rose und sein Team alles anbieten, wenn es darum geht, den Gegner zu analysieren, den Spieler das Werkzeug an die Hand zu geben, ihnen bis ins letzte Detail alles erklären, was sie auf dem Platz zu tun haben. Doch wenn die Spieler dies in regelmäßigen Abständen so überhaupt nicht umsetzen, dann liegt es auch nicht immer am Trainer. Ja, Gladbach spielt jetzt alles andere als eine tolle Saison, und trotzdem stand da am Sonntagabend ein Team aus richtig guten Spielern auf dem Platz. Gegen diese Mannschaft hat Borussia Dortmund 6:0 (!) gewonnen. Eine Gala abgeliefert. Reus hat geglänzt, Hummels die Abwehr dirigiert, das Mittelfeld hat gearbeitet im vorwärts und im Rückwärtsgang.
Glasgow-Rückspiel wird Konzentrationssache für den BVB
Das muss eine Mannschaft wie Borussia Dortmund viel häufiger hinbekommen. Da geht es auch um den Glauben an die eigene Stärke und das Wissen darum, was man im Stande zu leisten ist, wenn man es wirklich und unbedingt will. Natürlich ist auch der Trainer gefragt, der einer Mannschaft das Gefühl geben muss, dass sie das kann. Aber am Ende stehen da erwachsene Männer auf dem Feld, die sich auch selbst am Riemen reißen müssen um Woche für Woche abzuliefern.
Dortmund kann das, macht es aber zu selten. In der Liga liegen sie zwar als Zweiter mit 49 Punkten voll auf Kurs, aber nicht dort wo sie gerne sein möchten, nämlich ganz oben. Sie haben das Zeug dazu, noch näher an den Abonnement-Meister heranzurücken. Mit einer Leistung wie gegen Gladbach können Sie auch in Glasgow das blamable Hinspiel-Ergebnis drehen. Auch das wird, wie so oft, eine Konzentrationssache für den BVB. Ich hoffe sie schaffen es.
Bayern ist Leichtigkeit abhanden gekommen
Die Bayern haben ihre kleine Delle der letzten zwei Spiele wieder korrigiert. Auch wenn die erste Halbzeit gegen Greuther Fürth, an die Leistungen gegen Salzburg und Bochum angeknüpft haben, so sind sie als verdienter Sieger vom Platz gegangen. Die SpVgg hat sich im Grunde zwei Tore selbst eingeschenkt, unterm Strich aber mehr als nur gut mitgespielt. Wenn auch zu Beginn kein Klassenunterschied zu erkennen war, so mussten sie sich am Ende verdientermaßen geschlagen geben.
Bei den Bayern ist aktuell etwas die Leichtigkeit abhanden gekommen. Diese Selbstverständlichkeit, ja ein bisschen das Mia-san-Mia. Ähnlich wie die Dortmunder denken sie zu oft, dass es auch mit halber Kraft geht. Tut es aber im Profi-Fußball nicht.
Dabei muss man aber auch sagen, dass sie durch den Ausgleichstreffer in Salzburg weiterhin in einer sehr guten Situation für das Rückspiel sind. Wenn sie weiterkommen, wovon ich ausgehe, stehen sie unter den besten acht Mannschaften in Europa. Da trifft man dann egal bei welchem Gegner, auf die besten Spieler der Welt, die einen riesigen Respekt voreinander haben und jeder, jeden schlagen kann.
Für Champions-League-Sieg ist deutliche Steigerung nötig
Im Frühjahr, wenn es dann um die großen Titel geht, fühlen sich die Bayern meistens noch wohler als im Februar. Aber da muss man eben auch durch und seine Spiele gewinnen. Sie müssen sich im Vergleich zu den letzten Wochen aber deutlich steigern, wenn sie die Champions League gewinnen wollen. Denn Liverpool, Manchester City, oder Paris sind bei allem Respekt, eine andere Hausnummer als Salzburg.
Phasen wie diese, hat jede Top-Mannschaft immer wieder mal in der Saison. Es ist nur wichtig, dass man da ordentlich wieder rauskommt. Sie habe gegen Fürth zumindest die Hausaufgaben ordentlich gemacht. Jetzt geht es darum, wieder regelmäßig Bayern-like aufzutreten. Ich glaube, dass Julian Nagelsmann dies wieder hinbekommen wird. Es ist und bleibt die mit Abstand beste Mannschaft der Liga. Dies belegen nicht nur die Zahlen. Für den ganz großen Wurf in Europa bedarf es aber mehr.
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