Matthäus: Roses Punkte-Schnitt nicht genug für den Titel
09.11.2021 | 17:55 Uhr
Sky Experte Lothar Matthäus schreibt in seiner Kolumne "So sehe ich das" über den Meisterkampf in der Bundesliga, die jüngste Pleite und die Ansprüche des BVB und die Kritik von Marco Reus.
Außer den Bayern-Fans wünschen sich alle einen spannenden Meisterschaftskampf. Aber wenn es so weitergeht, dürfte die Spannung nicht mehr allzu lange vorhanden sein.
Der BVB hat schon wieder verloren, dieses Mal mit 1:2 bei RB Leipzig und das absolut verdient. Wie schon gegen Ajax in der Champions League hat der BVB wieder nicht abgeliefert und liegt nun schon vier Punkte hinter Bayern.
Wenn Dortmund in ein paar Wochen auf den FCB trifft, wird der Abstand höchstwahrscheinlich nicht geringer geworden sein. Beim Blick auf das Programm der beiden Teams bis zum Spitzenspiel, ist eher zu vermuten, dass der Vorsprung des Rekordmeisters sogar noch wachsen könnte. Dortmund spielt gegen Stuttgart und in Wolfsburg, die Bayern in Augsburg und gegen Bielefeld.
Der Punkte-Schnitt von Marco Rose beim BVB ist in Ordnung für jemanden, der das Ziel hat, sich für die Champions League zu qualifizieren. Aber nicht für Trainer, Klubs und Bosse, die endlich mal wieder Deutscher Meister werden wollen. Die Erwartungen sind andere. Dortmund hat gegen Ajax zweimal verloren, jetzt gegen Leipzig und davor auch schon gegen Freiburg, Bayern im Supercup und gegen Gladbach. Lediglich in Leverkusen wurde ein Spitzen-Duell gewonnen. Es ist einfach zu wenig, was der BVB mal wieder anbietet. Das Thema hatten wir ja schon des Öfteren in den letzten Jahren - egal wer an der Seitenlinie stand oder das schwarz-gelbe Trikot trug.
Wenn sie nicht die Kurve bekommen und die nächsten drei Partien gewinnen, wird es ganz schwierig mit einem spannenden Titelkampf. Und das Anfang Dezember.
Bei Bayern läuft's. Im Pokal hatten sie einen Blackout und wurden von Gladbach bestraft. Aber ansonsten sind sie stabil, spielen gut und haben jetzt auch das wichtige Duell gegen Freiburg gewonnen. Aktuell haben sie höchstens Luxusprobleme. Lässt Nagelsmann Gnabry, Coman, Musiala oder Sane spielen? Wer ist der Abwehrchef? Das sind dann auch schon die größten sportlichen "Sorgen" an der Säbener Straße.
Ja, zugegeben, den Dortmundern fehlen einige wichtige Spieler aufgrund von Verletzungen. Aber das ist keine Ausrede. Die Elf, die am Samstag in Leipzig auf dem Platz stand, war eine Top-Mannschaft. Zumindest auf dem Papier. Es waren fast nur Nationalspieler. Natürlich fehlt ihnen der Superstürmer Haaland und den kann man auch nicht ersetzen. Das würde den Bayern mit Lewandowski genauso gehen.
Aber ein Kader kann nicht darauf ausgerichtet sein, dass das Team nur funktioniert, wenn dieser eine Spieler auf dem Feld steht und kaum etwas funktioniert, wenn der mal ein paar Wochen ausfällt. Siege gegen Bielefeld und Köln können beim besten Willen nicht als herausragende Leistung bezeichnet werden. Das ist, bei allem Respekt, nicht der Maßstab für einen potenziellen Titel-Aspiranten. Irgendwas stimmt da einfach nicht. Neuzugang Malen zündet immer noch nicht und Kapitän Reus kritisiert öffentlich die Taktik des Trainers.
Sollte gerade der Kapitän so etwas unterlassen oder darf es - wenn überhaupt - nur er? Ich bin der Meinung, dass es maximal dem Kapitän zusteht, solche Äußerungen zu tätigen, wenngleich auch er sich diese Sätze in der Öffentlichkeit hätte sparen können. Ich kann Reus und seinen Frust verstehen. Bayern gewinnt am Nachmittag, du selbst verlierst am Abend und bist mit deiner oder der generellen taktischen Positionierung der Mannschaft nicht zufrieden.
Er weiß natürlich auch, dass es mit jeder Niederlage unrealistischer wird, irgendwann am Ende der Saison vor den Münchnern zu stehen. Und trotzdem muss man die Unzufriedenheit gegenüber den Entscheidungen des Trainer intern besprechen. Ich gehe davon aus, dass Marco Rose mit seinen Führungsspielern bespricht, in welchem taktischen Korsett sie sich am wohlsten fühlen und dann versucht, seine Ideen und die Wünsche der Spieler in Einklang zu bringen.
Franz Beckenbauer hat das regelmäßig gemacht. Und es ist nicht nur taktisch ein kluger Zug eines Trainers, seine Spieler mitzunehmen, sondern auch wichtig für die Ergebnisse auf dem Feld.
Die Formation und die taktische Ausrichtung sind natürlich nicht ganz unwichtig. Aber ganz egal ob Dreier- oder Viererkette, ob Überzahl im Mittelfeld oder nicht: jeder Fußballer ist herzlich eingeladen, seine Zweikämpfe zu gewinnen und von der ersten bis zur letzten Minute alles aus sich herauszuholen.
Dann gewinnt man nämlich mehr Spiele und muss auch den Trainer nicht kritisieren. Einstellung schlägt Taktik. Wenn jeder sein Bestes gibt, entscheidet das System nicht über Sieg oder Niederlage. Und das weiß auch Marco Reus…
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