Kolumne: Lothar Matthäus über die Impfdebatte um Joshua Kimmich
Matthäus verteidigt Bayern-Star bei Impfdebatte: "Lasst Kimmich in Ruhe"
23.11.2021 | 20:35 Uhr
Sky Experte Lothar Matthäus schreibt in seiner Kolumne "So sehe ich das" über die Impfdebatte um Bayern-Star Joshua Kimmich, die Niederlage des Rekordmeisters beim FC Augsburg sowie die Lücke, die der Abschied von David Alaba bedeutete.
Es sind unruhige Zeiten, die wir gerade alle erleben. Das gilt insbesondere auch für den FC Bayern.
Die Jahreshauptversammlung dürfte nicht die gemütlichste für die Bosse werden. Da ist das bei einigen Fans unbeliebte Katar-Sponsoring, die Impfdebatte im Klub, Quarantäne für Profis und zu allem Überfluss die Pleite in Augsburg. Das wird dafür sorgen, dass die Stimmung nicht die allerbeste ist.
Im Fokus steht aktuell vor allem Joshua Kimmich, weil er sich nicht impfen lassen möchte, mal wieder in Quarantäne muss und dem Verein und der Mannschaft somit auf dem Platz fehlt.
Kimmich an den Pranger gestellt
Ich bin der Meinung, Impfen ist wichtig. Aber ich sehe auch einen Punkt in dieser Debatte, der mich solidarisch mit Joshua sein lässt. Wieso wird vor allem und fast ausschließlich er an den Pranger gestellt?
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Wie viele andere Bundesligaspieler sind nicht geimpft und müssen ihren Namen nicht täglich in der Zeitung lesen? Wie viele Journalisten, die jetzt über Kimmich richten, haben sich nicht impfen lassen? Es ist ein Problem in der Gesellschaft unseres Landes, dass sich oftmals der größte Name herausgepickt wird, um an ihm ein Exempel zu statuieren.
Auch ich musste früher tagelang den Kopf hinhalten, wenn meine Mannschaft verloren hatte und alle anderen konnten sich dahinter verstecken. Kimmich hat Bedenken, Ängste und Sorgen, die ihn von einer Impfung abhalten. Und so wie ihm geht es offensichtlich vielen anderen in unserem Land.
Menschen haben unterschiedliche Ängste
Ich glaube nicht, dass dieser unmenschliche Druck der richtige Weg ist, um einen Menschen davon zu überzeugen, etwas zu tun, vor dem er große Bedenken hat. Natürlich schmerzt eine empfindliche Geldstrafe oder eine Gehaltsreduzierung jedem und keiner wird gerne sanktioniert. Schon gar nicht vom Arbeitgeber.
Aber das wird ihn garantiert nicht zum Umdenken bringen. Man muss mit ihm reden, ihn auf seine Seite ziehen. Genauso wie die anderen Spieler und alle anderen Menschen, die sich nicht wohlfühlen beim Gedanken daran, sich impfen zu lassen.
Jeder von uns hat Ängste, Sorgen und ein Unbehagen bei den unterschiedlichsten Dingen. Ich für meinen Teil habe große Platzangst. Ich möchte nicht in eine enge Ski-Gondel, in einen voll besetzten Aufzug, an den Fensterplatz eines Flugzeuges oder an sonst irgendwelche Orte, in denen ich mich total eingeengt fühle und im Notfall nicht so schnell rauskomme, wie ich möchte.
Kimmich zu sehr unter Druck gestellt
Wenn da einer mit extremen Druck auf mich einwirkt oder mich gar zwingt, erreicht er genau das Gegenteil. Und so scheint es auch bei Kimmich und den anderen Menschen zu sein. Ich plädiere dafür, Kimmich in Ruhe zu lassen.
Die Menschen in seinem Umfeld, im Verein, Freundeskreis und in der Familie sollten weiterhin versuchen, ihn mit Argumenten zu überzeugen, ohne ihn an den Pranger zu stellen und ihm Tag für Tag die Hölle heißzumachen.
Es ist mir klar, dass ausgerechnet einer der besten und wichtigsten Bayern- und Nationalspieler größere Schlagzeilen produziert und für mehr Interesse sorgt als einer von anderen Vereinen, der nicht so im Rampenlicht steht. Aber wieso tut man so, als ob einzig und allein Kimmich der Böse in diesem ganzen Spiel ist, während alle anderen sich wegducken? Das ist nicht fair.
FC Bayern versagt in Augsburg
Die Bayern haben in Augsburg auch nicht verloren, weil Kimmich nicht dabei war, sondern weil sie wieder - so wie in Gladbach - kollektiv fußballerisch versagt haben. Die Augsburger wollten den Sieg um einiges mehr und waren von der ersten Minute auf dem Platz präsenter. Sie waren kompakter, besser, zielstrebiger und die Bayern haben alles vermissen lassen.
Im Grunde bin ich mir sicher, dass ihnen so etwas nicht noch häufiger passiert. Aber es war jetzt schon das zweite Spiel zum Vergessen und das ist schon ein wenig ungewöhnlich in so kurzer Zeit. Vielleicht lag es auch daran, dass die Mannschaft aufgrund der Länderspielpause ein paar Tage länger braucht, um sich wiederzufinden.
Die Niederlage gegen Frankfurt war etwas anderes, denn da hat man sich wenigstens viele Chancen erspielt und traf auf einen Torwart in Bestform. Dass die ganze Diskussion rund um Corona, Quarantäne und fehlenden Spielern auf Kosten der Leistung geht, weil es ablenkt, Konzentration kostet und nicht förderlich ist, steht aber auch fest.
Alaba-Verlust schadet Bayern
Karl-Heinz Rummenigge hat bei Sky90 gesagt, dass man David Alaba am besten niemals hergegeben hätte. Da gebe ich ihm recht. Vor allem, weil es ein Spieler mit einer ausgesprochenen Bayern-DNA war, der bei diesem Verein groß geworden ist und den man dann auch noch zu allem Überfluss zum Nulltarif zu Real Madrid hat gehen lassen.
Hätte man wenigstens 30, 40 Million für ihn bekommen, wäre es was anderes gewesen. Aber so einen Spieler, der sowohl für die Defensive auf dem Platz als auch für die Hierarchie in der Kabine fast unbezahlbar war, hätte man am besten behalten.
Auch Hernandez und Upamecano sind tolle Abwehrspieler. Aber es fehlt ihnen noch ein wenig die Identifikation und das Standing im Team. Der eine kam verletzt aus dem Ausland, der andere ist noch sehr jung und es dauert eben seine Zeit, bis solche Spieler in die Rolle eines großen Bayern-Stars wachsen.
Vertrauen in Kahn und Heiner
In Augsburg hat man auch gesehen, dass ein Sabitzer oder Richards eben noch nicht so weit sind, einer Bayern-Mannschaft wirklich zu helfen, wenn es darauf ankommt. Die Dortmunder haben gewonnen und wenn sie am kommenden Wochenende in Wolfsburg nicht verlieren, dann haben sie eine sehr große Chance, im Heimspiel gegen die Bayern wieder für richtig Spannung im Titelkampf zu sorgen.
Das wird jedem gefallen, außer dem, der es mit dem FC Bayern hält. Der Rekordmeister muss und wird auch dafür sorgen, dass die Schlagzeilen außerhalb des Platzes sich bald auflösen und wieder Ruhe einkehrt. Denn je mehr Schlagzeilen man außerhalb des Platzes generiert, umso schlechter wird die Leistung. Davon bin ich überzeugt.
Aber man hat mit Oliver Kahn und Herbert Heiner zwei sehr besonnener Profis an vorderster Front. Ich bin mir sicher, dass sie Themen wie Katar und die Impfdebatte im Verein so schnell und so gut wie möglich in den Griff bekommen.
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