Matthäus mit Rat an Kimmich vor City-Knaller
10.04.2023 | 22:40 Uhr
Sky Experte Lothar Matthäus blickt in seiner Kolumne auf das Giganten-Duell zwischen dem FC Bayern und Manchester City und sieht dabei einen leichten Favoriten. Außerdem reagiert er auf die Aufreger-Aktion von Joshua Kimmich nach dem Sieg gegen den SC Freiburg und spricht über das Pokal-Aus des deutschen Rekordmeisters.
Jetzt wird's spannend. Es steigt das große Viertelfinale zwischen dem FC Bayern München und Manchester City. Thomas Tuchel gegen Pep Guardiola. Was für ein tolles Duell. Zwei Teams, die für mich neben Real Madrid von Anfang an zu den Favoriten auf den Titel zählen. Ein vorgezogenes Finale und ausgeglichenes Match. Vielleicht mit ganz leichten Vorteilen für City. 51:49 würde ich sagen. Aber auch nur, weil Manchester aktuell in der besten Form der Saison ist. Die Bayern sind möglicherweise nicht ganz auf dem Höhepunkt.
Ich glaube nicht, dass nach dem Hinspiel eine Vorentscheidung gefallen sein wird, sondern alles in München entschieden wird. Natürlich wird es darauf ankommen, dass Erling Haaland nicht allzu viele Tore schießt und man ihn im Verbund verteidigt. Umso besser, dass Matthijs de Ligt aktuell in einer Top-Verfassung ist. Er schießt Tore, er verhindert Gegentreffer, ist sehr präsent und aktuell mit Sicherheit der auffälligste Bayern-Spieler in der Abwehr. Aber genauso wichtig ist es, diejenigen in Schach zu halten, von denen die norwegische Urgewalt die Zuspiele bekommt. Allen voran Kevin de Bruyne. Aber auch auf Ilkay Gündogan, Jack Grealish oder Riyad Mahrez muss 90 Minuten geachtet werden.
Der ganze Kader von Manchester City gehört zum absolut obersten Regal. Und selbstverständlich, auch wenn er es nicht gerne hört, wird Pep daran gemessen, ob er mit Manchester die Champions League gewinnt. Das war der Grund für seine Verpflichtung und wird von allen erwartet. Klub, Fans, Eigentümer. Den FA Cup hat man auch ohne ihn gewonnen und die Meisterschaft ebenso. Wenn er bei all den unfassbaren Investitionen, die dieser Klub in den letzten Jahren getätigt hat, den Henkel-Pott nicht gewinnt, dann bleibt er dort unvollendet.
An seine Zeit in München erinnert man sich gerne zurück. Man hat hier Tiki-Taka vom Feinsten genossen, war total dominant und die Bundesliga glänzte auch weltweit durch seine Präsenz. Die Champions League hat er hier aber leider auch nicht gewonnen. Ich denke, es wird ein sehr herzliches Wiedersehen zwischen Pep und den Bayern. Das war für beide Seiten eine schöne und besondere Zeit. In den 90 beziehungsweise 180 Minuten plus X wird davon allerdings kaum etwas zu spüren sein. Es geht für beide Vereine um unglaublich viel.
In Sachen Bayern bin ich positiv gestimmt, weil sie sich viele Chancen herausarbeiten. Gegen Dortmund hätten es viel mehr Tore sein können und jetzt in Freiburg auch. Einzig die Chancenverwertung ist aktuell nicht ideal. Würden sie sich keine Chance mehr herausspielen, würde ich mir Sorgen machen. Aber so ist es etwas anderes. Gut möglich, dass der eigentliche Back-up von Lewandowski, Choupo-Moting jetzt als Zielspieler stärker fehlt, als man sich das vor Monaten hätte vorstellen können. Dass die 30 bis 40 Treffer des Polen nicht einfach so aufgefangen werden können, war klar.
Er war ja nicht grundlos zweimal Weltfußballer. Aber sie haben sich entschieden, es mit Choupo und den anderen Offensivkräften zu kompensieren und im Grunde klappt es auch einigermaßen. Choupo-Moting hat seine Sache bisher sehr ordentlich gemacht und viele wichtige Tore erzielt. Jetzt fehlt aber die richtige Nummer neun im Hinspiel und das kann ein Nachteil sein. Und trotzdem haben die Bayern alle Chancen aufs Halbfinale, da bin ich mir sicher. Vielleicht platzt der Knoten bei Mane, oder Sane ist etwas schärfer in seinen Aktionen als noch in Freiburg. Und auch Müller, Gnabry, Coman sind für Tore immer zu haben.
Noch ein Wort zum Pokal-Aus: Ich kann mich an keine Serie erinnern, in der die Bayern drei Jahre lang nicht im DFB-Pokal Halbfinale standen. Das ist schon sehr ungewöhnlich. Man kann gegen einen Zweitligisten ausscheiden. Auch in Gladbach kann man im Pokal scheitern und auch ein Heimspiel kann, wenn auch sehr unglücklich, mit einer Niederlage gegen Freiburg enden. Aber drei Jahre in Folge gegen Kiel, Gladbach und Freiburg zu scheitern ist nicht Bayern-like. Dass sich dann ein ehrgeiziger Profi wie Joshua Kimmich beim Sieg ein paar Tage später in Freiburg übermäßig freut, kann ich zwar von der Emotion her verstehen, aber ein Spieler des FC Bayern und der Nationalmannschaft muss sich ein bisschen besser im Griff haben und nicht so überschwänglich agieren.
Man sieht auch daran, wie hoch der Druck momentan ist. Das war so aber nicht nötig. Da freue ich mich dezenter. Die Freiburger sind ja kein unsympathischer oder gehässiger Verein, der die Bayern provoziert. Gegen Bayern im Pokal weiterzukommen war ein Traum und dann ist es verständlich, dass die Bilder des Triumphes beim nächsten Spiel auf der Leinwand zu sehen sind. Das war garantiert keine Provokation. Der SC Freiburg und das ganze Umfeld sind bodenständig und liebevoll. Kimmich hatte das nicht nötig, aber muss man jetzt auch kein Fass aufmachen.
In der Meisterschaft bleibt es weiter spannend, dank des späten Treffers von Youssoufa Moukoko gegen Union Berlin. Wären die Bayern auf vier Punkte wegzogen, hätte ich zur Meisterschaft gratuliert. Ich glaube nicht, dass Dortmund so einen Vorsprung eingeholt hätte. Aber Sieg ist Sieg und die Dortmunder haben sich das verdient. Edin Terzic macht 2023 weiterhin einen großartigen Job, auch wenn die Niederlage in München und das Pokal-Aus in Leipzig ebenso in seiner Verantwortung liegen. Doch die Chance auf die deutsche Meisterschaft lebt weiter.
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