Kolumne: Matthäus über Flick, Salihamidzic, Löw-Nachfolge & Rose

Unruhe bei Bayern: So müssen Flick & Salihamidzic nun agieren

Lothar Matthäus glaubt, dass sich der FC Bayern an einem Wendepunkt befindet.
Image: Lothar Matthäus beleuchtet das Verhältnis von Hansi Flick und Hasan Salihamidzic.  © Getty

Sky Experte Lothar Matthäus analysiert jede Woche exklusiv in seiner Kolumne "So sehe ich das" aktuelle Themen der Fußballwelt. Dieses Mal spricht der Rekord-Nationalspieler über den Zwist zwischen Hansi Flick und Hasan Salihamidzic, die Diskussion um eine mögliche Löw-Nachfolge des Bayern-Trainers sowie über Marco Roses letzte Chance als Gladbach-Coach.

Wenn Beckenbauer, Hoeneß, Rummenigge, Lattek, Hitzfeld oder Heynckes immer einer Meinung gewesen wären, hätte der FC Bayern wahrscheinlich nicht halb so viele Titel in der Vitrine. Es muss intern ab und zu krachen und knallen. Aber es muss dann auch mal wieder gut sein. Und genauso ist es bei Trainer Hansi Flick und Sportvorstand Hasan Salihamidzic.

Es gibt keinen Konflikt, sondern offensichtlich Unstimmigkeiten und Meinungsverschiedenheiten. Ich glaube, sie müssen bei Spieler-Transfers enger zusammenarbeiten und noch besser auf die Bedürfnisse des anderen eingehen. Der Trainer kann und darf natürlich nicht allein bestimmen wollen, wer verpflichtet wird.

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Miteinander zwischen Trainer und Führung

Denn die sportliche Führung denkt sich meist zurecht: Wenn die Transfers allein oder zum Großteil vom Willen des Trainers abhängig gemacht werden und der über kurz oder lang plötzlich nicht mehr da ist, sind wir es, die den Spieler mit langfristigen und millionenschweren Verträgen ausgestattet haben, obwohl wir nicht zu einhundert Prozent hinter dieser Entscheidung standen. Und das darf in einem Klub generell natürlich niemals der Fall ein.

Wenn es sich aber genau andersrum gestaltet und mehrere Spieler verpflichtet werden, bei denen der Cheftrainer von Anfang an eher dagegen war, weil sie ihm nicht gut genug sind oder nicht in sein Anforderungsprofil passen, macht es genauso wenig Sinn und der Unfrieden ist auch hier vorprogrammiert.

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FC Bayern: Knirscht es zwischen Trainer Hansi Flick und Sportvorstand Hasan Salihamidzic? (Videolänge: 4:11 Minuten)

Flick ist auf vernünftiges Wirtschaften aus

Ich kenne Hansi aber gut und lange und weiß, dass er auch privat sehr auf vernünftiges Wirtschaften aus ist und niemals von seinem Arbeitgeber unangemessen teure Spieler verlangen würde. Privat ist Hansi einer, der sich vielleicht auch mal etwas gönnt, aber niemals im Überfluss lebt.

Der große Vorteil von Hansi im Vergleich zu allen anderen sportlich Verantwortlichen bei Bayern ist, dass er den 360-Grad-Blick für Spieler hat. Er kann sowohl das Talent eines 17-Jährigen erkennen und ihn zu einem Top-Spieler entwickeln. Er kann jedoch auch einen fertigen Superstar richtig führen.

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Ja, er scheint mit einigen Transfers von Brazzo nicht zufrieden zu sein. Ich denke vor allem an Sarr, Costa und Roca. Sie bekommen selbst dann kaum Einsatzzeiten, wenn personell auf ihrer Position Not am Mann wäre.

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Rekordnationalspieler und Sky Experte Lothar Matthäus analysiert jede Woche exklusiv in seiner Kolumne "So sehe ich das" aktuelle Themen der Fußballwelt auf skysport.de

Dass Nübel nicht spielt, missfällt dem Sportvorstand

Nübel spielt auch nie. Und das wiederum gefällt wahrscheinlich dem Sportvorstand nicht, denn er ist für diese Einkäufe verantwortlich und sie verlieren an Wert, wenn sie so gut wie nie auflaufen. Natürlich werden das nicht die einzigen Spieler sein, um die eine Diskussion entbrannt ist. Über den teuersten Spieler der Bundesliga-Geschichte, Lucas Hernandez, oder einer möglichen Verpflichtung von Haaland aus Salzburg wird mit Sicherheit auch diskutiert worden sein. Gut möglich, dass der Trainer lieber den anderen in München gesehen und trainiert hätte.

Es ist völlig okay, wenn in einem Spitzen-Klub wie dem FC Bayern nicht alle mit allem und jedem zufrieden sind. Auch deshalb steht der FCB ganz oben in der Weltspitze.

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Wie zu meinen Zeiten Franz, Udo, Uli oder Kalle sind sich jetzt eben Hasan und Hansi nicht immer einig. "Ja mei", wie man in Bayern sagt. Sie alle haben etwas gemeinsam: Erfolg ohne Ende. Dass das natürlich nicht ewig gut geht, wenn zwei Führungskräfte sich über einen längeren Zeitraum uneins sind, ist auch klar. Aber ich sehe aktuell das Problem nicht so groß, wie es gemacht wird.

Es braucht in meinen Augen auch keine versöhnliche Vaterfigur, die beide an einen Tisch zur Aussprache bittet, wie das aktuell vielleicht Rummenigge machen könnte. Wichtig ist, wie so oft, Anstand, Respekt, Verständnis und ein gutes Mittelmaß. Aber vor allen Dingen Ehrlichkeit in der Kommunikation.

Wenn Flick zum DFB möchte, muss er das sagen

Allen ist klar, dass Hansi Flick ein Kandidat des DFB für die Löw-Nachfolge ist. Und deshalb finde ich, dass sich Hasan und Hansi bei einem Essen und positiver Atmosphäre die Wahrheit sagen sollten. Wenn der Bayern-Trainer zum DFB möchte, muss er das seinem Arbeitgeber sagen. Die meisten würden das ja verstehen. Und wenn dem so ist, dann darf er auch nicht enttäuscht sein, wenn Salihamidzic wiederum bei einem anderen Top-Trainer wie Nagelsmann sein Glück versucht. Das wäre doch das Normalste der Welt. Wenn dem nicht so ist und Flick bei Bayern bleiben will, auch gut. Dann sollten sie sich um etwas mehr Geschlossenheit bemühen und der Öffentlichkeit den Nährboden für Geschichten rund um ihr Verhältnis entziehen. Nach dem Motto: Schaut her, wir entscheiden gemeinsam zum Wohle des FC Bayern München.

Sie dürfen bei all dem Ego, Ehrgeiz und Erfolgsdruck eines nicht vergessen: Sie haben zwei der besten Arbeitsplätze, die es auf dieser Welt im Fußballgeschäft gibt.

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Sky Experte Lothar Matthäus über Hansi Flick und den FC Bayern München. (Videolänge: 36 Sekunden)

Bei Schalke-Pleite: Roses Zeit in Gladbach beendet

Einen anderen tollen Arbeitsplatz hat aktuell noch Gladbach-Trainer Marco Rose. Wie er und Sportdirektor Max Eberl bisher öffentlich und mit Sicherheit auch intern miteinander umgegangen sind, finde ich vorbildlich. Wie eigentlich immer, wenn Max irgendwas macht. Aber selbst bei einem Mann, auf dessen Wort man sich zu tausend Prozent verlassen kann, dürfte bei einer Niederlage gegen Schalke die Rose-Reise bei Gladbach beendet sein.

Dann kann ihn auch Max nicht mehr halten. Völlig unabhängig von seinem Wechsel zum BVB. Bei so einer Pleite-Serie wäre endgültig Schluss. Da bin ich mir sicher. Gegen Dortmund und City kann man natürlich verlieren. Aber gegen Mainz, Köln, in Augsburg und womöglich noch auf Schalke wäre einer zu viel. Ich halte immer noch eine Menge von diesem Trainer und er ist und bleibt auch bei einer Niederlage in Gelsenkirchen noch ein guter. Aber für mich nicht mehr am Niederrhein…

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