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Mainz 05: Kommentar zum Wirbel um Testspiel gegen Newcastle United

Kein Testspiel gegen Newcastle? Forderung ist verlogen

Sky Reporter Alexander Bonengel findet, dass die Diskussionen um das Mainz-Testspiel gegen Newcastle in eine falsche Richtung gehen.
Image: Sky Reporter Alexander Bonengel findet, dass die Diskussionen um das Mainz-Testspiel gegen Newcastle in eine falsche Richtung gehen.  © DPA pa

Ein geplantes Vorbereitungsspiel des FSV Mainz 05 gegen Newcastle United sorgt für Wirbel. Fans fordern eine Spielabsage, doch die Diskussion geht in die falsche Richtung, meint Sky Reporter Alexander Bonengel. Ein Kommentar.

Darf Mainz 05 ein Testspiel gegen Newcastle United machen? Dass sich diese Frage überhaupt stellt, erklärt sich erst bei genauerem Hinsehen: 80 Prozent des Premier-League-Klub gehören seit dem letzten Winter einem Konsortium, das vom Staatsfonds Saudi-Arabiens finanziert wird. Von einem undemokratischen Staat also, der Menschenrechte verletzt und Andersdenkende unterdrückt.

Viele Fans und auch Teile der Medien fordern nun eine Absage des Spiels. Dabei berufen sich die Kritiker vor allem auf das 2021 auf einer Mitgliederversammlung festgeschriebene Leitbild der 05'er: In diesem institutionalisierten Selbstverständnis bezeichnen sich die Mainzer unter anderem als tolerant, weltoffen, bunt und solidarisch. An einer anderen Stelle des Leitbilds ist aber auch die Überschrift "wir sind Teil des kommerziellen Profisports" zu finden.

Fakt ist: Der kommerzielle Profisport ist durchsetzt mit fragwürdigen Konstrukten und dreckigem Geld. Wie in vielen anderen Bereichen ist er auch darin ein Abbild unserer gesellschaftlichen Realität: Deutschland exportierte zuletzt Waren im Wert von knapp 6 Milliarden Euro nach Saudi-Arabien. Bis 2018 waren auch Waffenlieferungen Teil der offiziellen Geschäftsbeziehungen mit den Saudis. Und so sehr wir die Menschenrechtsbedingungen in China zurecht kritisieren: Chinesische Waren und Technologien prägen unseren Alltag, in Smartphones, Maschinen, Spielzeug - also fast überall. Käme jemand auf die Idee, auf all das plötzlich zu verzichten? Wir könnten es momentan gar nicht.

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Cancel-Culture zu einfach

Gerade die aktuelle weltpolitische Situation zeigt, wie groß die wechselseitigen Abhängigkeiten und Verflechtungen der globalen Welt sind. Das Gebaren der Diktatoren und Schurken dieser Welt ist längst Teil unseres Alltags. Wir profitieren sogar davon und müssen irgendwie Wege finden, damit klar zu kommen und langfristig die Dinge zu ändern. Wir müssen uns mit ihnen auseinandersetzen, auch wenn's schwer fällt. Mit der "Cancel-Culture" allein aber macht man es sich deutlich zu einfach.

Was das alles mit diesem recht unbedeutenden Fußballspiel zu tun hat? Die Absage dieses Kicks einzufordern hat streng genommen auch etwas Verlogenes, weil wir alle die zugrundeliegenden Mechanismen weiterhin täglich akzeptieren und reproduzieren. Das bedeutet trotzdem nicht, dass wir nichts tun können: Dieses Spiel zum Beispiel bietet die Chance, Haltung zu zeigen, öffentlichkeitswirksam für die eigenen Werte einzustehen. Ein unbedeutendes Testspiel bedeutend machen.

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Diskussion geht in falsche Richtung

Die Diskussion, die gerade darüber stattfindet, ist ein Anfang, aber sie geht in eine völlig falsche Richtung. In der Behauptung, das kleine Mainz 05 böte "dem Regime aktiv eine Bühne" und erkenne es damit auch mittelbar auch politisch an, wie von den Supporters Mainz formuliert, überschätzt man nicht nur die weltpolitische Bedeutung von Mainz 05. Konsequent weitergedacht: Mainz qualifiziert sich für den Europapokal und trifft auf Newcastle - sollten sie dieses Spiel auch absagen?

Mehr Fußball

Es geht auch anders. Den Rheinhessen bietet sich die Plattform, in Regenbogen-Trikots sportlich eine Antwort geben und Scheich Mohammed bin Salman die Zornesröte ins Gesicht treiben. Falls es ihn überhaupt interessiert. Aber alleine die Vorstellung reicht.

Diese Chance sollte man den Mainzern nicht nehmen.

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