Kolumne "So sehe ich das"
30.01.2018 | 22:26 Uhr
Rekordnationalspieler und Sky Experte Lothar Matthäus analysiert jede Woche exklusiv in seiner Kolumne "So sehe ich das" aktuelle Themen aus der Bundesliga und der Fußballwelt auf skysport.de. Dieses Mal beschäftigt er sich mit Dortmunds Exzentriker Pierre-Emerick Aubameyang und bezieht eine klare Haltung.
Wenn Thomas Tuchels Charakter nicht zum BVB gepasst hat und er deshalb gehen musste, was soll man dann erst zu Pierre-Emerick Aubameyang sagen? Ganz klar: Je früher er geht, umso besser. So ein Störenfried ist Gift für jeden Klub und jede Mannschaft. Ob für 65, 68 oder 50 Millionen Euro, Auba muss weg aus Dortmund.
Ich hätte mir so einen Typen als Spieler niemals gefallen lassen und gesagt: "Er oder ich." Auch ich habe als Spieler Fehler gemacht, hatte meine Eskapaden. Aber ich habe es immer wieder auf dem Platz zurückgezahlt. Das kann man vom BVB-Star nun wirklich nicht mehr behaupten, wie man am Samstag gegen Freiburg gesehen hat. Die Dortmunder müssen mit oder ohne ihn höllisch aufpassen, sonst landen sie am Ende im Tabellen-Niemandsland.
Und damit sind wir bei der Kritik von Roman Bürki. Die Kritik an den Fans gewisser Kurven ist der reine Frust. Frust über die schlechten Ergebnisse, Frust über die eigene Leistung, Frust über die monatelange Situation beim BVB. Bürki hat letztes Jahr gut gehalten. In dieser Saison gehen mindestens sechs Gegentreffer auf seine Kappe.
Michael Zorc hat genau richtig reagiert, als er Bürki in die Schranken gewiesen hat. Die Spieler müssen das vertragen. Erst recht, wenn sie so spielen wie die Dortmunder seit langer Zeit. Viel zu lange haben die Bosse Watzke und Zorc ihre Stars in Watte gepackt und öffentlich geschützt. Klar, sie brauchen die Spieler und wollen sie nicht vergraulen, damit diese am Wochenende ihre beste Leistung abrufen.
Aber hier liegt auch ein Problem der Bundesliga im internationalen Vergleich. Den Dortmunder fehlt es auf höchstem Niveau an Führungsspielern, die Verantwortung übernehmen in guten aber vor allem in schwierigen Zeiten. Was sollen denn die Spieler von Real Madrid sagen? Die haben den Champions-League-Titel verteidigt und werden trotzdem ausgepfiffen. Wenn sich Ronaldo darüber beschwert, erklärt Zidane öffentlich, dass auch er, Ronaldo (der Brasilianer), Beckham und die anderen Galaktischen ausgepfiffen wurden und man eben das Publikum durch Leistung wieder auf seine Seite ziehen muss. Das Ergebnis sieht man am Trophäenschrank von Real Madrid.
Wir müssen in der Bundesliga wieder ehrlicher und kritischer miteinander umgehen. Auch in Interviews müssen Probleme angesprochen werden. Nur so kann am Ende Erfolgreiches entstehen.
In Dortmund muss man schleunigst die Kurve bekommen. Auch was die Transfers angeht. Ein Yarmolenko ist bisher überhaupt kein Dembele-Ersatz. Ex-Spieler wie Kagawa, Götze oder Sahin zurückzuholen ist offensichtlich auch nicht die beste Lösung. Spieler wie Weigl oder Pulisic können in so jungen Jahren nicht die Kohlen aus dem Feuer holen, wenn die anderen ständig ihrer Leistung hinterherlaufen.
Ganz zu schweigen von den 30 Millionen für André Schürrle. Hier wurde, um es hart zu sagen, Geld verbrannt. Spieler mit Charakter und höchster Qualität müssen her. In Dortmund passt aktuell nichts zusammen. Stöger hat einen 6-Monats-Vertrag unterschrieben in einer für den Klub heiklen Phase. Ruhe reinzubringen ist bisher auch ihm nicht gelungen. Dafür braucht es Ergebnisse und Zusammenhalt.
Solange Aubameyang da ist, geht das natürlich überhaupt nicht, bei dem Theater, dass der seit Wochen aufführt. Ob es aber ohne seine Tore besser wird, sei dahingestellt. Mich erinnert die Situation beim BVB an 1860 München. Auch da wurde jahrelang über alles gesprochen, nur nicht über Fußball. Da ist es unmöglich als Mannschaft alles auszublenden und auf dem Platz tollen Fußball zu spielen.