Matthäus: Darum ist Bayern gegen Real leichter Favorit
Matthäus-Kolumne: "So sehe ich das"
24.04.2018 | 11:08 Uhr
Rekordnationalspieler und Sky Experte Lothar Matthäus analysiert jede Woche exklusiv in seiner neuen Kolumne "So sehe ich das" aktuelle Themen aus der Bundesliga und der Fußballwelt auf skysport.de. Dieses Mal dreht sich alles um das große Champions-League-Duell des FC Bayern gegen Real Madrid.
Die ganze Fußball-Welt blickt am Mittwoch nach München und sechs Tage später nach Madrid. Bayern gegen Real. Champions League. Halbfinale. Das ist das Beste, was es aktuell zu bewundern gibt. Zwei Top-Teams mit überragenden Spielern auf beiden Seiten.
Diese Klubs haben in den letzten Jahren sehr gute Resultate in der Champions League erzielt, wobei die Bilanz der Spanier besser ist. Sie haben diesen Wettbewerb in den beiden letzten Jahren gewonnen und den Titel sogar in drei der letzten vier Spielzeiten errungen. Dieses Duell hat schon in den 70er-, 80er- und 90er-Jahren historisches geliefert. Es ist wie so oft ein vorweggenommenes Finale.
"Lewy" vs. "CR7" und Hummels gegen Ramos
Das Schöne ist nun, dass die Fans zwei Partien zu sehen bekommen. Natürlich spricht jeder über das Duell der Topscorer Lewandowski gegen Ronaldo. Aber diese Mannschaften sind mehr als diese beiden Ausnahme-Stürmer. Ich denke beispielsweise an Hummels und Ramos in der Defensive. Mats spielt eine überragende Saison. Wenn einer von diesen beiden ausfällt, trifft das die Teams genauso hart wie der Ausfall eines Offensiv-Stars.
Beide Klubs sind verdient im Halbfinale. Auch wenn der Schiedsrichter seinen Beitrag im Rückspiel zum Weiterkommen von Real beigetragen hat, so war Real doch in beiden Spielen gegen Juve die bessere Mannschaft. Auch im Vorjahr hat der Unparteiische im Rückspiel der Bayern in Madrid für Aufsehen gesorgt, weil einige Entscheidungen auf beiden Seiten fragwürdig waren.
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Natürlich wird sich vieles im Vorfeld und auf dem Platz auf Cristiano Ronaldo konzentrieren. Er und Messi sind der Grund, warum es in den letzten zehn Jahren keinen deutschen Weltfußballer gegeben hat.
Ronaldo ist phänomenal und gereift
Ronaldo ist aufgrund seiner Tore, seiner Geschwindigkeit, seiner Sprungkraft und seiner Laufwege einfach phänomenal. Er war in den letzten Jahren der beste der Welt. Den kann man nicht einfach so ausschalten, sonst wäre er ja nicht der beste der Welt. Man muss hoffen, dass er nicht den allerbesten Tag erwischt und dass man als Team kompakt steht. Aber man darf nicht nur auf ihn schauen. Real hat viele andere Spieler, die eine Partie entscheiden können. Nur auf ihn zu achten, wäre ein großer Fehler. Das ist bei Bayern aber genauso. Es ist nicht damit getan, sich auf Lewandowski zu konzentrieren, denn sonst stehen eben Robben, Ribéry oder Müller frei.
In Sachen Ronaldo muss man sagen, dass er aktuell ein viel besserer Mannschaftsspieler als früher ist. Er arbeitet nach hinten, macht die Räume zu, sieht den Mitspieler. Wie er in Paris im Achtelfinale für die Mannschaft gearbeitet hat, war vorbildlich. Das hat man früher nicht gesehen. Wenn er da den Ball verloren hat, ist er stehen geblieben. Er ist gereift.
Heynckes hat den FC Bayern neu erfunden
Ein ganz wichtiger Faktor in diesem Halbfinale ist natürlich Jupp Heynckes. Er hat vom ersten Tag an, als er Bayern wieder übernommen hat mit Weitsicht agiert und war nicht nur auf kurzfristigen Erfolg aus. Er hat alles perfekt geplant, um jetzt, in der entscheidenden Phase der Saison, eine Mannschaft in Topform vorzufinden. Spielerisch, körperlich und in Sachen Teamgeist sind die Bayern dank Jupp in der besten Verfassung der letzten Jahre. Er hat einfach alles richtig gemacht. Mehr richtig machen kann man nicht. System, Trainingssteuerung, Einzelgespräche. Er ist der Vater des Erfolges. Er hat den Verein quasi neu erfunden.
Im Vergleich zur Vorsaison, als die Bayern auf Real trafen, ist die Stimmung überragend, jeder Spieler akzeptiert seine Rolle und gibt alles für Klub und Kollegen. Das beste Beispiel sind Robben und Ribéry. Kein böses Wort wenn sie mal nicht spielen oder ausgewechselt werden. Da fliegt auch kein Trikot mehr auf die Ersatzbank. Sie akzeptieren es und das ist sehr wichtig. Es gibt keine negative Energie mehr. Das hat Heynckes alles im Keim erstickt.
Traumfinale zwischen Klopp und Heynckes ist realistisch
Ich sehe über beide Spiele den FC Bayern als leichten Favoriten. Auch weil im Vergleich zur Vorsaison so gut wie alle mit an Bord sind, Lewandowski fit ist und Martinez nicht gesperrt zuschauen muss.
Das andere Halbfinale zwischen der Roma und Klopps Liverpool ist vielleicht ein kleines bisschen überraschend, wobei es klar war, dass es für Manchester City im Viertelfinale schwer wird gegen Liverpool. Aber das aggressive Dauer-Pressing der Männer von Jürgen Klopp hat dem Team von Pep Guardiola zu sehr zugesetzt. Liverpool ist etwas im Vorteil in meinen Augen, auch wenn Rom ganz sicher mit großem Selbstvertrauen in das Halbfinale geht, da sie Barcelona nach einem 1:4 im Hinspiel noch ausgeschaltet haben.
Ich denke, dass die Chancen auf ein weiteres Champions-League-Finale zwischen Jürgen Klopp und Jupp Heynckes, so wie 2013, durchaus realistisch sind.