Niko Kovac im exklusiven Sky Interview über BVB, Brandt, seine Ziele und seine Zukunft
Seit 60 Tagen ist Niko Kovac Trainer von Borussia Dortmund. Der Nachfolger von Nuri Sahin hat bislang mit drei Siegen und vier Niederlagen eine durchwachsene Bundesliga-Bilanz.
03.04.2025 | 23:17 Uhr
Dennoch hat der 53 Jahre alte Deutsch-Kroate schon Prozesse angestoßen, die in der Mannschaft wirken und ihm den Ruf des Anti-Sahins geben. Für Sky Sport hat sich der BVB-Coach ausführlich Zeit genommen. Ein Gespräch über den Ruf des harten Hundes, einen vielerorts geforderten Radikal-Umbruch, seine Zukunft und eine These von Hans-Joachim Watzke.
Niko Kovac über ...
... die Situation, die er beim BVB vorgefunden hat: "Die Situation, die wir vorgefunden haben, war natürlich nicht die Situation, die der Club gerne hätte. Wir haben uns jetzt auch nicht allzu groß von der Tabellenplatz-Situation verbessert. Die Spieler waren schon sehr verunsichert. Die Erwartungshaltung ist sehr groß, aber die Leistung dementsprechend nicht so. Wir haben jetzt versucht, in der Kürze der Zeit das alles ein bisschen aufzuarbeiten. Wir sind auch noch nicht konstant, die Stabilität ist auch noch nicht da. Aber ich sehe schon in einigen Bereichen Fortschritte. Das, was uns wirklich abgeht, sind die Punkte. Wir hätten schon gerne ein paar Punkte mehr, vielleicht auch ein bisschen mehr Punkte verdient von der Spielkonstellation, aber es ist leider nicht so. Der Eindruck ist aber trotzdem positiv. Wir spüren, dass hier eine Menge möglich ist und eine Menge möglich sein kann. Deswegen sind wir wirklich sehr glücklich, dass wir hier sind."
... den Ruf des "harten Hundes": "Bei 'harter Hund' muss ich immer sehr schmunzeln. Wie jeder Trainer, wie jeder Chef einer Firma, einer Abteilung, hat man eine gewisse Erwartungshaltung an seine Mitarbeiter und ich auch an meine Spieler. Das heißt, wir reden von Grundtugenden: Von Disziplin, von Ordnung, von Leistungsbereitschaft, von Einsatzbereitschaft, von Fokus, von Konzentration. Und ich glaube, das kann man nicht gleichsetzen mit 'harter Hund'. Das ist eine ganz normale Erwartungshaltung. Die Jungs wissen von mir, was ich erwarte, weil ich glaube, dass Fußball schon auch ein sehr wichtiger Bestandteil von uns allen ist, deswegen muss man alles geben. Spaß gehört dazu, das ist ganz klar, aber wenn die Arbeit ruft, dann muss man den Fokus auf 100 Prozent drehen. Wir geben alles als Trainerteam, wir sind früh hier und gehen spät nach Hause und deswegen erwarte ich auch von meinen Spielern, dass sie dann genauso agieren, denn von viel kommt sicherlich sehr viel mehr als von wenig."
… die Unstimmigkeiten und Querelen auf der Chef-Etage: "All das, was vorher erzählt wurde, kann ich überhaupt nicht bestätigen. Ich finde die Zusammenarbeit sehr gut und konstruktiv, offen, natürlich auch kritisch. Wir tauschen uns täglich aus, mit Sebastian, auch mit Lars, der für mich ein sehr wichtiger Ansprechpartner ist, auch mit Aki telefoniere ich regelmäßig, um Ideen und Meinungen auszutauschen. Mit Matthias habe ich das auch schon getan. Ich kann da nur Positives berichten. Das sind auch die Protagonisten, die diesen Klub auch mit dorthin gebracht haben, wo er jetzt auch ist. Wir wissen alle, wo der BVB hergekommen ist. Das ist auch ein Verdienst von Aki."
... die Kritik an Julian Brandt: "Jeder Einzelne sieht nur dann gut aus, wenn das Gesamtgebilde gut ist. Und wenn das Gesamtgebilde nicht funktioniert, dann kann kein Einziger performen. Bei Julian ist es so, ich weiß, was er kann. Er ist ein wichtiger Bestandteil und wenn ich jetzt nur das letzte Spiel gegen Mainz nehme, diesen Pass, den er beim 1:0 spielt, der ist schon gut. Das sehen nicht viele und deswegen braucht es ein wenig Selbstvertrauen, braucht es ein wenig bessere Ergebnisse. Auch die Leistung der Mitspieler muss gehoben werden, dann werden wir alle besser."
... seine Beziehung zu Matthias Sammer: "Die ersten Berührungspunkte, die Matthias und ich hatten: Wir waren zur gleichen Zeit 1997 verletzt und wir waren im selben Reha-Zentrum in Donaustauf. Er mit einer Knieverletzung, ich mit meiner Sprunggelenksverletzung, da haben wir uns kennen und schätzen gelernt. Wenn wir über Fußball reden, glaube ich schon, dass wir irgendwo einen ziemlich gleichen Nenner haben. Er war ein Mittelfeldspieler, ich war ein Mittelfeldspieler, also die Ansätze, wie wir denken, sind schon ziemlich ähnlich und das hilft, wenn man einen Austausch hat mit jemandem, der dort auch Erfahrungen hat als Spieler, als Trainer, aber auch als Sportdirektor, und es macht mit ihm richtig Spaß und das sind nicht nur Gespräche über fünf Minuten, sondern die gehen schon länger."
... seine Zukunft: "Es ist klar, ich habe einen Vertrag über eineinhalb Jahre unterschrieben. Kein halbes Jahr, keine zweieinhalb, das war ein Commitment von beiden Seiten. Die Aufgabe, die wir alle zusammen haben, ist ganz klar, wir wollen erfolgreich sein. Wir wollen zusehen, dass wir so schnell wie möglich wieder dorthin kommen, wo wir hingehören, wo wir auch sein müssen. Das bedarf natürlich auch ein bisschen Zeit, das habe ich mir vielleicht auch ein bisschen "leichter vorgestellt", aber nichtsdestotrotz glaube ich schon, dass wir alle gemeinsam fleißig in eine Richtung arbeiten. Aber man kann nicht alles von jetzt auf sofort verändern."
... einen möglichen Umbruch in Dortmund im Sommer: "Die Aufgaben, die wir jetzt erstmal haben, sind, die nächsten Bundesligaspiele zu gewinnen bzw. erfolgreich zu sein und dann im Prozess sich gewisse Sachen zu überlegen bzw. nachzudenken. Aber das ist jetzt nicht in erster Linie meine Aufgabe, sondern von Lars Ricken und auch von Sebastian Kehl, dort Vorschläge zu machen. Natürlich tauscht man sich aus, aber der Fokus, den ich jetzt habe, den lege ich jetzt auf die Mannschaft, denn ich möchte mit diesen Spielern noch das erreichen, was wir uns alle irgendwo erträumen bzw. worüber wir nachdenken. Deswegen brauche ich alle Energie, die ich habe, um mich darauf zu fokussieren."
... die deutsche Bedeutung "Schmied" des Namens Kovac: "Ich glaube, das passt richtig gut. Schmied oder Hufschmied, das ist die Übersetzung von Kovac. Das ist mein Leben. Das ist letzten Endes auch so, wie wir sozialisiert worden sind bzw. wie wir erzogen worden sind. Mit guter, harter, ehrlicher Arbeit kann man es schaffen. Und ich glaube das, was wir erreichen durften, mein Bruder und ich, ist schon immens aus Berlin-Wedding irgendwo über die Bundesliga zur Nationalmannschaft zu kommen und jetzt auch Trainer in der Bundesliga zu sein. Das zeigt, so etwas fällt einem nicht in den Schoß, sondern das ist harte Arbeit, tagtäglich, von früh bis spät und niemals aufgeben, immer weiter. Das sind wir."
... die Prägung in der Kindheit: "Die Kindheit prägt einen immens, das wissen wahrscheinlich viele gar nicht, was so eine Kindheit bei uns allen hinterlässt. Meine Eltern kamen damals 1970 nach Deutschland, ich wurde 1971 geboren. Das bedeutet, man musste natürlich schnell Fuß fassen, man musste sich dementsprechend integrieren in das ganze Gebilde, was uns richtig gut gelungen ist. Das war in Anführungsstrichen relativ einfach. Es hat richtig Spaß gemacht und ich habe eine richtig schöne Kindheit genossen und ich würde jedem gerne solch eine Kindheit wünschen. Wir waren unbeschwert, wir waren frei, wir haben all das machen können, was schön ist. Das hat mich geprägt und das lebe ich heute noch. Ich glaube, bis ich den letzten Atemzug habe, werde ich weiterhin so leben."
... die Aussage von Hans-Joachim Watzke, der BVB sei nicht mehr zweite Kraft in Deutschland: "Wer widerspricht dem Boss? Das darf keiner. (lacht) Nein, ich bin absolut d'accord mit ihm. Denn Stand jetzt ist es so. Leverkusen war letztes Jahr Doublesieger, dieses Jahr sind sie auch in der Meisterschaft auf Platz zwei. Wir sind es nicht, aber wenn man jetzt die längere Vergangenheit sich anschaut, dann denke ich schon, dass wir das sind. Aber im Moment ist es so. Aber wir sind im Fußball, es geht alles schnell und das kann sich ziemlich schnell auch wieder ändern und da wollen wir hin."
Das Interview führte Patrick Berger.
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