Sensation Hartberg! Aus der Provinz auf die internationale Bühne
25.07.2020 | 23:21 Uhr
Vor vier Jahren noch in der dritten Liga, spielt der TSV Hartberg in der nächsten Saison sensationell in der Europa League. Trotz seines kometenhaften Aufstiegs sieht sich der ambitionierte Dorfklub aus der Steiermark noch lange nicht am Ziel seiner Träume.
Der Name TSV Hartberg war bislang nur absoluten Experten des österreichischen Fußballs ein Begriff, nun hat das 6600-Einwohner-Dorf in der Meisterrunde der Bundesliga aufhorchen lassen und sich sensationell für die Europa League qualifiziert. Sky Sport beleuchtet einen steilen Aufstieg, der sich so nicht abgezeichnet hatte - und der noch lange nicht zu Ende sein soll.
Ein modernes Fußballmärchen, wie es im heutigen Turbokapitalismus rund um das runde Leder nur noch selten geschrieben wird. Vor vier Jahren ging der Klub aus der Steiermark noch in der drittklassigen Regionalliga auf Punktejagd, im kommenden Jahr heißen die Gegner OSC Lille, Bayer Leverkusen oder der AC Mailand. Für Fans und Umfeld des kleinen Klubs lange Zeit undenkbar.
Nicht aber für Klubchefin Brigitte Annerl, die entscheidenden Anteil am Durchmarsch der Hartberger hat. Auf die Frage, was der Südosten Österreichs in puncto Infrastruktur zu bieten hat, antwortete die Pharmazeutin vor einiger Zeit etwas süffisant: "Warmes Wasser haben wir schon." Bei allem Understatement entspricht das nicht der ganzen Wahrheit. Das Unternehmen der 50-Jährigen ist als Namens- und Geldgeber sowie Hauptsponsor für den TSV elementar wichtig.
Seit dem Einstieg Annerls im Jahr 2017 geht es für den Underdog stetig bergauf, dennoch: Mit einem solchen Erfolg wie in dieser Spielzeit konnte keiner der Verantwortlichen in der Alpenrepublik rechnen. Zur Winterpause war der Dorfklub noch akut abstiegsgefährdet, nun dürfen sich die Provinzfußballer auf internationaler Bühne beweisen: ''Das ist Weltklasse. Wir haben viermal unsere Ziele übertroffen", blickt Annerl mit Stolz auf ihre bisherige Amtszeit zurück.
Für den unerwarteten Erfolg gibt es zwei wichtige Parameter: die Rolle des Außenseiters und die Arbeit von Sportdirektor Erich Korherr. "Hartberg muss nicht. Und nicht zu müssen ist im Leben einer der größten Vorteile", so Annerl. Was auf den ersten Blick etwas lapidar klingt, könnte bei genauerer Betrachtung tatsächlich ein Schlüssel zum Erfolg gewesen sein. In den Playoffs gegen die favorisierte Wiener Austria schlug Hartberg eiskalt und unverhofft zu.
Und das, obwohl die Elf des Trainers Markus Schopp (Ex-HSV) erst im zweiten Jahr in Österreichs höchster Spielklasse nach dem Aufstieg an den Start geht. Mittelstürmer Dario Tadic, mit 17 Toren bester Goalgetter in der Steiermark, lobt die positive Entwicklung seiner Mannschaft in den vergangenen Monaten: "Wir haben uns super verstärkt, viele Spieler sind reifer geworden." Der Grundstein auf dem Weg in Österreichs Fußball-Elite ist damit gelegt.
Nach einem Aufstieg wie Phönix aus der Asche liegt es nahe, dass einige Spieler aus dem "Team der Namenlosen" das Interesse namhafter Vereine geweckt haben. An einen Abschied aus der Wagenburg denken die Verantwortlichen dennoch nicht: Coach Schopp, der Baumeister des Erfolgs, hat jüngst seinen Vertrag sogar verlängert. Alle Beteiligten brennen regelrecht darauf, dem Märchen in der Steiermark weitere Kapitel folgen zu lassen.
Geht es nach der ambitionierten Klubchefin sind dem Dorfverein nach oben keine Grenzen gesetzt. "Die Leistungskurve ist noch nicht am Plafond (Decke, Anm. d. Red.) angelangt", sagte Annerl unmittelbar nach dem größten Erfolg in der noch jungen Vereinsgeschichte. Aus ihrem Mund dürfte diese Ansage für die Konkurrenz fast wie eine Drohung klingen.