Otto Addo über die Arbeit mit Roots gegen Rassismus

Ehemaliger Bundesligaprofi spricht im Sky Interview darüber, wie er mit der Organisation Roots gegen Rassismus im Sport kämpft und zeigt Lösungswege auf.

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Otto Addo kämpft seit Jahren gegen Rassismus im Sport und spricht im Interview darüber, wie er mit seiner Organisation Roots dagegen angehen möchte. Der ehemalige Fußballprofi zeigt damit Lösungswege auf.

Otto Addo ist in Hamburg geboren, spielte u.a. beim HSV, in Dortmund und Hannover. Als Profi wurde er Opfer rassistischer Beleidigungen. Im Interview mit Sky Sport spricht Ghanas Nationaltrainer über seine Arbeit mit Roots im Kampf gegen Rassismus und erklärt, wie man in Ghana mit dem Thema umgeht.

Sky Sport: Herr Addo, Sie und Ihr damaliger Teamkollege Gerald Asamoah wurden 1997 im Spiel zwischen Energie Cottbus und Hannover 96 von den gegnerischen Fans rassistisch beleidigt. Welche Erinnerungen haben Sie an diese Vorfälle?

Otto Addo: Das war in den 1990ern eine andere Zeit und damals leider gang und gäbe, dass man von Affenlauten begleitet wurde, wenn man als Schwarzer Spieler am Ball war. Es war aber nicht nur eine Kurve, sondern das ganze Stadion. So etwas hatte ich vorher in dieser Form und mit dieser Wucht nicht erlebt. Es gab trotzdem kaum Konsequenzen für die Heimmannschaft, deren Fans rassistische Gesänge von sich gegeben hatten. Zudem gab es damals kein Bewusstsein für Betroffene von Rassismus, die mit ihren Verletzungen aus solchen und ähnlichen Vorfällen unsichtbar blieben. Entsprechend musste ich mit meinen Verletzungen alleine oder aufgrund eines Community-Supports jenseits des Sports klarkommen.

Otto Addo wurde 1997 im Relegationsspiel in Cottbus Opfer rassistischer Beleidigungen.
Image: Otto Addo wurde 1997 im Relegationsspiel in Cottbus Opfer rassistischer Beleidigungen.  © Imago

Sky Sport: Wie haben Sie den Entschluss gefasst, etwas gegen Rassismus zu tun?

Addo: Ich hatte bereits an verschiedenen Projekten gegen Rassismus mitgewirkt, aber ich wollte mehr tun. Ausschlaggebend neben meinen persönlichen Erfahrungen war und ist natürlich die Gesamtstimmung in unserer Gesellschaft, die Rassismuserfahrungen meiner Kinder im Amateurfußball, aber auch das, was andere Profispieler*innen an erlebten Rassismuserfahrungen mit mir geteilt haben - und für dieses Vertrauen bin ich jeder*m Sportler*in dankbar. Ende vergangenen Jahres habe ich dann gemeinsam mit Betroffenen von Rassismus, die darüber hinaus auch Expert*innen im Sport, in der Wissenschaft, aber auch im Bereich Change-Managements sind, die Initiative Roots gegründet. Wir haben lange und mit vielen Experten gesprochen und aktiv geschaut, was wir tun können, um die Situation zu verbessern. Wir sind ein super Team, in dem ich sehr viel gelernt habe.

Sky Sport: Wofür setzen Sie sich mit Roots ein?

Addo: Unsere Arbeit basiert im Wesentlichen auf drei Säulen.

Erstens: Empowerment. Oft wird versucht, das Thema klein zu halten, damit man als Verein nicht unangenehm auffällt. Das hat verschiedene Konsequenzen, unter anderem auch, dass Menschen, die im Sport von Rassismus betroffen sind, alleine dastehen. Niemand soll aber mit rassistischer Diskriminierung allein dastehen. Wir setzen uns gezielt für die Stärkung von Communities ein, die von Rassismus im Sport betroffen sind. Unter anderem durch Empowerment-Arbeit und Mentoring. Wir unterstützen also von Rassismus Betroffene, stehen ihnen zur Seite, geben Tipps und machen Lösungsvorschläge.

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Zweitens: Aufmerksam machen und sensibilisieren. Rassismus geht uns alle an. Auch Menschen, die nicht betroffen sind, müssen wissen: Wie gehe ich mit der Situation um, wie gehen der Trainer und die Mannschaftskollegen damit um? Um Rassismus zu erkennen, braucht es aber ein geschärftes Bewusstsein von seiner Wirkweise und Funktion im Sport. Hierfür führen wir Trainings und Workshops für verschiede Zielgruppen durch, u.a. für Trainer*innen, Spieler*innen wie auch Mannschaften und Vereine, aber auch für Schiedsrichter*innen und Verbände.

Drittens: Veränderung durch Dialog. Wir haben viele sehr gute Rassismus-Experten in unserem Team, die dabei helfen können, unsere Sportstrukturen und -organisationen vielfältiger zu machen - auf und jenseits der Sportplätze. Um aber Sportstrukturen und -institutionen vielfältiger zu machen, müssen wir bestimmte Hürden erst mal erkennen, benennen und aktiv abbauen. Und an dieser Stelle finde ich es besonders wichtig, dass man mit uns redet, dass von Rassismus Betroffene noch stärker einbezogen werden, dass man mit ihnen Lösungsvorschläge findet und gemeinsam Entscheidungen trifft.

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Sky Sport: Wie werden zum Beispiel die Trainer geschult?

Addo: Wir zeigen ihnen, wie sie mit bestimmten Situationen innerhalb und außerhalb der Kabine umgehen sollten. Es geht nicht in erster Linie um offensichtlichen Rassismus. Manchmal merkt eine Person gar nicht, dass sie rassistisch handelt. Wir kennen die Perspektive der Betroffenen und weisen darauf hin, was einen anderen Menschen treffen oder verletzen könnte, auch wenn es nicht so gemeint war.

Sky Sport: Auch im Kinder- und Jugendfußball gibt es solche Situationen. Wie sollte man dann reagieren?

Addo: Kinder denken sich solche Dinge nicht selbst aus, sondern nehmen sie durch ihr Umfeld auf. Es kommt auf die Altersgruppe an, wie man es angeht. Wir zeigen Lösungswege auf, wie man es intern anspricht und erklären, dass man ganz klare Signale nach außen setzen muss, dass für Rassismus nirgends Platz ist.

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Sky Sport: Welche Maßnahmen schlagen Sie vor?

Addo: Am einfachsten ist es, wenn man demjenigen den Spiegel vorhält und fragt: Wie würdest du es finden, wenn es dir passieren würde? Man muss in den Dialog gehen und weiter darauf achten, dass keine rassistischen Ausdrücke benutzt werden. Wenn es innerhalb des Teams keine Einsicht geben sollte, wäre der letzte Schritt, ganz klare Konsequenzen zu ziehen.

Sky Sport: Engagieren Sie sich mit Roots auch in anderen Sportarten?

Addo: Wir sind für jeden ansprechbar. Wir haben viele Kooperationsangebote von Vereinen und Projekten bekommen, was uns sehr freut.

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Sky Sport: Wie wichtig ist die öffentliche Debatte über Rassismus außerhalb des Sports?

Addo: Enorm wichtig. Wir versuchen das Thema über den Sport in die Gesellschaft hineinzutragen. Kinder und Jugendliche haben viele Vorbilder. Wenn diese Role Models für die richtigen Werte einstehen, überträgt sich das auf sie. Natürlich gibt es unterschiedliche Hautfarben und Religionen, aber im Grund sind alle Menschen gleich. Sport bringt in erster Linie Menschen zusammen, das sollte die erste Botschaft sein. Die Menschen, egal wo, werden feststellen, dass wir alle die gleichen Sorgen und Probleme haben. Man muss aufeinander zugehen. Man kann nicht alle erreichen, aber es geht um die nächste Generation und darum, dass wir in 20 Jahren nicht immer noch über dasselbe Thema sprechen.

Sky Sport: Wie geht man in Ghana mit dem Thema Rassismus um?

Otto Addo will sich mit Ghana für die WM 2026 qualifizieren.
Image: Otto Addo will sich mit Ghana für die WM 2026 qualifizieren.  © DPA pa

Addo: Vorbehalte gibt es überall, aber Fremdenhass habe ich hier noch nie erlebt. Trotz der teilweisen sehr grausamen Erfahrungen in der Kolonialzeit sind die Menschen immer offen und herzlich. Es ist hier Teil der Kultur, jeden, egal woher er kommt, mit offenem Herzen zu empfangen und jedem zu helfen. Obwohl es viel Armut gibt, teilen die Menschen ihr letztes Brot mit ihren Nachbarn.

Sky Sport: Was kann und sollte jeder Einzelne gegen Rassismus tun?

Addo: Offen sein für seine Mitmenschen und ihre Sorgen. Es ist wichtig, dass man sich interessiert, informiert und dazulernt. Wir sind alle gleich, keiner ist besser als der andere. Wenn jeder dabei mithilft, können wir die Gesellschaft zu einer besseren machen.

Das Interview führte Thorsten Mesch

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